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Rallye-ÖM: OMV Waldviertel Rallye

Der Co-Pilot ist mehr als nur ein Beifahrer

Im Rahmen der OMV Media Stage erklärte Vollprofi Peter Müller den anwesenden Journalisten, worauf es im Leben eines Rallye-Co-Piloten ankommt…

Michael Noir Trawniczek

Im Kopf sitzt man eigentlich immer noch am Steuer des Mitsubishi Evo III und dreht damit ein paar Runden um den umgebauten Nordring - doch bei der von der OMV ins Leben gerufenen "Media Stage" sollen die Journalisten nicht nur in die Rolle des Fahrers, sondern auch in jene des Co-Piloten schlüpfen.

Vor vielen Jahren hatte ich das Vergnügen, einem Kollegen von der Kartbahn als Co-Pilot bei der Waldviertel-Rallye auszuhelfen, in einem alten Ford Escort. Damals haben wir uns gleich in der ersten Wertungsprüfung mit einem ziemlich harten Hechtsprung in den Straßengraben verabschiedet. Nach dem Vortrag von Peter Müller ist mir klar: Wir wussten gar nichts - und wollten alles.

Es sind die "Kleinigkeiten", die es ausmachen. Ein Beispiel: "Eine Besichtigung ist eine Besichtigung", sagt Peter Müller, der im Jahr 2000 als Co-Pilot von Manfred Stohl zu Weltmeisterehren kam. Soll heißen: "Man fährt bei der Besichtigung so langsam wie nur möglich, man möchte ja nichts übersehen. Jeder Stein kann schließlich zum Verhängnis werden" Beim Besichtigen wird der "Schrieb" angefertigt, aus ihm "betet" der Co-Pilot während der Sonderprüfung - und er bringt herzlich wenig, wenn man ihn später auf der Prüfung nicht mehr entziffern kann.

Mit Bleistift & Radiergummi

Dass es auf einer Sonderprüfung recht holprig werden kann, leuchtet ein - daher sagt Müller: "Große, deutliche Buchstaben - und einen Bleistift verwenden, keinen Kugelschreiber!" Auch das ist einleuchtend, die Ansage soll nicht erst aus mehrmals durchgestrichenen Zeichen herausgefiltert werden, weshalb ein Radierer zur Standardausrüstung eines Co-Piloten gehört.

Zusammenhängende Ansagen wie "100 R 3 !! Bremsen!" (bedeutet so viel wie: in hundert Metern kommt eine Rechtskurve mit einem Radius, der auf einer Skala von 1, sehr eng, bis 5, langgezogen, den Wert 3 aufweist, Achtung Achtung Bremsen) müssen so geschrieben werden, dass man diese auf der Prüfung mit einem Blick erkennt. "Das löst jeder individuell - wichtig ist, dass du weißt, welche Anweisungen zu welcher Kurve gehören", sagt der Instruktor.

Peter Müller kann an diesem Nachmittag nur einen ersten Einblick in das Leben eines Rallye-Copiloten geben. Es geht um Grundlegendes - und Müller beantwortet geduldig Fragen wie: "Was machst du, wenn du beim Vorbeten raus kommst?" Müller zeigt, wie er im Auto beim "Vorbeten" mit dem linken Daumen stets Zeile für Zeile markiert, sodass es gar nicht erst so weit kommen kann. Sollte es dennoch passieren, müsste man den Piloten darüber informieren. "Denn sonst wird es gefährlich", sagt Müller. Anhand von markanten Gegebenheiten am Streckenrand versucht man in diesem im Prinzip so gut wie nie auftretenden Notfall, sich wieder einzuklinken.

Management-Funktion

"Der Co-Pilot leitet den Fahrer", sagt Peter Müller - der Mann auf dem Sozius ist also keinesfalls "Beiwerk", meist hält er die Fäden in der Hand. Und kümmert sich um vielerlei Dinge: "Wenn der Fahrer bereits in seinem Bettchen liegt, sitzt der Co-Pilot noch auf seinem Hotelzimmer und arbeitet den Schrieb noch einmal durch. Allerdings rate ich davon ab, diesen neu zu schreiben - erstens sind das oft hunderte Seiten, zweitens steigt die Fehlerquelle rapide und drittens braucht auch ein Co-Pilot ausreichend Schlaf."

Müller begann vor vielen Jahren am Sozius eines "Alten Hasen", mittlerweile hat er mit rund dreißig Piloten gearbeitet, darunter viele Youngsters. "Diese müssen oft noch geführt werden - wenn der aussteigt, komplett verschwitzt, und draußen ist es kalt, dann bringe ich ihm die Jacke, damit er sich nicht verkühlt", lacht Müller.

Abgesehen von WM-Läufen respektive Werkseinsätzen hat der Co-Pilot zudem eine Management-Funktion auszuüben - er bucht Hotelzimmer, kümmert sich mitunter sogar um Mechaniker, Service-Autos und weitere organisatorische Dinge, die zu einer erfolgreichen Rennteilnahme gehören. Ein wesentlicher Aspekt ist auch das Hantieren mit den Stempelkarten - nach jeder Wertungsprüfung muss die Zeit notiert und danach am Kontrollpunkt gestempelt werden - es gilt dabei stets den Überblick zu bewahren.

Lesen und fühlen

Apropos Überblick - ein Genuss im Sinne von "Aus dem Fenster schauen und die vorbeifliegende Landschaft genießen" ist das Befahren einer Wertungsprüfung nicht - dazu fehlt schlicht und ergreifend die Zeit. Schließlich muss der Schrieb verlesen werden.

"Ich schaue eigentlich gar nicht mehr aus dem Fenster", sagt Müller. "Ich spüre auch die Entfernungen hier", klatscht sich der passionierte Motorsportler mit beiden Händen auf den Hintern. Manchmal jedoch, auf einer längeren Geraden beispielsweise, könne man auch mit dem Piloten plaudern, sagt Müller. Dass er dem Fahrer sein Leben anvertraut, ist im bewusst. Aber auch umgekehrt muss sich der Fahrer zu 100 Prozent auf die Ansagen seines Co-Piloten verlassen. Neue Piloten sehe er sich genauer an, bevor er in ihr Auto steigt, sagt Müller - bislang habe es jedoch noch keine Probleme gegeben...

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