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Lässt RB-Veto McLaren-Deal platzen?

Die vielen Facetten des Deals zwischen McLaren, Honda, Renault und Toro Rosso: Welche Probleme es gibt und wer die Sache ganz einfach platzen lassen könnte.

Als "wirklich sehr schwierig" bezeichnet Teamchef Zak Brown die Herausforderung, in den nächsten Tagen einen Motorendeal für McLaren abzuschließen. Das britische Team möchte von Honda zu Renault wechseln und gibt sich inzwischen keine Mühe mehr, dies vor dem Rest des Paddocks in Monza zu verbergen. Doch es gibt in diesem Zusammenhang einige Nebenkriegsschauplätze, die erst befriedet werden müssen.

Ein solcher Nebenkriegsschauplatz war bis gestern nicht bekannt - und erklärt, warum Red Bull in den Verhandlungen in einer relativ starken Position ist. Denn Red Bull könnte McLarens Wunschszenario, ab 2018 zu Renault zu wechseln, verhindern: "Wir haben ein Veto. Theoretisch könnten wir", sagt Teamchef Christian Horner und erklärt: "Das haben wir uns vor zehn Jahren in den Vertrag schreiben lassen, nachdem uns Ron Dennis keinen Mercedes-Motor geben wollte."

Im Grunde genommen hat Red Bull herzlich wenig Grund, McLaren zu Renault-Motoren zu verhelfen, indem Toro Rosso zu Honda wechselt. Denn als Red Bull im Jahr 2015 ohne Motor dastand und Honda zwischenzeitlich die letzte Option zu sein schien, war es ebenfalls der damalige McLaren-Boss Dennis, der sein Veto gezogen hat. Und jetzt ist klar: McLaren-Renault wird es nur geben, "wenn wir gleichzeitig ein anderes Team verlieren", wie Renault-Berater Alain Prost verdeutlicht.

Vier Teams kommen für Renault nicht in Frage

"Wir haben ein Werksteam. Das soll in Zukunft Weltmeister werden. Also werden wir uns auf keine Kompromisse einlassen, die das gefährden könnten. Und vier Teams sind fast unmöglich für uns", räumt Prost ein. Doch abgesehen davon, dass man mit McLaren eine uralte Rechnung begleichen könnte, und zwar mit einem Chef, der heute keine Verantwortung mehr trägt, gibt es aus Red-Bull-Sicht auch Argumente, die für einen Wechsel des B-Teams zu Honda sprechen.

Das würde vor dem Hintergrund stehen, Honda zu einem späteren Zeitpunkt auch für das A-Team in Betracht zu ziehen, sofern die Japaner sportlich-technisch in die Spur finden. Horner gibt erstmals offen zu: "Das könnte ein interessantes Szenario sein, weil es für uns Optionen schafft. Im Moment haben wir nämlich keine Optionen." Und: "Zwei starke Kundenteams können eine gute Sache sein", sieht er keinen grundsätzlichen Anlass, gegen McLaren-Renault sein Veto einzulegen.

Fest steht aber auch: "Solange McLaren und Honda damit beschäftigt sind, ihre Angelegenheiten zu regeln, wird nichts passieren", vermutet der Red-Bull-Teamchef. Und das versuchen McLaren und Honda gerade: zuerst bei einem Meeting zwischen McLaren- und Honda-Vertretern auf höchster Ebene in Japan, nun auch vor Ort in Monza. Im Paddock ist diesmal sogar Honda-Sportchef Masashi Yamamoto anwesend.

Honda-CEO möchte unbedingt bei McLaren bleiben

Die Ausgangslage dabei ist klar: Die oberste Honda-Ebene "möchte mit McLaren weitermachen", verrät McLaren-Boss Brown und ergänzt: "Der beste Ausgang wäre, dass wir gemeinsam erfolgreich durchstarten. Aber es waren jetzt drei Jahre, und es gibt Licht am Ende des Tunnels. Die Frage ist, ob es genug Licht und ob der Tunnelausgang nahe genug ist."

Formel-1-Weltmeister Damon Hill glaubt daran nicht mehr, denn: "Es gibt bei diesem Thema eine weitere Dimension. Nämlich: 'Wie viel mehr ist Fernando Alonso bereit, von der gleichen Crew zu tolerieren?' Daher glaube ich, dass die Beziehung mit Honda zu einem Ende kommt. Wenn McLaren zu Renault wechselt, können Sie Fernando sagen: 'Diese Leute verstehen was von der Formel 1.' Und Alain Prost ist einer der Chefs dort."

Zumal Honda irgendwann auch dämmern könnte, dass man vom Partner McLaren im Grunde genommen arg gedemütigt wird. Dass zum Beispiel mitten am Wochenende des 50-Jahre-Jubiläums des ersten Honda-Siegs in der Formel 1 Renault-Vertreter bei McLaren ein und aus gehen und man sich noch nicht einmal Mühe gibt, die Verhandlungen diskret abzuwickeln, "ist für Honda ziemlich peinlich", findet Hill.

Prost erwartet Entscheidung vor Singapur

Brown spielt die Angelegenheit herunter: "Wir haben den besten Kaffee in der Boxengasse", begründet er lachend, warum die Herren Stoll, Abiteboul und Prost derzeit so oft bei McLaren sind. Während Prost bestätigt, was ohnehin nicht mehr bestätigt werden muss: "Ich kann bestätigen, dass es Gespräche mit McLaren gibt. Sie sind auf uns zugegangen, weil sie für ihre Zukunft etwas ändern wollen."

Der viermalige Weltmeister, ironischerweise ein ehemaliger McLaren-Honda-Weltmeister, rechnet mit einem unmittelbar bevorstehenden Ergebnis der Gespräche: "Wir reden von Tagen. Vielleicht einer Woche. Ich schätze, dass es vor Singapur eine Entscheidung geben wird." Brown nickt: "Wir müssen dieses Thema sehr schnell abschließen, damit wir nicht mit dem Auto für nächstes Jahr Kompromisse eingehen müssen."

Um Honda nicht ganz aus der Formel 1 zu drängen, wenn McLaren und Toro Rosso nicht wollen sollten, haben sich nun Liberty-Sportchef Ross Brawn und FIA-Präsident Jean Todt am Rande in die Gespräche eingeschaltet. Für Brawn ist klar: "Wir wollen Honda in unserem Sport halten. Sie machen gerade herausfordernde Zeiten durch. Aber sie sind ein großartiges Unternehmen mit großer Geschichte. Wir versuchen, Lösungen zu finden."

Warum die FIA-Regel nicht wirksam ist

Problematisch an der Sache ist auch, einen Motorenvertrag für McLaren sicherzustellen. Als Red Bull für 2016 keinen Motor hatte, ließ sich die FIA eine neue Regel einfallen, um genau solche Situationen in Zukunft zu unterbinden. Heißt konkret: Jeder in der Formel 1 vertretene Motorenhersteller muss bereit sein, mindestens drei Teams auszurüsten. So weit, so gut.

Doch wenn McLaren nun den Honda-Vertrag kündigt, stehen als Alternative nur noch Motorenhersteller bereit, die bereits drei Teams beliefern und somit nicht zu ihrem Glück gezwungen werden können. Todt erklärt, warum die unter seiner Ägide eingeführte Regel für McLaren nicht funktioniert: "Wir haben ein Team, das einen Motor braucht, obwohl es einen bestehenden Vertrag hat." Und zwar bis 2024.

Selbst wenn sich alles in Wohlgefallen auflöst, Toro Rosso zu Honda und McLaren zu Renault wechselt: Alonso wird 2018 wohl eher kein Siegerauto in der Formel 1 vorfinden. "Fernando", sagt Prost, "muss akzeptieren, dass er nächstes Jahr wahrscheinlich nicht gewinnen kann. Was für einen Fahrer seines Kalibers schwierig zu schlucken ist."

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