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WEC: Silverstone

Neues Qualifying: Gefährliche Show?

Der neue Qualifying-Modus in der WEC im Fokus: Piloten fürchten große Gefahren bei der Zeitenjagd. Wurz hat Ideen zur Verbesserung.

Beim Auftakt der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) am vergangenen Wochenende in Silverstone wurden die Startplätze erstmals nach dem neuen Modus in der Qualifikation ermittelt. Im Rahmen der Zeitenjagd müssen pro Auto jeweils zwei Piloten zwei schnelle Runden drehen. Der Durchschnitt der insgesamt vier erzielten Rundenzeiten bildet schließlich die Grundlage für die Sortierung des Starterfeldes. Mit dem neuen Modus wollten die Organisatoren für mehr Fahrbetrieb sorgen.

Dieses Ziel wird mit dem neuen System zweifellos erreicht. Allerdings gibt es auch Schattenseiten - angesehen von den Software-Problemen, die in Silverstone für erhebliche Verzögerungen sorgten. "Es wird viel gefahren. Man steht nicht nur in der Garage und fährt dann eine schnelle Runde, wie es in der Formel 1 ist. Das ist gut", sagt Sebastien Buemi. "Aber ganz ehrlich: Ich finde es ein bisschen zu kompliziert. Für die Fans ist es schwierig zu verstehen."

Die Zuschauer sehen auf der Strecke zwar viele Autos, können aber im Verlauf des 20-minütigen Zeittrainings kaum einschätzen, wer auf Pole-Kurs ist und wer nicht. "Aus Fahrersicht kann ich sagen, dass richtig Action drin ist. Es ist Teamarbeit in einem ganz kleinen Zeitkorridor. Da dürfen keine Fehler passieren. Das ist nicht schlecht", erklärt Stephane Sarrazin. "Ich persönlich denke aber, dass wir eher an die Fans denken sollten als an uns selbst. Und für die Fans ist der neue Modus zu kompliziert."

Für die Fans: Zu kompliziert

"Ich finde es verwirrend für Fans und Fahrer. Der schnellste Pilot im Qualifying sollte auf Pole stehen", meint Porsche-Werkspilot Timo Bernhard. "Ich finde das neue System nicht gut. Und ich finde es gefährlich. Man muss jederzeit Vollgas geben, sonst geht es sich mit zwei Fahrern und jeweils zwei schnellen Runden nicht aus. Man hat sich für den falschen Modus entschieden", sagt Nicolas Lapierre. "Es ist für Piloten nicht gut, aus Gründen der Sicherheit nicht und für die Übersicht der Fans schon mal gar nicht. Das versteht doch kein Mensch."

Die Sicherheitsbedenken werden von mehreren Fahrern aus dem WEC-Starterfeld geäußert. "Die Sorgen aus Sicht der Fahrer kann ich nachvollziehen. Es gibt keine Zeit mehr, um im Verkehr vorsichtig zu agieren. Man muss mit Mumm durchziehen.

Da ist enormer Druck dabei - das stimmt schon", erklärt Toyota-Technikchef Pascal Vasselon, der eigentlich ein Befürworter des neuen Formates ist. "Motorsport is dangerous - diesen Spruch kennt jeder. Aber so ist es eben. Die Piloten müssen eben auch unter höchstem Druck alles richtig machen", erklärt der Franzose.

Für die Teams: Zu gefährlich

"Das Risiko ist dramatisch hoch. Ich frage mich, wofür. Der Zuschauer tut sich mit dem neuen System ohnehin schwer", legt Alexander Wurz seine Meinung klar dar. "Das ist gefährlich und man darf nicht vergessen, dass viele Teams finanziell nicht auf Rosen gebettet sind. Wenn sich da einer die Nase abfährt oder in der Leitschiene landet, dann ist das ein harter Schlag finanzieller Art." In Silverstone blieben große Schäden aus, was aber auch an wechselhaften Bedingungen lag.

"Warum sagen wir nicht, dass wir jeweils fünf Minuten fahren - ein Fahrer, eine Runde. Erst LMP1, dann LMP2, dann wieder LMP1 mit dem zweiten Fahrer und schließlich wieder LMP2. Dann ist genügend Zeit für Fahrerwechsel und genug Platz auf der Strecke. So würde man die Gefahr herausbekommen", schlägt Wurz eine Alternative vor. "Das wäre eine Art 'Power-Qualifying', das sicherlich sehr spannend wäre. Single-Lap-Qualifying ist cool, da ist der Druck auf den Fahrern extrem hoch."

"Ich fände es auch besser, wenn man es splitten würde. Ein Fahrer fährt zwei schnelle Runden, dann eine kurze Pause und anschließend der zweite Pilot. Das wäre auch für das Fernsehen ein interessantes Format", stimmt Rebellion-Pilot Nick Heidfeld zu. Ob sich die WEC-Verantwortlichen auf diesen Vorschlag einlassen werden, ist fraglich. "Neues ist oft gut, aber in diesem Fall glaube ich nicht, dass es eine große Zukunft hat", meint Buemi. Sein Toyota-Kollege Sarrazin nickt: "Vielleicht sollten wir einfach wieder zum alten Modus zurückgehen."

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