
Rallye-WM: Deutschland | 20.08.2011
Dramatischer Samstagnachmittag voller Emotionen
Drama auf der Panzerplatte: Nach einem Plattfuß verliert Loeb die Führung an Ogier, Sordo immer noch Dritter. Solberg & Minor auf Platz acht.
Michael Noir Trawniczek
Sébastien Ogier wurde von seinen Citroen-Bossen wohl gesagt, dass er die zweite Position hinter seinem Teamkollegen Sébastien Loeb halten soll – doch das hat den ehrgeizigen Franzosen nicht daran gehindert, gleich auf der ersten Prüfung des Samstagnachmittags eine weitere Bestzeit zu markieren und somit den Rückstand auf Loeb auf nur noch 1,3 Sekunden zu reduzieren.
Ogier gab nach SP 11 erfreut zu Protokoll: „Ich hatte einen sauberen Lauf – die Strecke war auch sauberer als am Vormittag.“ Loeb, der auf SP 11 lediglich Platz vier belegte, hingegen monierte: „Wir sind in einer Position, in der es dumm ist, zu kämpfen – wir führen mit zwei Minuten Vorsprung. Wir nehmen keine Risiken auf uns und das ist okay für uns.“
Warum auch immer, auf den Prüfungen 12 und 13 sah sich Loeb dann offenbar doch gezwungen, jeweils die schnellste Zeit zu markieren. Doch Ogier war immer nur unwesentlich langsamer als sein Teamkollege – vor der finalen Prüfung des Samstags, der SP „Panzerplatte“, trennten die beiden Citroen-Werkspiloten lediglich 3,8 Sekunden.
Nachdem zuvor auf SP 12 mit Kris Meeke, Petter Solberg und Jari Matti Latvala gleich drei der Hauptakteure von einem Reifenschaden heimgesucht wurden, passierte auf der berüchtigten „Panzerplatte“ das Undenkbare: Der auf „Nummer sicher“ fahrende Loeb wurde ebenfalls von einem Plattfuß heimgesucht – der Serienweltmeister, seit 2002 auf deutschem Boden ungeschlagen, verlor auf der letzten Prüfung mehr als eine Minute und damit auch die Führung an seinen Teamkollegen Ogier.
Immerhin: Das betroffene linke Vorderrad war im Ziel der SP noch intakt, sodass Loeb und sein Co-Pilot Daniel Elena vor der Verbindungsstrecke ins Service den Reifen wechseln konnten.
Loeb war dementsprechend verstimmt und erklärte Achsel zuckend: „Ich weiß nicht, wo es passiert ist – da waren ein paar Steine. Ich wollte es easy nehmen, aber was soll ich sagen?“ Ob die aggressive Herangehensweise seines Teamkollegen der Auslöser war? Loeb verneinte: „Es ist nicht die Schuld von Ogier.“
Der angesprochene Stallkollege markierte die Bestzeit auf der letzten Prüfung und führt vor der letzten Etappe der Deutschland-Rallye mit einem klaren Vorsprung von 1:11 Minuten auf seinen Teamkollegen.
Zunächst erklärte Ogier noch: „Ich möchte das sicher nicht feiern, wenn mein Teamkollege ein Problem hat.“ Dann relativierte er: „Aber über eine Minute Vorsprung – da freue ich mich schon darüber.“ Und schließlich konnte sich Ogier nicht verkneifen, folgenden Satz von sich zu geben: „Ich möchte die Rallye gewinnen – aber wer weiß? Vielleicht muss ich ja Platz zwei belegen?“
Wie auch immer – die beiden Citroen-Piloten führen trotz allem unangefochten – lediglich die Reihung ist nun eine andere. Der Vernunft wegen müsste Citroen jetzt eigentlich Ogier auf Sieg spielen…
Mini-Pilot Sordo immer noch Dritter
Mit einem strahlenden Gesicht fuhr Dani Sordo über die Ziellinie der letzten Prüfung – der Mini-Werkspilot konnte dem Druck von Ford-Werkspilot Mikko Hirvonen standhalten und seinen dritten Gesamtrang verteidigen.
Der Spanier gab sich maximal motiviert und machte klar, dass er den Podiumsplatz auch am Sonntag mit dem Messer zwischen den Zähnen verteidigen möchte. Sordo appellierte: „Wir müssen so hart es geht attackieren.“
Für Mini wäre der dritte Platz ein Meilenstein in der kurzen WRC-Geschichte des Werksteams. Prodrive wollte in Deutschland die wahre Pace des John Cooper Works Mini WRC demonstrieren – bislang ist das bestens gelungen…
Der geschlagene Ford-Pilot Mikko Hirvonen gab sich im Zielraum der letzten Prüfung recht kleinlaut und verwies darauf, dass man „morgen weiter sehen“ werde. Vor den noch ausstehenden 76,3 Wertungskilometern fehlen Hirvonen 33,1 Sekunden auf den dritten Platz…
49,9 Sekunden hinter dem Ford-Werkspiloten belegt Kris Meeke den guten fünften Gesamtrang, er rundet damit das beeindruckende Zwischenergebnis des Mini-Werksteams ab. Hinzu kommt, dass Meeke wie erwähnt auf SP 12 von einem Reifenschaden heimgesucht wurde.
Das gleiche Schicksal ereilte Petter Solberg bereits auf SP 12 – doch der Pechvogel musste auf der „Panzerplatte“ einen weiteren Plattfuß hinnehmen. Der sechste Gesamtrang ist unter diesen Umständen gar nicht schlecht – und auf Meeke fehlen Solberg lediglich 9,1 Sekunden.
Solberg & Minor kämpfen um Platz sieben
Bruder Henning Solberg und Co-Pilotin Ilka Minor sind immer noch in einen engen Fight um Platz sieben involviert: Zwar belegt diesen am Ende des zweites Tages Kimi Räikkönen (Dreher auf SP 11), doch Solberg und Minor liegen nur 6,2 Sekunden hinter dem Ice 1-Piloten.
Dabei verlief der Samstagnachmittag für Solberg und Minor nicht ohne Zwischenfälle: Der Stobart Ford-Pilot beendete SP 12 mit einer losen Lenksäule, nach der letzten Prüfung war der rechte vordere Dämpfer gebrochen.
Das norwegisch-österreichische Duo profitierte zudem von einem Reifenschaden am FERM Ford Fiesta von Dennis Kuipers, der zuvor glänzen und beispielsweise auf SP 13 mit der fünftschnellsten Zeit auf sich aufmerksam machen konnte.
Henning Solberg zeigte Mitgefühl: „Es tut mir leid für Kuipers – aber was soll man tun? So ist der Rallyesport. Wir müssen jetzt weiter Gas geben.“
Von hinten droht mittlerweile keine Gefahr mehr – Latvala, der zunächst eine erfolgreiche Aufholjagd startete, erlebte einen weiteren problematischen Samstagnachmittag und weist mittlerweile einen Gesamtrückstand von mehr als 16 Minuten auf…
Platz neun belegt somit der private Mini-Pilot Armindo Araujo – der zweifache PWRC-Weltmeister muss diesen Platz nur noch verwalten, weder kann er Solberg einholen, noch wird er von hinten bedroht. Denn der abgerutschte Dennis Kuipers liegt als Zehnter eine Minute hinter Araujo zurück.
SWRC: Klare Führung für Tänak
In der SWRC führt weiterhin Ott Tänak – der zweitplatzierte Nasser Al-Attiyah liegt bereits mehr als vier Minuten zurück. Karl Kruuda belegt mit 6:44 Minuten Rückstand Rang drei.
Red Bull Skoda-Pilot Juho Hänninen konnte sich immerhin auf den vierten Rag vorarbeiten, doch auf einen Podiumsplatz fehlen mehr als fünf Minuten – aus eigener Kraft heraus kann der Finne also nicht aufs „Stockerl“ fahren. Sein Teamkollege Hermann Gassner junior liegt mit 32 Minuten Rückstand auf Rang acht.
Am Sonntag sind noch 76,3 Wertungskilometer zu absolvieren, es stehen vier Sonderprüfungen und die abschließende Powerstage auf dem Programm.
Nach Tag 2 (SP 14)
1. Sébastien Ogier Citroen 2:44:43.2 2. Sébastien Loeb Citroen + 1:11.3 3. Dani Sordo Mini + 2:10.2 4. Mikko Hirvonen Ford + 2:43.3 5. Kris Meeke Mini + 3:33.2 6. Petter Solberg PSWRT Citroen + 3:42.3 7. Kimi Räikkönen Ice 1 Citroen + 5:53.2 8. H.Solberg/I.Minor Stobart Ford + 5:59.4 9. Armindo Araujo Italia Mini + 7:51.6 10. Dennis Kuipers FERM Ford + 8:52.5