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Rallye-WM: Neuseeland

Loeb: „Mein größter Tag im Rallyesport“

Er selbst spricht von seinem „größten Rallyetag“ – Sébastien Loeb nach Aufholjagd bereits Zweiter hinter Ogier, dem Sieg steht nichts mehr im Wege.

Michael Noir Trawniczek

1:19 Minuten hat der Rückstand von Sébastien Loeb am Ende des ersten Tages der Neuseeland-Rallye betragen – als WM-Leader musste er für seine Konkurrenten den losen Schotter von der Strecke fegen, dazu kam der Lapsus mit der Fahrertür , die er nach einer Feinberührung mit einer Brücke erst mühsam schließen musste. Für den zweiten Tag erhielt Loeb von Citroen den „Vollags-Befehl“, um „vielleicht noch einen Podestplatz“ einzufahren, wie Citroen-Teammanager Sven Smets erklärte. Der sechsfache Weltmeister setzte diese Vorgabe nur allzu gerne um…

Von seiner „Staubsauger“-Funktion befreit gab Loeb an diesem denkwürdigen zweiten Tag der Neuseeland-Rallye vom ersten Meter an Vollgas. Es folgte ein Bestzeitenfeuerwerk, das seinesgleichen sucht. Loeb war auf allen echten Sonderprüfungen mit Abstand am schnellsten unterwegs, lediglich auf der rund vier Kilometer kurzen Zuschauerprüfung „Hampton Downs“, die auf Asphalt ausgetragen wurde, war er jeweils um zwei Zehntelsekunden langsamer als Citroen Junior Sébastien Ogier. Auf den Schotterprüfungen jedoch degradierte er das gesamte Feld zu Statisten.

Loeb knöpfte dem Feld auf SP 12 satte 22 Sekunden ab

Auf der längsten Wertungsprüfung des Tages, der 30,89 Kilometer langen SP „Te Akau Coast“ war er am Vormittag um sagenhafte 22 Sekunden schneller als der Rest, am Nachmittag knöpfte er dem Feld erneut 14,5 Sekunden ab. Und es ist anzunehmen, dass Loeb noch schneller hätte fahren können – denn die Startreihenfolge für den Sonntag wurde nach dem zweiten Durchlauf dieser Prüfung ermittelt. Und da fehlten Loeb nur noch fünf Sekunden auf den Leader Sébastien Ogier…

„Super-Séb“ Loeb wurde seinem Spitznamen an diesem Samstag also auf eindrucksvolle Art und Weise gerecht, er konnte sagenhafte 1:14 Minuten aufholen, die verbliebenen 5,3 Sekunden Rückstand auf Ogier waren nötig, um am Sonntag die noch offenen rund 80 Wertungskilometer nicht als „Straßenfeger“ absolvieren zu müssen. Loeb wird am Sonntag auf den verbleibenden vier Sonderprüfungen die Führung übernehmen und am Ende einmal mehr ganz oben auf dem Siegerpodest stehen. Nach diesem Auftritt in Neuseeland glaubt kaum noch einer, dass der Weltmeister heuer nicht Sébastien Loeb heißen wird…

“Ein unglaubliches Gefühl“

Der Reporter des WRC-Radios stellte den Konkurrenten des Franzosen stets die gleiche Frage: „Was sagst du zu der Performance von Loeb?“ Und stets erntete er verwundertes Kopfschütteln – ein Gemisch aus Respekt und Resignation. Und weil er diese Frage allen stellte, musste auch Loeb selbst sie beantworten. Der Franzose spielte mit und sprach ins Mikrofon: „Ich glaube, er war ganz gut heute, es hätte schlimmer sein können.“

Ganz im Ernst fügt er dann hinzu: „Ich glaube, dass war mein größter Rallyetag, es war unglaublich. Wir sind heute überall Vollgas gefahren, auf jeder Prüfung. Das war wirklich mein bester Tag im Rallyesport. Es ist ein unglaubliches Gefühl, wenn du dermaßen Zeit gutmachst. Wenn du am Vortag einen Fehler machst und dann alles versuchst, um es wieder gut zu machen.“ Dann fügte der „Scherzkeks“ allen Ernstes hinzu: „Ich weiß nicht, was morgen passieren wird – aber ich sollte es wohl in die Punkteränge schaffen.“

“Straßenfeger“ Ogier peilt Platz 2 an

Sébastien Ogier wird die Neuseeland-Rallye wohl auf dem zweiten Platz beenden, da der Dritte, Jari Matti Latvala, bereits 33 Sekunden zurückliegt. Die Frage, ob es eine Teamorder geben werde und ob er die Erlaubnis zum Siegen habe, beantwortete Ogier lachend: „Ich weiß es nicht, aber es wird morgen schwer sein als erstes Fahrzeug auf den Prüfungen.“

Da er für Loeb die Spur freischaufeln muss, wäre Ogier auch ohne Teamorder schwer im Nachteil. Doch um Latvala hinter sich halten zu können, sollten die 33 Sekunden ausreichen. Auch wenn Ogier sagt: „Ein Fehler ist schnell passiert.“ Doch Ogier weiß sehr genau, dass er seine Aufgabe bestens gemeistert hat. Das Citroen Junior Team wollte Neuseeland auslassen, doch Citroen hat Ogier gebraucht, denn nur er kann derzeit diese Aufgabe, für Loeb den „Straßenfeger“ zu spielen, wirklich bewältigen. Es ist immer wahrscheinlicher, dass Ogier im kommenden Jahr die neue Nummer zwei im Werksteam sein wird.

Ford im Rückstand – Hirvonen geknickt

Ford-Werkspilot Jari Matti Latvala ist mit seinem dritten Platz alles andere als zufrieden: „Ich bin enttäuscht. Ich bin so gut gefahren wie ich kann, ich könnte wirklich nicht mehr besser fahren und meine Zeiten waren einfach nicht gut genug.“ Der folgende Satz kann durchaus als ein Weckruf an seinen Arbeitgeber Ford verstanden werden: „Der dritte Platz geht in Ordnung, aber wir müssen etwas tun, wir verlieren zu viel Zeit.“

Unüberhörbar war die Enttäuschung bei seinem Teamkollegen Mikko Hirvonen, der völlig resigniert klang, als er zu Protokoll gab: „Ich hatte am Vormittag ein paar kleinere Fehler drinnen, aber sonst lief es gut.“ Hirvonen liegt als Sechster rund eine Minute zurück – auf den vor ihm auf Platz fünf rangierenden Citroen-Werkspiloten Dani Sordo fehlen ihm sechs Sekunden, auf den auf Platz vier liegenden Citroen-Privatier Petter Solberg müsste er 20 Sekunden gutmachen.

Es ist unübersehbar: Bei Ford ist Feuer auf dem Dach! Das „blaue Oval“ hat zurzeit dem C4 herzlich wenig entgegenzusetzen. Dass er zudem wieder einmal langsamer als Latvala war, dürfte Hirvonen ebenso zusetzen. Selbst als er die Performance von Loeb kommentieren sollte, klang Hirvonen völlig zerknirscht. „Das ist unglaublich, wie schnell er fährt“, kommentierte Hirvonen mit finsterer Stimme. An Ford adressierte er freilich ebenso eine Ermahnung: „Wir haben einfach nicht den nötigen Speed. Ich verstehe es nicht – aber ich kann einfach nicht mehr schneller fahren, das ist klar.“

Petter Solberg zahlte den „Staubsaugerpreis“

Petter Solberg hat an diesem Samstag auf dramatische Art und Weise erlebt, wie schwer das Leben als „Straßenfeger“ ist. Der Führende des ersten Tages beendete den zweiten Tag auf Rang fünf, mit einem Rückstand von 53,5 Sekunden. „Es gibt sehr viel losen Schotter – ich probiere alles, das könnt ihr mir glauben. Ich versuche, die gesamte Fahrbahnbreite zu nützen und noch mehr als das. Ich gebe mein Bestes.“ Auf Latvala, auf einen Podestplatz also fehlen Solberg rund 20 Sekunden. Er glaubt fest daran, dass für den Sonntag eine gute Startposition von Vorteil ist und er noch aufholen kann. Man darf gespannt sein, ob es der Weltmeister von 2003 noch auf das Podium schafft.

Auch der zweite Citroen-Werkspilot Dani Sordo würde dringend einen Podestplatz benötigen, er müsste 14,3 Sekunden aufholen, um Latvala vom Podest zu stoßen. Sordo verspricht: „Bei mir lief es heute nicht so gut – aber ich werde versuchen, gegen Latvala und Petter zu kämpfen.“

Solberg & Minor auf Platz 8

Mit mehr als drei Minuten Rückstand belegt Stobart Ford-Pilot Matthew Wilson Platz sieben. Seinem Teamkollegen Henning Solberg, der wieder von der Österreicherin Ilka Minor navigiert wird, fehlen auf Rang acht liegend bereits mehr als fünf Minuten auf die Spitze. Sein Kommentar sprach Bände, der Norweger sagte lediglich ein knappes: „Es ist okay.“

Ist es natürlich nicht – denn von den neun World Rally Car-Piloten liegt nur Munchi’s Ford-Fahrer Federico Villagra hinter Solberg. Der Argentinier konnte sich immerhin auf den zehnten Platz vorkämpfen und liegt jetzt 16,1 Sekunden hinter Jari Ketomaa, dem Führenden der SWRC im Ford Fiesta S2000. Dessen Markenkollegen Xavier Pons und Martin Prokop belegen weiterhin die Ränge zwei und drei.

Podestchance für Sandell

Red Bull Rallye Team-Pilot Patrik Sandell fehlen im von Raimund Baumschlagers Team betreuten Skoda Fabia S2000 nur noch 18 Sekunden auf einen Podestplatz. Der Schwede verlor am ersten Tag viel Zeit, als aufgrund eines Vogelschlages seine Windschutzscheibe zerbrach. Von hinten allerdings macht Nasser Al-Attiyah Druck – dem Skoda-Piloten fehlen nur sechs Sekunden auf Sandell.

In der PWRC scheint alles entschieden zu sein. Drei Lokalmatadore sind auf dem Weg auf das Siegerpodest. In sicherer Führung liegt Hayden Paddon, mit Emma Gilmour wird eine Frau als Zweite das Podium besteigen, Platz drei wird Kingsley Thompson belegen. Die drei Neuseeländer Crews müssen es nur noch ins Ziel schaffen, sie liegen mehrere Minuten auseinander.

Nur noch 80 SP-Kilometer

Am Sonntagvormittag sind nur noch zweimal zwei Wertungsprüfungen zu insgesamt rund 80 Kilometern zu absolvieren. Um 8.38 Uhr Ortszeit (Samstag 22.38 Uhr MESZ) steigt die 11,18 Kilometer lange SP „Te Hutewai“, danach steht die berühmte, beinahe 30 Kilometer lange SP „Whaanga Coast“ auf dem Programm. Nach dem Service werden die beiden Wertungsprüfungen erneut befahren. Die letzte SP der Neuseeland-Rallye wird um 11.24 Uhr Ortszeit (1.24 Uhr MESZ) in Angriff genommen.



Nach Tag 2 (SP 17)

 1.  Sébastien Ogier     Citroen  3:05:40.4
 2.  Sébastien Loeb      Citroen      + 5.3
 3.  Jari-Matti Latvala  Ford        + 33.2
 4.  Dani Sordo          Citroen     + 47.5
 5.  Petter Solberg      Citroen     + 53.6
 6.  Mikko Hirvonen      Ford      + 1:00.2
 7.  Matthew Wilson      Ford      + 3:04.9
 8.  H.Solberg/I.Minor   Ford      + 5:41.4
 9.  Jari Ketomaa        Ford      + 8:12.7
10.  Federico Villagra   Ford      + 8:28.8

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