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Rallye-Dakar 2020

Tiefe Betroffenheit im Fahrerlager

Die Betroffenheit nach dem tödlichen Unfall von Paulo Goncalves ist groß, die 8. Etappe wurde für Motorräder und Quads abgesagt. Auto-Leader bleibt Sainz.

Bilder: Motul, X-Raid

Im Anschluss an die tragischen Ereignisse der siebten Etappe der Rallye Dakar in Saudi-Arabien musste die Rennleitung das Klassement korrigieren. Hero-Fahrer Paulo Goncalves war bei einem Sturz ums Leben gekommen. Einige Fahrer hielten bei der Unfallstelle an und versuchten zu helfen. Das waren unter anderem Kevin Benavides (Honda), Toby Price (KTM) und Stefan Svitko (KTM).

"Paulo war ein bisschen der Veteran hier in der Truppe", sagt Matthias Walkner. Der Österreicher erinnert sich: "Paulo war es auch, der 2016 bei meinem schweren Unfall stehenblieb und mir geholfen hat. Er war ein unglaublich netter, hilfsbereiter und fairer Sportler, der von allen sehr geschätzt und gemocht wurde."

Martin Freinademetz: "Heute hat sich wieder bewahrheitet, dass der Langstrecken-Rallysport sicherlich die gefährlichste Art des Motorradsports ist. Einfach weil die Geschwindigkeiten teilweise immens hoch sind. Und das alles findet auf einer Strecke statt, die nicht besichtigt wurde, die den Piloten unbekannt ist. Man kann oft nicht sagen, was hinter der nächsten Kuppe ist. Und die Piloten, die vorne um die Top-Platzierungen fahren, nehmen ein ungeheures Risiko in Kauf. Bei diesen Geschwindigkeiten ist ein Abstieg dann leider mitunter tödlich. Man kann also schon sagen, dass diejenigen, die um das Podium kämpfen, die Gladiatoren der heutigen Zeit sind."

Hält ein Fahrer an einer Unfallstelle an und versucht einem Kollegen zu helfen, dann bekommt er von den Offiziellen diese Zeit wieder gutgeschrieben. Sicherheit und Hilfsbereitschaft werden bei der Dakar groß geschrieben. Zum Beispiel erreichte am Sonntag Price das Ziel mit 1:23 Stunden Rückstand. Aber mehr als eine Stunde wurden dem Titelverteidiger gutgeschrieben.

Auch Kevin Benavides bekam Zeit zurück und wurde damit zum Tagessieger der siebten Etappe erklärt. Im offiziellen Klassement hat der Argentinier 1:23 Minuten Vorsprung auf seinen Honda-Teamkollegen Joan Barreda. Matthias Walkner (KTM) belegte den dritten Platz. Price scheint im neuen Tagesklassement auf Platz sieben auf.

Ricky Brabec: "Es gibt im Leben mehr als Platz eins"

Für die Gesamtwertung bedeutet das, dass Ricky Brabec (Honda) 24:48 Minuten vor Pablo Quintanilla (Husqvarna) führt. Dritter ist Ignacio Cornejo (Honda). Price ist als Vierter der beste KTM-Vertreter und hat 28:44 Minuten Rückstand. Walkner fehlen 33:04 Minuten auf Brabec und ist hinter Barreda an der sechsten Stelle.

"Motorrad zu fahren ist ein gefährlicher Sport", sagt Brabec nach dem tragischen Tag. "Es ist ein trauriger Tag. Meine Position ist jetzt nicht wichtig. Wenn man jemanden verliert, dann hat das Priorität. Es gibt im Leben viel mehr als den ersten Platz. Wir sind alle sehr traurig. Leider können wir nichts tun, sondern nur für seine Familie beten."

Nachdem sich die Nachricht über den Tod von Goncalves verbreitet hatte, herrschte tiefe Betroffenheit im Biwak."Ergebnisse und der Kampf um einen Spitzenplatz rücken plötzlich wieder ganz weit in den Hintergrund", betont Walkner. "Vor einigen Tagen hat er mir noch erzählt, es wäre seine letzte Saison. Er hat mir am Anfang meiner Kariere auch immer wieder Tipps fürs Navigieren gegeben."

Die siebte Speziale war nicht nur die längste der diesjährigen Dakar, sondern auch die bisher schnellste. "Ich denke, wir kamen auf einen Schnitt von etwa 125 km/h", schätzt Walkner. "546 Kilometer in nicht einmal viereinhalb Stunden. Davon waren 90 Prozent offpiste, das ist schon extrem grenzwertig. Auch für den Kopf. Denn man weiß, dass der kleinste Fehler wirklich furchtbare Folgen haben kann."

Insgesamt ist die Durchschnittsgeschwindigkeit der einzelnen Etappen in Saudi-Arabien höher als in Südamerika.

Ergebnis der 7. Etappe (Top 10):
01. Kevin Benavides (Honda) - 4:36:22 Stunden
02. Joan Barreda (Honda) +1:23 Minuten
03. Matthias Walkner (KTM) +4:17
04. Luciano Benavides (KTM) +4:48
05. Ricky Brabec (Honda) +4:52
06. Ignacio Cornejo (Honda) +6:12
07. Toby Price (KTM) +7:57
08. Pablo Quintanilla (Husqvarna) +8:44
09. Andrew Short (Husqvarna) +9:02
10. Franco Caimi (Yamaha) +9:59

Gesamtwertung nach 7 von 12 Etappen (Top 10):
01. Ricky Brabec (Honda) - 28:25:01 Stunden
02. Pablo Quintanilla (Husqvarna) +24:48 Minuten
03. Ignacio Cornejo (Honda) +27:01
04. Toby Price (KTM) +28:44
05. Joan Barreda (Honda) +29:29
06. Matthias Walkner (KTM) +33:04
07. Luciano Benavides (KTM) +38:58
08. Skyler Howes (Husqvarna) +1:15:31 Stunden
09. Franco Caimi (Yamaha) +1:15:31
10. Stefan Svitko (KTM) +1:19:41

Nach dem tödlichen Unfall von Paulo Goncalves im Laufe der siebten Etappe der Rallye Dakar wird die achte Etappe am Montag abgesagt. Das betrifft aber nur die beiden Kategorien Motorräder und Quads. Die restlichen Klassen werden wie geplant die Schleife rund um Wadi Al-Dawasir in Saudi-Arabien in Angriff nehmen.

Goncalves ist der erste Motorradprofi seit Fabrizio Meoni, der im Laufe der Rallye Dakar tödlich verunglückt ist. Meoni, der 2001 und 2002 in Afrika gewonnen hat, verlor im Jahr 2005 im Laufe der elften Etappe sein Leben. Der letzte Amateur, der in Südamerika ums Leben gekommen ist, war 2015 Michal Hernik. Der Pole war an Dehydrierung verstorben.

Nun steht die Dakar-Gemeinde nach dem Unfall von Goncalves unter Schock. "Das sind schwierige Zeiten", sagt Rallye-Direktor David Castera. "Wir sind hier, um etwas anderes zu erleben: Träume, Freude und glückliche Menschen. Und nun erleben wir die schlimmsten Momente." Castera fuhr selbst die Dakar mit dem Motorrad sowie als Co-Pilot mit dem Auto.

"Wir wissen alle, das Motorräder gefährlich sind. Ich bin selbst fünfmal mit dem Motorrad gefahren. Manchmal hat man am Morgen ein mulmiges Gefühl im Bauch, weil es keinen Schutz gibt, nichts. Jeder weiß das", sagt Castera. "Paulo war ein Profi, der das Risiko gekannt hat. Dieser Sport ist gefährlich, das wissen wir alle."

Gemeinsam mit den Motorradfahrern und Quadfahrern wurde deshalb die Entscheidung getroffen, die achte Etappe für diese beiden Kategorien abzusagen. Damit haben die Fahrer und Teams Zeit, die Situation zu verarbeiten und sich von ihrem gefallenen Kollegen zu verabschieden. Goncalves war im Biwak sehr geschätzt und galt wegen seiner offenen Art als Aushängeschild für den Rallye-Raid-Sport.

Marc Coma ist viele Jahre gegen Goncalves bei den Motorrädern angetreten. Der fünfmalige Gesamtsieger hat den schwierigen Tag im Toyota als Beifahrer von Fernando Alonso erlebt. "Ich habe gesehen, wie dort zwei Helikopter und viele Fahrer gestanden sind", berichtet Coma. "Aus Erfahrung wusste ich, dass etwas Ernsthaftes passiert war."

Nach seiner aktiven Motorradkarriere war Coma Rallye-Direktor und hatte die Funktion, die jetzt Castera ausübt. "Es ist traurig. Der Preis ist zu hoch, den jemand für seine Leidenschaft für diesen Sport bezahlen muss", sagt Coma. "Es ist ein schwieriger Moment. Wir sind viele Jahre gegeneinander angetreten. Es gab nie Unsportlichkeiten, es war immer kameradschaftlich. Er war ein Gentleman."

Laut derzeitigem Plan wird die Rallye für die Motorräder und Quads am Dienstag fortgesetzt. Auf dem Programm stehen dann rund 900 Kilometer, davon 474 gezeitete, auf dem Weg von Al-Dawasir nach Haradh.

Dreikampf bei den Autos

Der Dreikampf setzte sich bei der Rallye Dakar in Saudi-Arabien auch im Laufe der siebten Etappe fort. Carlos Sainz (Mini Buggy) gewann die längste gezeitete Speziale und führt nun zehn Minuten vor Nasser Al-Attiyah (Toyota). Stephane Peterhansel (Mini Buggy) hat als Dritter wieder etwas Zeit verloren.

Nach dem Ruhetag startete die Rallye am Sonntag in die zweite Woche. Von Riad nach Wadi Al-Dawasir mussten insgesamt 741 Kilometer zurückgelegt werden. Die Speziale betrug 546 Kilometer. Somit war es der längste gezeitete Abschnitt in diesem Jahr. Große Dünengebiete mussten bewältigt werden.

Peterhansel stand als Erster an der Startlinie. In Abständen von drei Minuten folgten Sainz und Al-Attiyah. Vor allem Toyota rechnete sich in den Dünen etwas aus. Al-Attiyah gab von Beginn an Gas und setzte sich in der Anfangsphase an die Spitze des virtuellen Klassements. Die Zeitabstände der drei Spitzenfahrer war wieder sehr eng.

Bei Kilometer 161 führte Al-Attiyah wenige Sekunden vor Peterhansel. Stark unterwegs war Lokalmatador Yasir Seaidan, der einen allradgetriebenen Mini fährt. Der Saudi konnte das Tempo von Al-Attiyah halten und übernahm bei Kilometer 214 kurzfristig die Führung. Aber je länger die Etappe dauerte, desto mehr schwang das Pendel in Richtung des Mini Buggy um.

Al-Attiyah verliert in der zweiten Hälfte ein wenig Zeit

Nach 321 Kilometern führte Sainz das Zwischenklassement an. Auch beim Checkpunkt nach 431 Kilometern lag der Spanier knapp vor Al-Attiyah und Peterhansel. In diesem Ton ging es bis zum Ziel weiter. Nach einer Fahrzeit von vier Stunden und 16 Minuten sicherte sich Sainz seinen dritten Tagessieg und baute seinen Vorsprung in der Gesamtwertung aus.

"Es war sehr schnell", kommentiert Sainz die lange Etappe. "Wir sind sehr lange mit Vollgas gefahren und haben die Dünen überquert. Ich habe Stephane eingeholt, aber es war sehr staubig und ich konnte nicht näherkommen. Deshalb entschied ich mich dazu, hinter ihm zu bleiben."

Im Paarflug kamen die beiden Mini Buggy ins Ziel. Al-Attiyah hatte im Ziel 2:12 Minuten Rückstand und Peterhansel 2:53. In der Gesamtwertung hat Sainz somit genau zehn Minuten Vorsprung auf Al-Attiyah. Obwohl der Katari noch keinen Tagessieg gefeiert hat, hält er mit seiner Konstanz den Anschluss.

Peterhansel hat wieder etwas Boden eingebüßt und liegt als Dritter etwas mehr als 19 Minuten hinter seinem Teamkollegen Sainz. "Es war heute sehr schnell", sagt auch Peterhansel. "Wir mussten konzentriert sein und ständig aufpassen, aber die Navigation war einfach. Ich denke, dass war die schnellste Etappe von dieser Länge, die ich je gefahren bin."

Yazeed Al-Rajhi (Toyota) ist in der Gesamtwertung Vierter. Sein Rückstand beträgt aber schon fast eine dreiviertel Stunde. Ansonsten ist nur noch Orlando Terranova (Mini) mit 56 Minuten Rückstand innerhalb von einer Stunde zu Sainz. Pech hatte heute Mathieu Serradori (SRT Buggy), der in der Anfangsphase feststeckte und in der Gesamtwertung auf Platz acht zurückgefallen ist.

Mit Platz sechs im Tagesergebnis zeigte auch heute wieder Dakar-Rookie Fernando Alonso (Toyota) eine solide Leistung. Der zweimalige Formel-1-Weltmeister und Le-Mans-Sieger verlor über die 500 Kilometer weniger als acht Minuten auf Sainz. Und auch Jakub Przykonski und Co-Pilot Timo Gottschalk (Mini) waren nach den technischen Problemen am Freitag wieder in den Top 10 dabei.

Am Montag steht eine Schleife rund um Wadi Al-Dawasir auf dem Programm.

Ergebnis der 7. Etappe (Top 10):
01. Sainz/Cruz (Mini Buggy) - 4:16:11 Stunden
02. Al-Attiyah/Baumel (Toyota) +2:12 Minuten
03. Peterhansel/Fiuza (Mini Buggy) +2:53
04. ten Brinke/Colsou (Toyota) +2:58
05. Al-Rajhi/Schiltsow (Toyota) +7:36
06. Alonso/Coma (Toyota) +7:49
07. de Villiers/Haro Bravo (Toyota) +10:19
08. Jakub Przygonski/Gottschalk (Mini) +11:41
09. Terranova/Graue (Mini) +12:04
10. Seaidan/Kuzmich (Mini) +13:32

Gesamtwertung nach 7 von 12 Etappen (Top 10):
01. Sainz/Cruz (Mini Buggy) - 27:49:14 Stunden
02. Al-Attiyah/Baumel (Toyota) +10:00 Minuten
03. Peterhansel/Fiuza (Mini Buggy) +19:13
04. Al-Rajhi/Schiltsow (Toyota) +44:24
05. Terranova/Graue (Mini) +55:58
06. de Villiers/Haro Bravo (Toyota) +1:05:58 Stunden
07. ten Brinke/Colsoul (Toyota) +1:15:56
08. Serradori/Lurquin (SRT Buggy) +1:21:57
09. Seaidan/Kuzmich (Mini) +2:13:43
10. Han/Liao (Hanwei) +3:08:30

© Motorsport-Total.com

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