
Rallye-WM: Bulgarien | 10.07.2010
Falsche Reifenwahl wirft Ford noch weiter zurück
Als ob die Lage nicht schlimm genug wäre, hat man bei Ford am Vormittag auch noch die falsche Reifenwahl getroffen. Citroen dominiert nach Belieben.
Michael Noir Trawniczek
Während der erste Tag der Bulgarien-Rallye bei klaren und sonnigen Bedingungen abgehalten wurde, fanden die Teams am zweiten Tag in den Bergen der Region Rila eine Mischung aus unvorhersehbaren Regenschauern, kühlen Temperaturen und stellenweise auch dichtem Nebel vor.
Die erste Wertungsprüfung, die 27 Kilometer lange SP „Sestrimo“ war nahezu durchgehend feucht respektive nass. Die Teams wussten davon jedoch nichts, als sie 45 Minuten davor im Servicepark ihre Reifenwahl trafen.
Bis auf wenige Ausnahmen haben die beiden in der WM vertretenen Werksteams Citroen und Ford unterschiedliche Reifenstrategien angewandt: Citroen rechnete mit nassen Bedingungen und entschloss sich für die weiche Gummimischung – Ford hingegen setzte auf die harten Pirelli-Pneus, da man mit einer auftrocknenden Fahrbahn rechnete.
SP 5: Nass, nicht trocken
Auf SP 5 jedenfalls erwies sich die Wahl von Citroen als goldrichtig, jene von Ford als falsch. Da auch Kimi Räikkönen und Kaj Lindström wieder dabei waren, landeten gleich fünf Citroen-Piloten auf den Top 5-Plätzen: Sébastien Loeb, Dani Sordo, Petter Solberg, Sébastien Ogier und Räikkönen.
Sogar der Ungar Frigyes Turan beendete die Prüfung als Sechstschnellster vor den drei Ford-Piloten Mikko Hirvonen, Jari Matti Latvala und Stobart-Pilot Per Gunnar Andersson.
So konnte sich Ogier, der gestern auf Rang sechs abgerutscht war, wieder auf Platz vier vorarbeiten, allerdings liegt das führende Dreigestirn Loeb, Sordo und Petter Solberg außer seiner Reichweite, zumindest am heutigen Tag wird Ogier seinen Rückstand auf den Norweger aus eigener Kraft nicht aufholen können, da dem Citroen Junior rund eine Minute auf diesen fehlt.
Rund 22 Sekunden dahinter musste sich Hirvonen wieder mit Rang fünf zufrieden geben, der Finne ärgerte sich: „Wir hatten falsche Informationen und die harten Reifen am Auto, der Wagen war damit komplett unfahrbar.“ Latvala, hinter ihm auf Rang sechs liegend, pflichtete seinem Teamkollegen bei: „Ja, das war die absolut falsche Wahl.“ Auch Andersson setzte auf die harte, lediglich Teamchefsohn Matthew Wilson fuhr die weiche Mischung, er konnte dennoch nur die elftschnellste Zeit markieren.
SP 6: Sordo mit Bestzeit
Auf der rund 18 Kilometer langen SP „Peshtera“ hieß der Bestzeithalter zum ersten Mal nicht Sébastien Loeb – Citroen-Stallkollege Dani Sordo konnte um 3,5 Sekunden schneller als Loeb fahren, entsprechend gut gelaunt sprach er in das Mikrophon der Kollegen vom WRC-Radio: „Ich bin sehr zufrieden mit dem Auto – es war sehr rutschig, aber ich mag das.“
Loeb wiederum war auch mit der zweitschnellsten Zeit zufrieden, zumal er immer noch exakt 30 Sekunden Vorsprung auf seinen Teamkollegen aufweist. Der Weltmeister erklärte: „Es war okay, kein Problem für mich. Ich wollte keine Risiken eingehen. Es war ein bisschen feucht und nass, aber am Ende trocknete es auf. Wir wussten vorher nicht genau, was uns erwarten würde, daher blieb ich vorsichtig.“
Mit der drittschnellsten Zeit sicherte auch Petter Solberg seinen dritten Gesamtrang weiter ab, der Citroen-Privatier gab zu Protokoll: „Ich habe wohl etwas zu viel Zeit verloren - aber ich wollte auch nichts riskieren, denn der dritte Platz ist sehr wichtig für die Weltmeisterschaft.“ Auf Sordo fehlt Solberg und seinem neuen Beifahrer Chris Patterson nun ebenfalls rund eine halbe Minute. Die Podestplätze scheinen mit den jeweils halbminütigen Abständen zementiert zu sein…
Sébastien Ogier wiederum liegt eine Minute hinter Solberg zurück und weist auf den Fünften, Mikko Hirvonen ebenfalls eine halbe Minute Vorsprung auf. Der junge Franzose wollte ebenfalls keine Risiken eingehen: „Mein einziges Ziel besteht darin, vor den Ford-Jungs zu bleiben.“
Ford: „Reifenwahl ein Desaster“
Mikko Hirvonen meinte auch nach SP 6 achselzuckend: „Es war etwas besser, da es aufgetrocknet hat.“ Latvala, der acht Sekunden hinter ihm Rang sechs belegt, erklärte: „Ich glaube, dass der weiche Reifen auch hier besser gewesen wäre.“
Ford-Teamchef Malcolm Wilson entschuldigte sich unterdessen für das „Desaster einer Reifenwahl“ und fügte hinzu: „Wir haben das gleiche Wettersystem angewandt wie bei den Rallyes zuvor – doch unglücklicherweise haben sie den örtlichen Regenschauer nicht ausmachen können.“ Man habe freilich auch Leute bei den Prüfungen stationiert, doch diese hätten das Team nicht mit den richtigen Informationen versorgt, erklärte Wilson, dessen Sohn Malcolm als einziger Ford-Pilot auf weiche Reifen setzte.
Per Gunnar Andersson, in Bulgarien im Stobart-Focus von Henning Solberg unterwegs, wählte ebenso die harte Mischung und liegt im Gesamtklassement 1:20 Minuten hinter Latvala auf Rang sieben. „Es lief gut, doch bergab war ich zu vorsichtig“, bilanzierte der frühere Suzuki-Werkspilot.
Auf Platz acht rangiert der tapfere Ungar Turan auf seinem Peugeot 307 WRC, dahinter der erwähnte Teamchefsohn Matthew Wilson im zweiten Stobart-Focus sowie Henning Solberg und Ilka Minor im Stobart-Ford Fiesta S2000.
Solberg & Minor unter Druck
Henning Solberg und Ilka Minor also weiterhin schnellstes S2000-Team und auf Punktekurs unterwegs. Doch das norwegisch-österreichische Duo muss aufpassen, denn nur zehn Sekunden hinter den beiden lauert der bulgarische Lokalmatador Dimitar Iliev, der einen Skoda Fabia S2000 pilotiert.
Ex-Formel 1-Pilot Kimi Räikkönen, unter „SupeRally“ wieder dabei, konnte auf den beiden Vormittagsprüfungen die Plätze fünf und acht belegen, in der Gesamtwertung liegt er jedoch auf dem aussichtslosen 20. Platz. Um Punkte zu holen, müsste er fünf Minuten gutmachen…
JWRC: Neuville führt
In der Junioren-Weltmeisterschaft JWRC hat der junge Belgier Thierry Neuville die Führung übernommen, der Citroen R2 S1600-Pilot konnte zuletzt bei der IRC-Rallye in Ypern mit Platz drei brillieren. Sein Markenkollege Hans Weijs liegt rund 50 Sekunden zurück. Auf Rang drei liegt nun der Spanier Yeray Lemes.
Der Start der siebten Prüfung, der 24 Kilometer langen SP „Lyubnitsa“ verzögerte sich zunächst um eine Stunde, weil zahlreiche Fans noch versucht hatten, im letzten Moment attraktive Zuschauerplätze zu ergattern. Letztlich musste die SP wegen dem Zuschauerandrang neutralisiert werden, im Tagesablauf gibt es als Folge nun eine Verzögerung von 27 Minuten.
Am Nachmittag wird somit ab 13.49 Uhr das zweite „Rad“ in Angriff genommen, die drei Prüfungen werden dann ein zweites Mal respektive erstmals (die am Vormittag neutralisierte SP „Lyubnitsa“) befahren werden.
Nach SP 7 (SP 7 neutralisiert)
1. Sébastien Loeb Citroen 1:32:21.2 2. Dani Sordo Citroen + 30.0 3. Petter Solberg Citroen + 56.8 4. Sébastien Ogier Citroen + 1:59.9 5. Mikko Hirvonen Ford + 2:32.1 6. Jari Matti Latvala Ford + 2:40.2 7. Per G. Andersson Ford + 4:01.1 8. Frigyes Turan Peugeot + 4:11.0 9. Matthew Wilson Ford + 5:42.0 10. H.Solberg/I.Minor FordS2000 + 7:41.2