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Zwei blaue Stunden in Brünn

Freude bei Jetalliance Racing, Drama für die anderen Österreicher im FIA-GT-Rennen von Brünn: Wendlinger/Sharp souverän und unantastbar.

Johannes.Gauglica@motorline.cc

Das morgentliche Warm-up erfüllte diesmal seinen Zweck: bittere Kälte bei an sich strahlendem Spätsommerwetter, später dann etwas bedrohliche graue Wolken. Gigawave Racing zeigte sich von der Kühle des Morgens beflügelt, mit 44 Hundertsteln Vorsprung auf die Konkurrenz drehte man die schnellste Runde:

Bernhard Auinger bereitete sich auf einen harten Arbeitstag vor, der Saleen S7-R gab dem Team im Warm-up einiges zu lösen auf: zwei tadellose Runden – mit die ersten an diesem Wochenende – dann ein „Patschen“, und wieder Schrauberei. Es kam für ihn jedoch noch schlimmer.

Schrott in Runde 1

Fiasko gleich am Start für Gigawave und B-Racing: Eine unklare Situation an der Spitze des Feldes (optimistischer Start von Alex Müller, beim nächsten Rennen darf das Auto Nr. 36 fünf Plätze weiter hinten starten) löste eine Kettenreaktion aus, die einige Opfer forderte. Die Corvette Nr. 6 von Mike Hezemans, Zweiter am Grid, drehte sich und geriet mit dem Gigawave-Aston von Allan Simonsen zusammen.

O-Ton Philipp Peter: „„Mein Teamkollege wurde von einem anderen Fahrzeug getroffen, und das Rennen war leider zu Ende, noch ehe es richtig begonnen hatte. Für uns ist das natürlich sehr bitter, denn wie unsere Bestzeit im Warmup bewiesen hat, war das Auto wirklich schnell und ein Platz auf dem Podium wäre durchaus möglich gewesen.“

Simonsen kollidierte wiederum mit dem B-Racing-Auto, das Andrea Piccini startete. Der Saleen blieb stehen, der Aston quälte sich mit einem Reifenschaden um den Kurs. Damit waren Philipp Peters Aussichten auf ein Topresultat empfindlich beschädigt. Bernhard Auinger konnte seine Hoffnungen, endlich mit ein paar schnellen Runden sein Potential zeigen zu können, komplett abschreiben.

Der Zwischenfall kostete einigen weiteren Autos das Rennen, so zum Beispiel dem schnellsten GT2-Auto, dem Ferrari von Dirk Müller („da war nichts mehr, was ich hätte tun können, um auszuweichen“), oder auch dem viertschnellsten GT1-Qualifyer, dem Saleen von Anthony Kumpen und Bert Longin. Der Maserati Nr. 2 ging einer Tür verlustig, das musste repariert werden…. – Baustellen reihum!

Formationsflug

Die von Platz 2 gestartete Mannschaft Mike Hezemans/Fabrizio Gollin hatte zu diesem Zeitpunkt noch eine kleine Chance auf den Titel. Aber die Corvette Nr. 6 musste nach 8 Runden mit Unfallschaden endgültig zum Service an die Box. Entscheidung um Platz 2 in der Meisterschaft? Das Team verarztete die Corvette wieder halbwegs.

All die Verwirrung erlaubte mittlerweile dem entschlossen durchgestarteten Alex Müller den Aufstieg auf Platz 2, eine ideale Situation. Er machte ab da Wendlinger die Mauer. Und das sehr kompetent, denn Corvette-Pilot Marcel Fässler biss sich am Deutschen im blauen DBR9 die längste Zeit die Zähne aus.

Der Schweizer bemühte sich nach Kräften, einen Weg an Alex Müller vorbeizufinden. Nach einer halben Stunde hatte Wendlinger einen Vorsprung von 15 Sekunden.

Nach 43 Minuten übernahm Ryan Sharp das mittlerweile quasi komfortabel führende Auto. Der Maserati Nr. 1 von Andrea Bertolini und Michael Bartels etablierte sich sich auf Position 6. Und Bouchut in der führenden SRT-Corvette drehte noch eine Runde mehr, und noch eine, und noch eine…

Krieg der Strategen

Der Franzose legte weiterhin die schnellsten Zeiten hin, um sich für den letzten Stop einen ausreichenden Vorsprung zu herauszufahren. Ganze vier Minuten vor dem Ende des Rennens dann der Fahrerwechsel und ein kleiner Schluck Sprit – aber es reichte nicht! Karl Wendlinger zog wieder vorbei und holte sich den Sieg in Brünn, als Krönung eines perfekten Wochenendes.

Mit Alex Müller und Lukas Lichtner-Hoyer auf Platz 5 gelingt den Niederösterreichern damit wieder ein nahezu ideales Rennwochenende. In der vorletzten Kurve fiel die Entscheidung um Platz 2: Hezemans ging („ich habe mir gedacht, das könnte sich ausgehen, und so wars!“) an Maassen vorbei, das „Unfallopfer“ vom Start holt damit Platz 2.


Karl Wendlingers Statement nach dem Sieg: „Ich habe heute wirklich ein tolles Auto zur Verfügung gehabt – vielen Dank an das Team. Mein Aston Martin war bei beiden Stints total konstant. So konnte ich auch eine sehr gute Pace fahren. Für mich war das Wochenende sehr sehr erfreulich – Bestzeit im Pre-Qualifying, dann noch die Pole und jetzt der Sieg – einfach super. Ich freu’ mich wirklich sehr!“

Ryan Sharp sieht das natürlich ähnlich: „Die ersten paar Runden meines Stints waren sehr gut. Dann habe ich ein Teil von einem Reifen erwischt, hatte in der Folge unglaubliches Untersteuern. Das war dann sehr anstrengend. Aber am Ende ist alles gut gegangen.“

Teameigner Lukas Lichtner-Hoyer: „Wenn wir ins Ziel kommen, gewinnen wir – so ist das heuer. Ich bin total happy. Ich persönlich hatte heute einige Probleme. Ich bin noch nie mit 70 Kilo und einem vollen Tank gefahren. Da ist das Fahrverhalten des Autos ein ganz anderes. Daran musste ich mich erst gewöhnen. Aber am Ende meines Stints war’s dann wieder in Ordnung.“

Alex Müller: „Wir wollten wieder in die Punkte – und das haben wir geschafft. Das Zusatzgewicht hat sich hier in Brünn schon sehr bemerkbar gemacht. Aber ich glaube, wir haben fast das Optimum herausgeholt.“

Ordentlich motiviert war Wolfgang Kaufmann in der AT-Racing-Corvette mit den reglementbedingt ungeeigneten Reifen, er war phasenweise auf Platz 9 unterwegs, der zweite Reifensatz war dann aber ein Missgriff. Die 19. Position war es am Schluss für Kaufmann/Talkanitsa.

GT2: „leider nein“ für Porsche

Bei den GT2 deutete sich im Training ein härteres Match Ferrari gg. Porsche an als zuletzt gesehen. Werksfahrer Richard Westbrook im 997er von Trackspeed setzte Ferrari-Gastfahrer Dirk Müller anständig unter Druck, zwei Zehntel entschieden zugunsten des deutschen Ex-Champions, er heuer in Amerika fährt.

Der Ausfall von Müller/Kirkaldy in Runde 1 bedeutete einen Gegner weniger für Emmanuel Collard und Richard Westbrook im Porsche 997, Collard nutzte die Verwirrung in Kurve 1 und führte in seinem Turn die Klasse.

Nach dem ersten Stop auf Platz 2 zurückgefallen, blieb Richard Westbrook dennoch in direkter Schlagdistanz zum F430 der Meisterschafts-Leader Bruni/Vilander. Knapp nach Halbzeit aber der Ausfall: Ein Wrackteil der unseligen Startkollision beleidigte einen Kühler, die Folge war ein Motorschaden.

Toni Vilander und Gimmi Bruni kontrollierten ab da das Rennen. Dahinter das Überraschungs-Team: mit K&K Motorsport war eine tschechische Crew auf Podium-Kurs. Homeboy Jiri Janak und der Deutsche Tim Bergmeister lagen sicher auf Rang 2 der „kleinen“ Klasse.

Dieses Team mit großer Streckenkenntnis in Brno dehnte genau wie SRT den Mittelturn lange aus und wechselte erst knapp 25 Minuten vor Schluss den Fahrer – und sparte sich den Reifenwechsel.

GT3: Mensch Meir!

Im GT3-Rennen gab es wie immer viel Turbulenz, einigen Schrott und tolle Positionskämpfe. Sascha Bert und sein österreichischer Teampartner Alois Meir in der Corvette fighteten um den Sieg. Das deutsch-österreichische Duo durfte sich am Schluss über Platz 3 freuen.

für den Histo-F1-Fahrer Ingo Gerstl im Ascari lief der Lauf weniger gut. Anfangs weit zurückgefallen, lief das Auto am 24. Rang ein. Dominik Kraihamer holte im S-Berg-Lamborghini den 16. Platz.

GT4: Hauen, Stechen, Kratzen, Spucken,…

Großartige Action boten wie immer die angeblich Kleinsten in der FIA-GT-Package. Jetalliance Racing hatte vor diesem Meeting noch Aussichten auf den EM-Titel, die sich aber – gelinde gesagt - nicht unbedingt verbesserten.

Alex Buncombe im Nissan 350Z hatte die Pole Position für alle drei Rennen, seine Siegbilanz am Schluss war jedoch ein glatter Nuller. Nach dem samstäglichen 2. Platz gab es zweimal Ausrutscher für den Briten, einmal profitierte Eric de Doncker im Ford Mustang, das andere Mal Guido Kenis im BMW.

Im dritten Rennen zeigten Nikolaus Mayr-Melnhof und Klaus Engelhorn gute Leistungen; Mayr-Melnhof leistete jedoch einer Durchfahrtsstrafe nicht Folge – schwarzes Tuch, Rennen vorbei! De Doncker im Mustang hat damit in der Meisterschaft einen mehr als komfortablen Vorsprung.

Und mittendrin in einer fulminanten Auftakt-Saison die KTM X-Bow. Der zweisitzige Roadster ist das seriennaheste Fahrzeug im ganzen GT-Zirkus, muss auf steinharten Rasentraktor-Reifen mit Profil seine Runden ziehen; dennoch sieht in der GT4-Lights-Klasse die Konkurrenz von Lotus, Donkervoort & Co. gegen die junge KTM-Crew kein Land.

Christopher Haase und Dennis Retera gewannen ihre Läufe (die beiden wechseln sich ja in einem KTM X-bow ab), Cathi Felser wurde zweimal Zweite.

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