
Formel 1: Interview | 27.12.2017
Alonso persönlich von Honda gedemütigt
McLaren-Rennleiter Boullier gab Einblick ins Seelenleben seines Fahrers, der das Honda-Debakel als persönliche Demütigung empfand.
Mangelnde Zuverlässigkeit und das Leistungsdefizit der Honda-Aggregate haben an Fernando Alonsos Nerven gezehrt – wie sehr ließ Éric Boullier nun nach der Trennung von den Japanern durchblicken. Über die Befindlichkeiten seines Piloten bei den Wintertestfahrten sagte der McLaren-Rennleiter: "Als er nach Barcelona gekommen ist, und der Motor leistungsmäßig noch schlechter war als zuvor, machte sich eine Mischung aus Trauer, Erniedrigung und Frust breit."
Boullier wertete die starke emotionale Reaktion als Folge einer mentalen Saisonvorbereitung, die Alonso als kompetitiver Athlet vollzöge: "Er hatte sich in seinem Kopf ausgemalt, wie die Saison hätte aussehen sollen." Umso größer war angesichts des nächsten Rückschlags die Enttäuschung. Diese Gefühle kochten beim Grand Prix von Singapur im September schließlich über, als Alonso in aussichtsreicher Position ausschied – wenngleich aufgrund einer Kollision, nicht wegen des Honda-Triebwerks.
Alonso schlug danach in der Garage ein Loch in eine Trennwand. "Manchmal muss er dem Frust freien Lauf lassen. Früher war das auch nach Siegen der Fall", nahm Boullier seinen Star in Schutz. "Nach einem Rennen ist er eben immer voller Adrenalin. Ihn treibt sein Zorn, wenn er weiß, dass er besser abschneiden hätte können; den muss er rauslassen." Gut möglich, dass auch Alonsos sarkastische bis beleidigende Reaktionen auf die Leistungsprobleme von Honda eine Form des Frustabbaus gewesen sind ,...
Sollte McLaren 2018 mit Renault-Aggregaten konkurrenzfähiger sein, glaubt Boullier auch an einen formverbesserten Alonso. Mit der Aussicht auf Podiumsplatzierungen würde er noch härter zur Sache gehen und noch mehr Reserven mobilisieren: "Ich vergleiche ihn gerne mit einem Hai – wenn er Blut riecht, ist er zur Stelle."