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WRC: Finnland-Rallye

Alain Penasse im Gespräch

In einem motorline.cc-Gespräch mit Hyundai WRT-Teammanager Alain Penasse wird klar: Hyundai könnte 2015 die große Überraschung gelingen.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Hyundai Motorsport, noir

Backstage-Bilder aus Finnland

Als das Motorhome des Hyundai World Rally Teams bei der Premiere in Monte Carlo vorgestellt wurde, staunte die Fachwelt nicht schlecht. Mit dem kastenartigen Komplex hat man in punkto Fan-Nähe völlig neue Maßstäbe gesetzt.

Das Publikum, freilich beschränkt auf geladene Gäste, ist im ersten Stock des Motorhomes zu Gast und kann über die Galerie den Mechanikern direkt auf die Finger schauen. Auch bewirtet werden die Gäste - „Hyundai Austria“ steht auf dem Schild, welches einen der großen Tische reserviert.

Denn der österreichische Hyundai-Importeur hat rund 25 Personen, Medien- und Kundenvertreter sowie Mitarbeiter zur Finnland-Rallye geladen. Neben dem Besuch der verschiedenen Sonderprüfungen stand auch ein Gespräch mit Teammanager Alain Penasse auf dem Programm.

Penasse verfügt über weitreichende Erfahrungen im Rallyesport, hat bereits bei Opel, Peugeot und Toyota gearbeitet, derzeit ist der Belgier auch als Promotor der Ypern-Rallye tätig.

Penasse wurde von Hyundai gemeinsam mit Cheftechniker Michel Nandan verpflichtet, denn die beiden haben bereits mehrmals zusammengearbeitet.

Im motorline.cc-Talk spricht Alain Penasse über Gegenwart und Zukunft des Hyundai World Rally Teams, aber auch die allgemeine Lage der Rallye-Weltmeisterschaft ist ein Thema, zu dem Penasse interessante Ansichten beisteuert.

Als Hyundai einstieg, hieß es, der aktuelle Wagen sei nur ein Interimsfahrzeug – das richtige World Rally Car kommt also erst im nächsten Jahr?

Ja, wir haben uns damals dazu entschieden, mit einem Auto loszulegen, das ursprünglich in Korea entwickelt wurde. An diesem Fahrzeug haben wir ein paar Änderungen vorgenommen, um mehr Performance herauszubekommen. Aber es ist auch klar, dass wir einigen Einschränkungen unterliegen – vor allem, was die Zeit anbelangt.

Denn wir mussten innerhalb eines sehr kleinen Zeitraums das Auto und das komplette Team aufbauen. Daher mussten wir bei unseren Änderungswünschen am aktuellen Fahrzeug Prioritäten setzen. Wir konnten nicht alle Änderungen vornehmen und wussten, dass ein paar Dinge nicht perfekt waren. Der Motor beispielsweise – wir wissen, dass wir zu wenig Power haben. Aber okay, die Entwicklung eines Motors benötigt sehr viel Zeit, die wir einfach nicht hatten.

Die WM-Teams unterliegen einer Testrestriktion, allerdings bezieht sich das auf die aktuellen Fahrzeuge – dürfen Sie mit dem neuen Auto uneingeschränkt Testfahrten abhalten?

Ja. Wir haben bei unserem neuen Fahrzeug die Möglichkeit, es ohne Einschränkungen frei zu testen. Das beeinflusst die limitierte Testarbeit mit dem aktuellen Auto also nicht wirklich.

Klingt nach einer guten Strategie…

Ja, das ist ein guter Deal. Wir können mit dem Team 42 Testtage im Jahr absolvieren. Das reicht aus, um die nötigen Testfahrten auf einem professionellen Level abzuhalten.

Doch diese 42 Testtage beziehen sich nur auf das aktuelle Fahrzeug, nicht wahr?

Ja.

Mit dem neuen Auto können Sie testen, so viel Sie wollen – das ist dann wahrscheinlich auch der Grund, warum Sie so viele Fahrer engagiert haben…

(lacht) Ja, wir brauchen viele Fahrer. Wir haben die Rallyes, die 42 Testtage und die Tests mit dem neuen Auto. Dazu kommen verschiedene PR-Events – da gibt es also sehr viel zu tun. Daher brauchen wir noch weitere Fahrer, wenn wir das neue Auto möglichst oft aus der Garage herausholen wollen.

Volkswagen unterliegt der Testeinschränkung – Sie können das neue Auto für 2015 uneingeschränkt testen und erhalten laufend neue Daten von den aktuellen Rallyes. Ist es denkbar, dass Sie 2015 beim WM-Auftakt in Monte Carlo mit dem neuen Auto für die große Überraschung sorgen?

Ich glaube nicht, dass wir den neuen Wagen schon in Monte Carlo einsetzen werden. Dort werden wir wohl noch mit dem aktuellen Fahrzeug antreten. Aber okay, Überraschungen sind immer möglich im Rallyesport, oft ändern sich die Konditionen – wie es in Monte Carlo auch heuer der Fall war.

Niemand hat erwartet, dass wir bei der Monte nach dem ersten Service auf dem dritten Gesamtrang liegen werden. Das war also bereits eine Überraschung – so etwas ist im Rallyesport immer möglich. Das macht diesen Sport auch so sympathisch.

Werden Sie mit dem neuen Fahrzeug auch Kunden versorgen respektive sind auch R5- oder andere Varianten geplant?

Wir denken darüber nach, doch bislang gab es diesbezüglich noch keine Entscheidungen. Wir haben natürlich die geschäftlichen Möglichkeiten erkannt, die sich mit R5 oder auch R2-Versionen erzielen lassen. Auch vom Marketing her ist es sehr wichtig, Kundenautos zu haben. Sodass du in jedem Land ein paar deiner Fahrzeuge im Einsatz sehen kannst.

Derzeit jedoch macht es für uns mehr Sinn, uns auf den Einsatz in der WRC zu konzentrieren und diese Einsätze auch in den Medien, im Internet zu präsentieren – aber hier ist man natürlich auf lokale Märkte beschränkt, daher ist es gut, etwas für Kunden bereitzustellen.

Doch kurzfristig ist es unser Ziel, unser WRC-Team für nächstes Jahr bestmöglich aufzustellen. Der nächste Schritt wäre dann, über mögliche Kundeneinsätze und über die Entwicklung eines R5- und eines R2-Autos nachzudenken.

Derzeit gibt es Gerüchte hinsichtlich des Regelwerks ab 2017 – es heißt, dass man auf Fahrzeuge des D-Segments wechseln wolle…

Beim Meeting der technischen Arbeitsgruppe der FIA hat niemand darüber gesprochen – selbst die Techniker wissen also nicht, woher dieses Gerücht stammt. Vielleicht hat irgendjemand einem Journalisten gesagt: ‚Wäre es nicht schön, auf Autos des D-Segments zu wechseln?‘.

Doch in Wahrheit wäre das eine komplett falsche Entscheidung. Wir wollen sportliche Fahrzeuge auf der Rallyepiste sehen – aber wenn du zum Beispiel den Mercedes 500 ansiehst, der hat für mich nichts mit einem Rallyeauto zu tun, der sieht vielmehr aus wie ein Taxi.

Sind für die Zukunft auch im Rallyesport Hybrid-Systeme geplant?

Hybrid-Systeme können schon mal zu brennen beginnen – und wenn das im Wald passiert, dann brennt der Wald zwei Wochen lang.

Sollen die Autos künftig wieder mehr PS haben, sodass die guten Fahrer wieder mehr Möglichkeiten erhalten, ihr Fahrkönnen einzusetzen?

Ich denke, dass sich die guten Fahrer immer durchsetzen werden – mit mehr oder weniger Power.

Der Look der aktuellen Fahrzeuge ist nicht gerade spektakulär. Walter Röhrl meinte unlängst auf meine Frage, wie künftige World Rally Cars aussehen könnten, dass man wieder richtige Sportwägen einsetzen solle, die auch wie Sportwägen aussehen. Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema?

Ich denke, dass jeder zustimmen wird, dass wir die Autos wieder attraktiver gestalten müssen. Ein größerer Spoiler am Heck, etwas mehr Fahrzeugbreite – das wäre schön, wenn wir das haben könnten. Das aktuelle Reglement sieht das nicht vor, aber in der Zukunft wäre das ein guter Weg, um auch die Fans zu erfreuen.

Mit einem R2-Auto können Sie Ihre Großmutter zum Supermarkt fahren lassen, keinem würde es auffallen.

Ja, aber mit der früheren Gruppe 1 war es das Gleiche. Der Ford Escort RS2000 – mit dem konnte man ebenfalls zum Supermarkt fahren, und am Wochenende konnte man mit dem gleichen Fahrzeug eine Rallye bestreiten. Wenn man mit Piloten wie Walter Röhrl spricht, kommt stets Nostalgie auf - und immer waren die alten Tage besser.

Wie zufrieden sind Sie mit der Medienpräsenz der Rallye-Weltmeisterschaft?

Das Gute am Rallyesport ist, dass er – im Gegensatz zur Formel 1 – die Nähe zu den Menschen zulässt und auch sucht. Wir kommen in jene Dörfer, wo die Menschen leben. Die Menschen haben engen Kontakt zu den Piloten – es ist leicht, mit einem Rallyepiloten ein Gespräch zu führen. Du gehst einfach in den Wald, wo Fahrer und Beifahrer die Reifen wechseln und sprichst sie an. In der Formel 1 ist so etwas völlig unmöglich.

Es ist auch klar, dass es viel leichter und auch günstiger ist, einen TV-Bericht von einem Rundstreckenrennen herzustellen als das bei einer Rallye der Fall ist. Du kannst von einer Rallye sehr schöne Fernsehbilder erzeugen, aber du benötigst so viele Mitarbeiter, du brauchst Helikopter, du musst die Sonderprüfungen vorher besichtigen – eine gute Produktion kostet also eine schöne Stange Geld.

Wir sind Rallyefreaks, wir lieben diesen Sport – aber für den normalen Sportfan ist es schwer zu verstehen, dass hier nicht nur ein Auto allein durch den Wald fährt, sondern er auch in Konkurrenz zu den anderen Piloten steht. Aber ich denke, das ist eben der einzige Schwachpunkt des Rallyesports, dass er medial nicht so einfach zu transportieren ist.

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