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Motorsport: Exklusiv

Zu 100 Prozent Fahrer – Martin Ragginger im Interview

Martin Ragginger ist in der Lang- und Rundstreckenszene fest verankert, im motorline.cc-Interview spricht er über den Beruf Rennfahrer und vieles mehr…

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Team Falken Tire, Fach Auto Tech, PCCA, Porsche

Martin Ragginger feiert am heutigen 29. März seinen 25. Geburtstag. Der Salzburger ist einer von wenigen Piloten, die vom Rennfahren leben können. Im Vorjahr hat der frühere Porsche Junior im Lang- und Rundstreckensport satte 38 Rennen in fünf Rennserien auf drei Kontinenten für verschiedene Porsche-Kundenteams absolviert. 2010 konnte „Raggi“ das 24 Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps gewinnen und sich zum GT2-Europameister krönen.

Im motorline.cc-Interview spricht Martin Ragginger auch über seine Zeit als Formelpilot, er wechselte 2005 nach sieben Jahren im Kartrennsport in die Formel BMW, in der ein Jahr zuvor ein gewisser Sebastian Vettel den Meistertitel erobern konnte. Wie Vettel gehörte auch Ragginger zum Red Bull-Jungpilotenkader, der Salzburger träumte von der großen Formel 1-Karriere – doch 2007 fällte Ragginger eine Grundsatzentscheidung, trennte sich vom Energy Drink-Konzern, um als Porsche Junior anzuheuern…

Beim ersten Saisonlauf des Porsche Carrera Cup Asien im Rahmenprogramm des Formel 1-Grand Prix von Malaysia konnte Martin Ragginger im vom Eagle Team eingesetzten Porsche 911 GT3 einen klaren Start/Ziel-Sieg feiern…

Vor diesem „Traumstart in die neue Saison“, wie es Ragginger bezeichnete, fand das Interview mit dem Salzburger im Kaufhaus Riverside statt, wo der Rennfahrer im Rahmen der Vienna Motorsport Show auftrat…

Martin, du bist einer von wenigen Piloten in diesem Lande, die wirklich den Beruf Rennfahrer ausüben – war es immer schon dein Ziel, im Tourenwagen bzw Sportwagen Geld zu verdienen? Hast du gesagt: ‚Ich will nicht einzahlen! Ich brauche keine Formel 1. Ich will was verdienen!‘ Oder hat sich das einfach so ergeben?

Nein, klar war das Ziel die Formel 1. Das ist klar. Ich war ja lange bei Red Bull – in Richtung Formel 1. Nur hat es sich dann ergeben mit Porsche – ich habe mich damals einvernehmlich von Red Bull getrennt.

Und so ist das zustande gekommen, dass ich damals mit 18 Jahren zu Porsche gekommen bin – dort habe ich mein erstes Geld verdient, da bin ich nun seit sechs Jahren in der Szene. Es ist schön, wenn man das machen kann - dennoch wird es Jahr für Jahr schwieriger.

Den Eindruck hat man eigentlich nicht – im letzten Jahr hast du 38 Renneinsätze bei verschiedenen Teams absolviert, das wirkt nicht so, als würde es große Probleme geben…

Es gibt auch kein Problem – es gibt sicherlich immer etwas zum Fahren. Doch es wird für die Teams immer schwieriger, vor allem in Europa, im Vergleich zu den USA. Teams brechen weg, neue Teams kommen.

Es wird nie einfach sein – und es war noch nie einfach. Das betrifft nicht nur die Gegenwart, das gab es auch in der Vergangenheit. Aber es sind immer Teams da, die gute Fahrer brauchen – und daher gibt es auch immer einen Job für mich.

Wie lange rechnest du, dass du das Rennfahren als Beruf ausüben kannst?

(lacht) Naja, ich habe mir gedacht, dass ich mit 70 dann langsam ans Aufhören denken könnte, aber da habe ich ja noch 50 Jahre Zeit bis dahin…

Du glaubst ernsthaft daran, dass du bis ins Pensionsalter Berufsrennfahrer sein kannst?

Nein, das auf keinen Fall. Aber ich denke, so lange man im Gespräch ist, so lange es einem Spaß bereitet, ist es okay. Der Spaß an dieser Arbeit ist ohnehin das Wichtigste.

Aber man sieht: Im Langstreckensport sind Fahrer mitunter sehr lange unterwegs, ein Frank Biela hat vor Jahren Le Mans gewonnen und ist nach wie vor verdammt schnell auf dem Audi R8. Wenn man einmal im Motorsport tätig ist, dann wird man das sein Leben lang in irgendeiner Form immer sein. Das ist auch mein Ziel.

Natürlich wird man irgendwann einmal nicht mehr aktiv Rennen fahren – aber an diese Zeit denke ich noch nicht, ich konzentriere mich von Jahr zu Jahr und schaue, dass ich noch viele Rennsiege einfahre.

Viele Fahrer sichern sich ab, suchen das berühmte zweite Standbein, indem sie Teams gründen oder sonst irgendwie im Motorsport tätig sind – wie schaut das bei dir aus?

Ich bin jetzt 24 Jahre alt [ab sofort 25 - wir gratulieren, d. Red.] – ich glaube, in der Situation, in der ich mich jetzt befinde, muss man hundert Prozent in den Motorsport investieren, als Fahrer! Wenn man jetzt als zweites Standbein ein Team betreiben würde, dann würde das Team 110 Prozent brauchen oder genauso viel Energie wie wenn ich fahre – das wäre im Moment einfach nicht machbar.

Deswegen konzentriere ich mich ausschließlich auf das Fahren, das bereitet mir momentan auch noch sehr, sehr viel Spaß. Aber vielleicht in fünf Jahren, man weiß nie, welche Situationen eintreffen werden, vielleicht habe ich dann ja ein eigenes Team und gebe ein Interview als Teamchef…

Die breite Masse kennt Rennfahrergagen nur aus der Formel 1 – und dort wird entweder eingezahlt oder aber die Piloten verdienen Millionenbeträge. Wie schaut das bei dir beziehungsweise im Langstreckensport in der Praxis aus? Du wirst uns sicher nicht deine exakte Gage verraten, aber ungefähr – wie kann man sich das vorstellen?

Du sagst Millionen. Wie viele Motorsportler verdienen wirklich Millionen? Ich denke, die kann man auf zwei Händen abzählen. Das ist im Motorsport sehr schwierig, so lange man nicht Lewis Hamilton, Sebastian Vettel oder Fernando Alonso heißt. Zugleich gibt es in Amerika auch vier, fünf Piloten, die richtig viel Geld mit dem Motorsport verdienen.

Die große Masse an Piloten, die vom Rennfahren leben kann, gibt es aber auch nicht im Motorsport, die kannst du auch an ein paar Händen abzählen. Es ist schwierig, gut davon zu leben.

In der Formel 1 ist es oft so, dass ein Paydriver einen Sponsor von sagen wir 30 Millionen Euro mitbringt, wovon zum Beispiel dann 29 Millionen ans Team gehen und eine behält er sich als Gage. Aber er muss quasi den Arbeitgeber mitbringen – bei dir jedoch ist es schon so, dass du direkt bezahlt wirst, oder?

Naja, es kommt drauf an, es teilt sich manchmal auf – aber grundsätzlich stimmt es, grundsätzlich sind es die Teams, die das Fahrerbudget stellen.

Hast du einen Manager?

Nein, ich bin mein eigener Manager.

Wenn dich also jemand verpflichten möchte, muss er direkt bei dir anrufen?

Genau. Wenn du mich anrufen und sagen würdest, du hast ein Cockpit für mich, dann würdest du vielleicht auch den Preis erfahren (lacht).

Welche Kriterien sind da von Belang, wenn einer anruft? Was würdest du mich fragen, wenn ich dir ein Cockpit anbieten würde?

Die ersten Fragen sind: Wie ist das Team aufgestellt? Welche anderen Fahrer hast du noch? Natürlich kannst du es dir oft nicht aussuchen, wer sonst noch fährt. Aber das wären einmal die ersten Fragen – danach spricht man mit den Teams, geht in Verhandlungen. Am Ende sieht man, was dabei herauskommt. Man hat Sponsoren, das läuft ähnlich ab – da gibt es welche, die zahlen. Aber es gibt auch welche, die zahlen nicht.

Richard Lietz ist Porsche-Werksfahrer – könnte man dich als Werksfahrer der Kundenteams bezeichnen?

Die Kunden haben gar nichts mit meinem Porsche-Engagement zu tun. Der Richard ist Porsche-Werksfahrer und wird von Porsche im Werksprogramm eingesetzt, so ist es in diesem Jahr. Bei mir ist es so: Ich verhandle selbst mit den Kundenteams und was ich für Porsche mache, ist eine andere Geschichte.

Welche Geschichte?

Testfahrten, was auch immer, in der Entwicklung, wenn sie mich brauchen.

Du warst auch einmal Porsche Junior, wie es heute Klaus Bachler ist, nicht wahr?

Ja, ich war drei Jahre lang Porsche Junior – da war es eine andere Situation als jetzt. Als Junior hast du dein Fixgehalt im Monat.

Könnte es sein, dass dich Porsche auch für Testfahrten mit dem neuen LMP1-Prototypen holt?

Ja klar. Und da würde ich nicht Nein sagen, glaub ich (lacht).

Teil 2 finden Sie in der Navigation rechts oben.

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