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ARC: Kärnten-Rallye

M1-Masters schreibt Rallyegeschichte

Zehn Teams am Start, drei in den Top 10, ein Podiumsplatz sowie eine sensationelle Gesamtbestzeit – die Initiatoren sind begeistert.

Foto: Harald Illmer

Der "Testballon", als der das laufende Premierenjahr des neuen M1-Rallye-Masters gerne bildlich dargestellt wird, hat sich bei seinem zweiten Lauf in Althofen plötzlich und unerwartet als ein Feuerwerk erster Güteklasse erwiesen. M1-Rallye-Masters-Initiator Günther Knobloch wurde von seinem zweiten Gesamtrang ebenso überrascht wie Quereinsteiger Andi Wittmann mit Platz vier bei seiner erst zweiten Rallye. Mit dem zehnten Platz von Subaru-Pilot Gerald Bachler landeten gleich drei M1-Serienfahrzeuge in den Top 10 dieser ARC-Rallye; insgesamt waren in Kärnten sagenhafte zehn M1-Teams am Start.

Außerdem im Rampenlicht standen Ex-PWRC-Gesamtsieger Andi Aigner im neu aufgebauten BMW 650i sowie Kärntens "Nationalheld" Alfred Kramer in einem M1-Evo-IX. Auch wenn die beiden nicht das Ziel in Althofen gesehen haben – die neuen Seriennahen wurden zweifellos mit Leben erfüllt. "Ich erhalte von den Fans durch die Bank ein positives Feedback, das Interesse an unseren M1-Fahrzeugen ist sehr groß. Der Zuspruch im Rallyeumfeld ist wichtig, das ist die beste Entschädigung für die sehr aufwändige organisatorische Arbeit. Es ist aber auch eine wichtige Bestätigung dafür, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben", gibt Knobloch zum Werdegang des von ihm initiierten M1-Rallye-Masters zu Protokoll.

Bestätigung fand er schon vor der Kärnten-Rallye durch die hohe Anzahl von M1-Teams auf der Nennliste des dritten Laufs zur Austrian Rallye Challenge. Schließlich nahmen in Kärnten bereits zehn M1-Boliden die Rallye unter die Räder, beim Auftakt im Lavanttal waren es erst drei gewesen. Knobloch: "Unsere sich rasant vergrößernde M1-Familie bietet auch schon jene Vielfalt und Farbenpracht, die sich in den kommenden Jahren – wenn es erst mal eine längerfristige Planungssicherheit betreffend dem Reglement gibt – sicher noch vervielfachen wird. Schon jetzt haben wir zwei V8-Aggregate, einen V6 und zwei Audis, die man sonst in der Form nicht auf Rallyepfaden sehen würde. Besonders überraschend war für mich auch, dass wir schon nach so kurzer Zeit mehr nicht FIA-homologierte als homologierte Fahrzeuge am Start hatten, natürlich auch dank der zwei nationalen GT-Autos."

Im Vorjahr konnte der ehemalige Motorradrennfahrer mit einem Gruppe-N-Evo-IX den Gesamtsieg in Kärnten feiern und damit seinen 2014 am gleichen Ort erfolgten Quereinstieg krönen. Diesen Vorjahressieg im heuer eingesetzten M1-Serien-Evo-IX zu verteidigen, kam dem Steirer im Vorfeld der Rallye zu keinem Zeitpunkt in den Sinn – ein Top-5-Ergebnis stand aber dennoch auf dem Wunschzettel des Grazers. Was dann gekommen ist, hat auch Knobloch erstaunt: Nachdem er am Vormittag immer schneller wurde und nach einer drittbesten noch eine zweitschnellste Gesamtzeit markierte, schien es offenbar am Nachmittag an der Zeit, sich mit der ersten Gesamtbestzeit eines M1-Autos in die Geschichtsbücher des österreichischen Rallyesports einzutragen.

Vor den Prüfungen 7 und 8 war Knobloch schließlich einer der drei Hauptdarsteller im "Krimi von Althofen", denn ausgerechnet ein 2WD- und ein M1-Fahrzeug machten Jagd auf den nach SP 3 noch mit 25 Sekunden Vorsprung führenden, PS-starken Allrad-Subaru von Daniel Fischer. Als sich Knobloch anschickte, sich für das letzte "Ringerl" – für den alles entscheidenden Showdown über immerhin noch 24,3 SP-Kilometer, mit den Top 3 innerhalb von sieben Sekunden – startklar zu machen, kam aus dem Off sinngemäß jene Frage, die sich der hohen Sportpolitik widmet.

Man muss diese Frage eigentlich gar nicht kennen, war es doch einzig die Antwort, die Bände sprach: "Die Strategie wird im 'Race Mode' meistens relativiert, am Ende des Tages wollen alle Rennfahrer das bestmögliche Ergebnis einfahren." Mit dem wieder einsetzenden Regen war das im Falle von Günther Knobloch letztendlich das Vorpreschen auf den zweiten Gesamtrang, der deutlich machte, dass auch mit seriennahen Fahrzeugen ein im Rallyesport manchmal übersehener Faktor das Ergebnis wesentlich beeinflusst: Die sportliche Performance von Piloten und Co-Piloten – in diesem Fall Jürgen Rausch, als bester Kärntner unter dem Zielbogen frenetisch beklatscht.

Mit seiner "bärtig gewordenen Elke" (gemeint war damit der in Althofen eingesetzte Co-Pilot Marco Hubler) auf dem heißen Sitz nahm Andi Wittmann seine erst zweite Rallye gutgelaunt in Angriff. Bei der turbulenten Premiere im Lavanttal wurde er von der erwähnten Elke Aigner professionell durch Schlamm und Morast gelotst. In Althofen lief es für Wittmann und Hubler bis zur sechsten Prüfung beinahe verdächtig ruhig: "Ich konnte bereits sehr rund fahren, und es war bis dahin alles 'easy', man gewöhnt sich recht schnell an gewisse Dinge." Dass es für den Mountainbikeabenteurer am Ende doch noch recht knifflig wurde, war sowohl ihm als auch dem Wetter geschildet. "Wir setzten auf Trockenheit und wählten die entsprechenden Reifen – mit Slicks im Regen hatten wir schließlich doch noch einige 'interessante Momente'", brachte es Wittmann mit einem Augenzwinkern zum Ausdruck. Der vierte Gesamtrang – als zweitbestes M1-Team – bei der erst zweiten Rallye sorgte für weitere gute Laune.

Auf Gesamtplatz zehn landeten schließlich Gerald Bachler und sein Co-Pilot Hubert Zach im dynamisch lackierten Subaru Impreza WRX STI – als Drittplatzierte auf dem Podium des M1-Rallye-Masters. Bachler gab sich naturgemäß höchst erfreut und wagte angesichts der großen Emotionen ein öffentliches Nachdenken über die sehr nahe Zukunft: "Bei uns läuft es von Rallye zu Rallye immer besser, jetzt überlege ich gerade, ob wir nicht vielleicht doch bei der Schneebergland-Rallye antreten sollen – in meinen Augen ist das schon eine Kultrallye. Was mich zusätzlich ganz besonders erfreut: Das Auto funktioniert völlig problemlos."

Das M1-Projekt von Andi Aigner sollte die Fans am Streckenrand akustisch und optisch begeistern. So war es zumindest vor dem Test unter Wettbewerbsbedingungen gedacht. Dass es schwer werden würde, die Rallye in Kärnten ohne Probleme ins Ziel zu bringen, war für den Ex-PWRC-Gesamtsieger vorhersehbar, ist er doch mit seinem Schlachtschiff direkt aus der Werkstatt angereist. "Die Zeit war knapp, und weder ein vernünftiges Rollout geschweige denn ein Test waren möglich. Ich war froh, es überhaupt bis zur Rallye geschafft zu haben. Egal nach welchem Reglement man ein Auto aufbaut, wird es ohne ausgiebigen Funktionstest sehr wahrscheinlich nicht ins Ziel fahren", meinte Aigner. Zum schnellen Ausscheiden führte letztlich heiß gewordenes Getriebeöl, dessen Ursache Andi Aigner in der mangelnden Kühlung sieht.

"Ich habe die nötigen Erkenntnisse aus Kärnten mit Nachhause gebracht, und die Nacharbeiten laufen bereits auf Hochtouren. Wir wollen bei der Schneebergland-Rallye im Vorausprogramm am Start stehen", erzählte Aigner optimistisch. Für die Fans, die Aigner im heckangetriebenen und alles andere als schlecht brüllenden BMW als Hauptattraktion erwartet oder ersehnt hatten, bleibt noch die Hoffnung, dass er nun doch einen weiteren Einsatz mit dem M1-BMW absolvieren wird. Aigner: "Ich möchte das Auto dahingehend verbessern, dass man es seriös vermieten kann." Bald wird entschieden, ob Aigner höchstpersönlich bei beiden geplanten Events – wie erwähnt im Schneebergland als Vorausauto und sehr wahrscheinlich auch bei der Weiz-Rallye – das Cockpit erklimmen und den M1-BMW fliegen lassen wird.

Dass Aigner vom ersten Moment an ein großes Herz für die M1-Idee hatte, ist bekannt; dass sich auch Alfred Kramer, der bei seiner Heimrallye schon oft siegreiche Lokalmatador, für die M1-Klasse entschieden hat, kam eher kurzfristig. Direkt aus dem Karibikurlaub kam er mit großen Plänen nach Althofen, denn mit dem von Race Rent Austria aufgebauten und eingesetzten Mitsubishi Evo IX wollte Kramer einen weiteren Eintrag in die Siegerliste vornehmen lassen. Allerdings waren die Chancen auf eine Umsetzung der gewagten Mission schon auf der ersten Prüfung dahin: "Ich habe in einer der Kurven einen halben Meter zu lange gecuttet, und das war's dann auch schon. Ein Reifenschaden war die Folge, der uns etwas mehr als sechs Minuten gekostet hat. Wir sind dann die restliche Rallye als Test mit dem Ziel möglichst guter SP-Zeiten gefahren."

Eine starke Schlussperformance mit drei vierten Gesamtzeiten in den Prüfungen Bergwerksgraben und Glantschach stimmten den "Highlander" im Ziel letztlich versöhnlich – für die Grundidee des M1-Rallye-Masters hat Kramer mehr als nur ein offenes Ohr, einem weiteren M1-Einsatz gegenüber wäre durchaus nicht abgeneigt. Allerdings setzt Kramer voraus, dass im Vorfeld bekannt sein muss, welche Startreihenfolge zur Anwendung kommt: "Das italienische System, wie es hier testweise zum ersten Mal zum Einsatz kam, würde mich zumindest eher von einem weiteren Einsatz abbringen."

Zum M1-Rallye-Masters lieferte Kramer eine ziemlich kurze Bilanz, die es umso mehr auf den Punkt brachte: "Ein M1-Einsatz ist auf jeden Fall deutlich günstiger, und ohne den Nachteil der heuer eingesetzten Startreihenfolge glaube ich immer noch, dass ein Sieg nicht unmöglich sein sollte. Schließlich lag Knobi nach SP 6 nur noch sieben Sekunden zurück. Ich habe den Wagen bei Race Rent Austria um 4.000 Euro gemietet – das ist der normale Mietpreis von Race Rent Austria für ARC-Läufe inklusive technischer Betreuung und Catering. Das ist ein guter Schritt in die richtige Richtung, und wir werden am Thema dranbleiben."

Hinter dem Trio Knobloch, Wittmann und Bachler landete Reini Sampl, mit seinem Audi TTS quattro quasi Prototyp und "Urgestein" des M1-Rallye-Masters, auf dem verflixten vierten Platz in der M1-Ergebnisliste. Sampl, der sich seit mehr als einem Jahr im Grunde bei jeder Rallye begeistert darüber zeigt, wie wenig das Auto seine Geldbörse belastet, wurde in Althofen leider von einem performanceminimierenden Problem heimgesucht: "Wir hatten auf einer Prüfung ein Problem mit dem Turbo, es gab keinen Ladedruck, die Software wechselte in das Notprogramm. Das hat uns vom zwölften auf den 16. Gesamtrang abrutschen lassen." Was den umtriebigen, seit einem Skirennunfall auf den Rollstuhl angewiesenen M1-Piloten freut, ist wohl die Tatsache, dass auch diesmal keine erhöhten Materialkosten zu leisten waren. Das elektronische Problem war im Service schnell lokalisiert und behoben – die Samplsche Geldbörse durfte aufatmen, und die Gesamtführung blieb zudem in seinen Händen.

Unvorhergesehen war das M1-Debüt von ARC-Urgestein Harald Ruiner, der seinen Nissan 350Z in Zwettl wegen eines fehlenden Wagenpasses in die Klasse RGT umschreiben lassen musste: Er konnte in Althofen früher als erhofft in der Klasse 9 antreten respektive seinen Einstand im M1-Rallye-Masters feiern. Mit Platz fünf von zehn gestarteten Teams darf der Niederösterreicher durchaus zufrieden sein, die Zuseher waren ob der vielen beherzten Drifts und den kernigen V6 Sounds ohnehin begeistert. Ein großartiges M1-Auto hat auch Florian Liendl aufgebaut – einen Audi S3. Mit dem sehr beliebter Kompaktsportler begeisterte Liendl gemeinsam mit Evelin Gauster in Althofen die Fans mit einer für die Premiere äußerst sportlichen Vorstellung – Platz sechs im M1-Rallye-Masters war das respektable Ergebnis.

Dem S3 folgte Kramer und der beeindruckenden Ford Mustang GT mit dem italienischen Duo Ruggero Ravaglioli und dem aus dem "Gebetsbuch" lesenden Chefredakteur der Zeitschrift Tuttorally, Fabio Villa – er fürchtete lediglich die kurze und einzige Schotterpassage und gab ansonsten als Motto "just for fun" aus. Der Spaß im bulligen Mustang wird bald schon bei der Rally San Marino fortgesetzt. Direkt hinter den Italienern landeten Christian Pirz und Karl-Johann Reitmaier in ihrem Peugeot 206 S16 auf Platz neun der M1.

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