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WEC: Spa-Francorchamps

Punktejagd und Le-Mans-Generalprobe

Vorschau auf das 6h-Rennen der Langstrecken-WM 2016 in Spa: Audi entschlossen, Porsche zuversichtlich – und Toyota führt die WM an.

Mit dem Sechs-Stunden-Rennen in Spa-Francorchamps geht die Langstreckenweltmeisterschaft 2016 in eine wichtige Phase, denn der zweite Saisonlauf auf der belgischen Ardennenachterbahn ist auch die große Generalprobe für die anschließend folgenden 24 Stunden von Le Mans. Entsprechend hoch ist die Spannung im Vorfeld – welcher LMP1-Hersteller geht mit welchem Aerodynamikpaket an den Start?

"Es ist immer ein Abwägen zwischen ausreichend Anpressdruck in den schnellen Kurven und geringem Luftwiderstand auf den langen Vollgasabschnitten", erklärt etwa Porsche-Teamchef Andreas Seidl. Beim deutschen Werksteam hat man sich für den Einsatz des Le-Mans-Pakets entschieden. Die neue Aerodynamik wurde nach dem Saisonauftakt in Silverstone einige Tage lang in Aragonien getestet und für gut befunden. An den beiden 919 werden in Spa viele Komponenten dieser Konfiguration montiert sein.

Der Grund für die Erprobung des Le-Mans-Pakets liegt unter anderem auch an der Wettervorhersage – diese weist für die Veranstaltung von Donnerstag bis Samstag fast schon untypisches Ardennenwetter aus: An allen drei Tagen soll es trocken und sonnig bei Temperaturen von rund 20 Grad Celsius sein. Bei diesen Bedingungen lässt sich auch mit geringerem Abtrieb schnell fahren.

Toyota setzt auf mehr Abtrieb

Toyota geht dennoch einen anderen Weg: Die Japaner mit Sitz in Köln, die nach dem ersten Saisonrennen die Teamwertung anführen, werden bei ihrem "Heimspiel" auf die Silverstone-Variante setzen. Die beiden TS050 fahren also mit mehr Abtrieb, die Le-Mans-Variante wurde jedoch bereits bei Testfahrten umfassend erprobt worden. Zudem wird Toyota Ende Mai noch einmal zwei Tage lang in Spa-Francorchamps testen.

"Trotz der Führung in der Herstellerwertung ist uns klar, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben, und ich denke, dass sich bereits an diesem Wochenende Verbesserungen zeigen werden", gibt sich Mike Conway zuversichtlich. Toyota hatte in Silverstone das Potenzial des neuen Fahrzeuges aufblitzen lassen, aber niemals konstant umsetzen können. Vor allem beim Zusammenspiel von Turbomotor und Hybridkomponenten gibt es noch Verbesserungsbedarf.

Bei Audi wurde die neue Leistungsstärke des R18 sehr offensichtlich. Den Deutschen ist im Vergleich zum Vorjahr ein deutlicher Fortschritt gelungen. Marcel Fässler, André Lotterer und Benoît Tréluyer (#7) hatten das Aufaktrennen in Silverstone zwar auf dem ersten Platz beendet, wurden danach aber wegen eines Regelverstoßes disqualifiziert. Den Sieg zugesprochen bekamen Romain Dumas, Neel Jani und Marc Lieb (Porsche #2). Dennoch hat sich Audi deutlich an der Spitze zurückgemeldet.

Auf welches Aeropaket setzt Audi?

Die Joest-Mannschaft macht aus der Konfiguration der beiden R18 in Spa-Francorchamps bislang ein Geheimnis. Deren Aerodynamik ist zweifellos auf Le Mans zugeschnitten, in Belgien könnte man bei der großen Generalprobe allerdings mit einigen Veränderungen aufwarten – die genaue Spezifikation der Autos wird man aber wohl erst nach der technischen Abnahme wissen.

Bei den privaten LMP1-Teams werden die beiden Rebellion R-One erneut von Heidfeld, Piquet und Prost sowie Imperatori, Kraihamer und Tuscher gesteuert; bei ByKolles sind wieder James Rossiter, Simon Trummer und Oliver Webb im Einsatz. "Wir sind in England unter Wert geschlagen worden", meint Trummer zum Duell in dieser Klasse. "Ich habe ein gutes Gefühl, was das Potenzial unseres Autos betrifft. Ich glaube, wir können schon bald die nächste Stufe zünden."

In der LMP2-Klasse ist erneut ein enger Kampf der zahlreichen Spitzenteams zu erwarten. Die Silverstone-Sieger von RGR wollen die Spitze verteidigen, dahinter machen die Mannschaften von Alpine, ESM und G-Drive Druck. "Wir müssen alles richtig machen und komplett sauber durchs Rennen kommen", appelliert Alpine-Teamchef Sinault, "denn nur dann können wir es auch auf das Podium schaffen." Die Franzosen waren in Silverstone auf Rang vier ins Ziel gekommen.

"Unser Auto ist auf den Geraden und in schnellen Kurven richtig gut", erklärt G-Drive-Pilot René Rast, dessen Mannschaft ebenso wie Alpine auf ein Oreca-05-Chassis setzt. "Allerdings sind die Autos bezüglich der Abtriebslevel nahezu auf einem Level. Man muss also fehlerfrei bleiben und sich auf die eigene Leistung konzentrieren", ergänzt der Deutsche. In der LMP2-Kategorie gehen zwölf Fahrzeuge ins Rennen. darunter auch der Gibson-Nissan von G-Drive aus der ELMS, der auch in Le Mans am Start stehen wird.

Ford peilt ersten Erfolg in WM an

Die GTE-Pro-Klasse wird vermutlich auch in Spa-Francorchamps von Ferrari bestimmt werden, der neue 488 GTE der Italiener war beim Auftakt in Silverstone das überragende Auto; seither gab es keine Anpassungen an der Balance of Performance. Die Hoffnungen von Ford, nach dem ersten Klassensieg des neuen GT in der nordamerikanischen IMSA-Serie nun auch in der Langstrecken-WM erfolgreich zu sein, sind also wohl eher gering.

"Unser Rennen in Silverstone war ermutigend", meint Stefan Mücke, der vor der Saison 2016 von Aston Martin zu Ford gewechselt ist. "Das Auto lief wie ein Uhrwerk, und das Team hat toll gearbeitet. Jetzt wollen wir den nächsten Schritt machen und aufs Podest fahren. Ich denke, die Strecke in Belgien sollte ganz gut zu unserem Auto passen", so der Deutsche. Ford war zusammen mit Audi und Porsche bei den Testfahrten in Aragonien vor Ort, wo man ein Langstreckenprogramm über mehr als 24 Stunden abspulte!

Ford bekommt es in der Klasse der Werks-GTE-Fahrzeuge mit zwei Ferraris, zwei Aston Martins und dem Porsche von Michael Christensen und Richard Lietz zu tun. Im Lager der deutschen Kundenmannschaft hofft man wohl vergeblich auf Regen. "Wenn es nass und schwierig wird, läuft unser 911 RSR zur Hochform auf", sagt der amtierende GTE-Pro-Gesamtsieger Lietz, "aber auch auf trockener Strecke sollten wir so stark sein, dass wir um einen Spitzenplatz kämpfen können."

Für Lietz ist das Spa-Rennen eines der wichtigsten des Jahres: Weil für ihn der WM-Auftakt nicht nach Wunsch verlaufen ist, könnte Belgien schon ein Indiz für den weiteren Saisonverlauf sein. Lietz: "Das Rennen in Spa ist alle Jahre wieder eine große Herausforderung und gilt traditionell als letzter Härtetest vor den 24 Stunden von Le Mans. Spätestens in Spa müssen alle ihre Karten auf den Tisch legen. Danach weißt du genau, wer in Le Mans deine stärksten Konkurrenten sein werden. Das wird auf jeden Fall ein spannendes Kräftemessen mit ungewissem Ausgang."

Porsche hatte beim Saisonauftakt in Silverstone erhebliche technische Probleme. Der 911 RSR aus der Pro-Kategorie sowie mehrere Fahrzeuge aus der Amateurklasse erlitten Aufhängungsschäden. Die Kunden hoffen, dass man diese Probleme nun im Griff hat. "Im 911 RSR steckt großes Potenzial, wir müssen es nur ausschöpfen", meint etwa Patrick Long, der sich den Wagen mit Khaled Al-Qubaisi und David Heinemeier Hansson teilen wird. Insgesamt starten in der GTE-Am-Klasse sechs Autos.

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