
Rallye-WM: Bulgarien | 07.07.2010
„Gemähte Asphaltwiese“ für Sébastien Loeb
10 WRC starten bei der WM-Premiere in Bulgarien. Auf Asphalt muss Hirvonen froh sein, das Podest zu erklimmen. Solberg & Minor im Fiesta S2000.
Michael Noir Trawniczek
49 Starter insgesamt, davon gut die Hälfte lokale Helden und in der großen Spielklasse WRC gerade einmal zehn Teams am Start – die Rallye-Weltmeisterschaft hinterlässt auch bei ihrer Premiere in Bulgarien einen recht verwahrlosten Eindruck.
Die Rallye selbst gibt es seit 1970, sie war zuvor bereits ein EM-Lauf, seit 2002 wird im Zentrum des Landes, in einer Wintersportbergregion in Borovets, rund 60 Kilometer südlich der Hauptstadt Sofia entfernt gefahren. Im Vorjahr gewann den EM-Lauf Giandomenico Basso.
Duell Loeb - Ogier
Die Bulgarien-Rallye ist die erste Asphaltrallye in dieser Saison – die erste von vier Asphaltrallyes. Ford-Titelkandidat Mikko Hirvonen müsste, wenn er ernsthaft an einen WM-Titel denken würde, als Tabellenleader nach Bulgarien kommen und hoffen, dass ihn Asphaltspezialist Sébastien Loeb nicht mit vier Asphaltsiegen einholt.
Doch die Wirklichkeit ist ganz anders: Loeb führt mit 126 Punkten, Hirvonen belegt nur Rang drei und liegt bereits 50 Punkte zurück, was laut neuem Punktesystem zwei Siegen entspricht. Damit Hirvonen heuer noch Weltmeister wird, müsste sich Loeb wieder auf dem Mountainbike verletzen , wie das schon einmal passiert ist – und selbst dann wäre es noch lange nicht sicher, dass Hirvonen tatsächlich aufholen kann…
Der größte Herausforderer des sechsfachen Weltmeisters heißt zurzeit auch nicht Mikko Hirvonen, sondern Sébastien Ogier, der auch in der Tabelle auf Platz zwei rangiert. Der Citroen-Junior ist auch auf Asphalt stark unterwegs und so darf man am ehesten mit einem Duell zwischen Loeb und Ogier rechnen. Hirvonen hingegen muss froh sein, wenn er es aus eigener Kraft auf das Siegerpodest schafft.
Räikkönen mit starken Asphalt-Ergebnissen
Für Kimi Räikkönen wird es nicht die erste Asphaltrallye im C4 sein, denn der frühere Formel 1-Pilot hat bereits die italienische Rallye Lanterna bestritten – dabei fehlten ihm am Ende nur 5,7 Sekunden auf seinen Stallkollegen Ogier. Außerdem hat das Citroen Junior Team noch einen Asphalttest absolviert, auch bei diesem soll der „Iceman“ schnell unterwegs gewesen sein. Er selbst stapelt tief – er wolle in Bulgarien ins Ziel kommen, sagte Räikkönen.
Petter Solberg mit neuem Co
Ein neues Gesicht befindet sich an der Seite von Petter Solberg, dessen langjähriger Beifahrer Phil Mills in der laufenden Saison seine Tätigkeit beendet hat. Als Nachfolger hat Solberg aus 43 Kandidaten den 41-jährigen Briten Chris Patterson auserkoren, der bereits bei Nasser Al-Attiyah, Kris Meeke oder auch Colin McRae auf dem heißen Sitz gesessen hat, letzteren begleitete er bei dessen Ford-Testfahrten.
Solberg und Patterson haben bereits Tests in Bulgarien abgehalten. Solberg erklärte zufrieden: „Sowohl mit dem Auto als auch mit dem neuen Beifahrer läuft bisher alles perfekt. Natürlich wird es etwas dauern, bis ich mich voll und ganz an die neue Stimme im Auto gewöhnt haben, aber wir bekommen das hin und ich bin zuversichtlich, dass es in Bulgarien gut funktionieren wird.“
Personelle Änderungen auch bei Stobart Ford: Per Gunnar Andersson wird den Ford Focus von Henning Solberg übernehmen – der frühere Suzuki-Werkspilot erklärte: „Ich habe zwar noch wenig Erfahrung auf Asphalt, aber ich habe mir vorgenommen, einen guten Rhythmus zu finden. Ich konnte schon testen und hoffe, dass sich das auszahlt und ich auf diesem Untergrund gut unterwegs bin. Ich schätze mich wirklich glücklich, dass ich die Gelegenheit bekomme, für Stobart zu fahren. Ich werde diese Gelegenheit nutzen und mein Bestes geben."
Solberg & Minor im Fiesta S2000
Henning Solberg und Ilka Minor werden aber sehr wohl am Start sein, allerdings bestreiten die beiden die Rallye auf einem Ford Fiesta Super 2000. Solberg wird auf den Asphaltrallyes den S2000 testen, Ford-Teamchef Malcolm Wilson erklärte dazu: „Der Fiesta ist die Basis für die nächste Generation von WRC-Autos. Henning hat also die Chance, sich sofort einen Vorsprung zu erarbeiten, weil er an der Entwicklung teilhaben wird. Wir freuen uns schon sehr auf sein fundiertes Feedback, das Henning aufgrund seiner großen WRC-Erfahrung geben wird.“
Der Norweger gab zu Protokoll: „Der Vergleich zum aktuellen Focus wird bestimmt interessant. Bulgarien ist neu im Kalender, also starten alle von der gleichen Basis aus. Für mich ist das in diesem Fall natürlich gut, weil ich mich zuerst an das neue Auto gewöhnen muss.“ Allerdings zählt die Bulgarien-Rallye nicht zur SWRC für Super 2000-Autos. Dennoch sind ein paar S2000 am Start, neben Henning Solberg und Ilka Minor sind auch Denis Kuipers (Fiesta), Eyvind Brynildsen (Skoda) und drei bulgarische S2000-Fahrer dabei.
Die Bulgarien-Rallye zählt zur JWRC, am Start sind unter anderen Kevin Abbring, Alessandro Broccoli und Thierry Neuville, der zuletzt in Ypern Dritter wurde.
Qual der Wahl
Erstmals haben die Piloten in punkto Reifenwahl die „Qual der Wahl“, denn anders als bei Schotterrallyes bietet Pirelli jeweils eine harte und eine weiche Gummimischung an. Pirelli-Chefingenieur Matteo Braga erklärt: „Die Möglichkeit, dass es in den Bergen zu wechselnd nassen und trockenen Bedingungen kommt, macht die Sache sehr interessant. Sowohl Ford als auch Citroen werden darauf vorbereitet sein, da sie bei ihren Vorbereitungsrallyes in Italien und Serbien ebenfalls nasse und trockene Straßen hatten. Aber es sorgt trotzdem für zusätzliche Spannung. Es gibt auch einen großen Unterschied zwischen den Prüfungen mit altem und neuem Asphalt, es gibt unebene und glatte Abschnitten, es geht bergauf und bergab, ist mal schnell und mal langsam. Das wird eine große Herausforderung für die Fahrer."
Eröffnet wird die Bulgarien-Rallye am Freitag um 10.05 Uhr Ortszeit gleich mit der längsten Sonderprüfung der gesamten Rallye, der 31 Kilometer langen SP 1 „Dolna Banya“. Insgesamt werden an drei Tagen 14 Prüfungen zu 354 SP-Kilometern absolviert, die Gesamtdistanz beträgt 1070 Kilometer. Am Sonntag wird die letzte SP um 12.34 Uhr in Angriff genommen.
WM-Stand WRC
1. LOEB Sébastien 126 Punkte 2. OGIER Sébastien 88 Punkte 3. HIRVONEN Mikko 76 Punkte 4. LATVALA Jari Matti 72 Punkte 5. SOLBERG Petter 63 Punkte 6. SORDO Dani 49 Punkte 7. WILSON Matthew 38 Punkte 8. VILLAGRA Federico 26 Punkte 9. SOLBERG Henning 24 Punkte 10. RÄIKKÖNEN Kimi 15 Punkte
WM-Stand Hersteller WRC
1. Citroen 189 Punkte 2. Ford 163 Punkte 3. Citroen Junior Team 106 Punkte 4. Stobart Ford 84 Punkte 5. Munchi's Ford 40 Punkte
WM-Stand JWRC
1. BURKART Aaron 40 Punkte =. ABBRING Kevin 40 Punkte 2. KRUUDA Karl 26 Punkte