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Taxifahrt durch die Grüne Hölle

Bernhard Stecher begleitete die 19jährige Tiroler Rennfahrerin Daniela Schmid zum Nürburgring und nahm dort erstmals im Rennauto Platz.

Bernhard Stecher, www.peleundbest.com

Nach ihrem spektakulären Unfall beim letzten Rennen auf den Nürburgring kehrte Daniela Schmid nun mit einem neuen Honda Civic Type R wieder dorthin zurück. Dort, wo einst Niki Lauda seinen kapitalen Crash hatte, erging es der 19-jährigen Imsterin im Juni nicht wesentlich besser: Von einem Konkurrenten in der so genannten Fuchsröhre abgeschossen, hob das 210-PS-Geschoss gewaltig von der Strecke ab, flog über einen zweieinhalb Meter hohen Zaun und landete schließlich - für die Zukunft unbrauchbar - gut 30 Meter unterhalb der Strecke im Wald. Hier die Chronologie des abenteuerlichen Comebacks und eines ganz normalen Rennwochenendes!

Donnerstag, 13 Uhr: Abfahrt in Imst. Im Gepäck auch die Vorfreude auf das neue Werksauto und eine mögliche Platzierung „irgendwo zwischen dem 3. und 6. Rang“. Geschwindigkeitsbeschränkungen werden auf der rund 600 Kilometer langen Anreise in die Eifel peinlich genau eingehalten („Ich habe einen Probeführerschein...“), auf den deutschen Autobahnen brettert die HAK-Maturantin aber mit Tempo 220 dahin.

Freitag Vormittag: Treffen mit Sponsoren, dann Besichtigung des neuen Rennwagens. Erledigung der Rennformalitäten, im freien Training Taxifahrten für Gäste des Rennteams. Auch der Autor dieser Zeilen hat das zweifelhafte Vergnügen und wird im Cockpit freundlich begrüßt: „Ich hab dir die Heizung ein wenig angemacht.“ - Bei gefühlten 90 Grad Celsius presst mich die Beschleunigung in den Sitz. Auf dem ersten Teil der über 24 Kilometer langen Strecke – dem Formel 1-Abschnitt - reißt mich aber bereits das erste Bremsmanöver abrupt nach vorne in die Rückhaltesysteme. Richtig wild wirds allerdings erst auf der so genannten Nordschleife, von Jackie Stewart einst die „Grüne Hölle“ genannt.

“Ring rund“!

Es ist schwierig, aber die Querbeschleunigung auf den zahlreichen Übergängen sowie Steil- und anderen Kurven lässt sich wohl am besten so beschreiben: Ich bin seit gut vier Jahrzehnten des Kaugummikauens mächtig – ehrlich! - aber ich sollte mir bis ins Ziel gezählte drei Mal schmerzhaft in die Wange beißen, weil die Fliehkräfte mit meinem Unterkiefer ihr eigenes Spielchen trieben und keinerlei gewohnte Synchronisation mit dem Rest des Kauapparates zuließen. Den entnervten „Was-bremst–denn-der-da“-Spruch meiner Fahrerin über einen Porschefahrer quittiere ich mit einem leisen Schlucken, als sie in der lang gezogenen Rechtkurve außen an dem „Sonntagsfahrer“ vorbei zieht. Ich vermeide, nach rechts zu schauen. Grinsen ist auch wirklich nicht angesagt. Dass kurz danach eine 500-PS-Corvette an uns vorbeiwummert und damit zeigt, dass es sogar noch schneller ginge, beruhigt mich auch nicht wirklich.

Bei Kilometer 13 gelobe ich mir innerlich selbst, niemals mehr den Sager „Frau am Steuer, Ungeheuer“ verwenden zu wollen, so ich das Ziel heil sehen sollte. Auf der Strecke herum liegende Autoteile, 30er-Straßenverkehrschilder, an denen man mit 222 km/h vorbei zischt und doch noch irgendwie zwischen den Wirbeln hängen gebliebene Bandscheiben, erzeugen beim Aussteigen so eine Art Hochgefühl. Für den in Verwirrung geratenen Blutzuckerspiegel halfen übrigens Süßigkeiten und ein Cola recht gut.

Während ich interessiert meine Beine betrachte, wie sie sich wieder stabilisieren, hat Daniela Schmid lediglich Augen für die Technik. Ja, das neue Auto gehe nicht schlecht; gut, dass man das Heck ein wenig leichter gemacht habe, die Schaltung sei noch ein wenig ungewohnt, erklärt sie den Mechanikern und eilt zum nächsten Sponsorentermin.

Qualifying ohne Happy End

Am Samstagvormittag folgt das Qualifying. Schmälere Reifen, die neue Bremsanlage und die ein wenig verstellte Spur sorgen für Probleme. Trotzdem knallt die junge Pilotin eine 10:20er-Zeit auf den Asphalt. Sieben Sekunden schneller als im Frühjahr! Hektische Betriebsamkeit beim Personal: Das Team wird mit der Lieferung eines anderen Bremsscheibentyps beauftragt, das Auto rennfertig gemacht. Schmid sitzt derweil in der Honda-Lounge und unterhält sich mit Journalisten.

12:16 Uhr: Aufstellung des Starterfeldes. Schmid findet sich plötzlich „bei den Langsamsten“. Das Team interveniert bei der Rennleitung. Des Rätsels Lösung: Der Transponder ist flöten gegangen - in die Wertung kam eine langsame Runde. 40 Startplätze sind verloren...

13:00: An der Spitze brüllen die Porsches und Lamborghinis davon, die Österreicherin kämpft sich tapfer nach vorne, verliert in der sechsten Runde aber erneut vier Minuten. Das Auto hat Aussetzer, der Sprit geht zu Ende. Zu Halbzeit des Rennens übergibt Schmid nach zwei Stunden schweißtreibender Arbeit hinter dem Lenkrad an ihre Partnerin Anja Wassertheurer. Platz 9 in der Klasse, und Gesamtrang 106 von insgesamt 202 Startern, steht schließlich trocken in der Ergebnisliste. „Unter diesen Umständen war nicht mehr drinnen“, sagt sie kurz vor Mitternacht, als wir wieder in Imst aussteigen.

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