
Rallye-Sprint 2008 | 18.09.2008
Günther Aschacher über sein Abenteuer Rallyesprint
Günther Aschacher verblüffte die Fachwelt mit Platz 9 im Rallyesprint – beim ersten Einsatz. Der Stohl Racing-Cheftechniker im motorline.cc-Talk.
Michael Noir Trawniczek
Fotos: Daniel Fessl/motorline.cc
Viele rieben sich die Augen – beim Rallyesprint 2008 stand zum ersten Mal der Name Günther Aschacher auf den Ergebnislisten – jener Günther Aschacher, der normalerweise als Stohl Racing-Teamchef und Cheftechniker für die optimale Abstimmung der Boliden zuständig ist. Das große Staunen hatte aber einen ganz anderen Grund – denn der Name Aschacher war stets in den Top 10 zu finden! Am Ende belegte Günther Aschacher auf einem Mitsubishi Lancer Evo VIII den unglaublichen neunten Platz – bei seiner ersten Rallye als Pilot!
motorline.cc bat den „rasenden Ingenieur“, sein Abenteuer Rallyesprint noch einmal im Geiste Revue passieren zu lassen…
Günther, wie ist es überhaupt zu deinem Rallye-Debüt gekommen?
Entstanden ist das Ganze so: Wenn ich die Daten von Kunden auslese, dann sage ich im Spaß: ‚Da bin ja ich noch schneller!’ Eines Tages hat der Manfred [Stohl, d. Red.] gesagt: ‚Okay, wenn du so schnell bist, dann nimm dir ein Rallyeauto und probier es! Fahr eine Rallye!’ Daraufhin habe ich gesagt: ‚Okay, ich möchte den Rallyesprint fahren!’ Und dann hat der Manfred gesagt: ‚Ja, gerne! Kein Problem!’
Es war dann gar nicht so einfach, denn ich bin jahrelang auf dem Beifahrersitz gesessen und habe so das Gespür bekommen, wie man ein Auto abstimmt. Speziell fahrwerkstechnisch. Da bin ich aber nie selber am Steuer gesessen. Ich habe mir dann ein paar Infos vom Manfred beziehungsweise von Beppo Harrach geholt. Wir haben vorher ein paar Trainingsrunden fahren können – der Beppo hat mir als Beifahrer dann einige Tricks gezeigt.
Welche?
Das Hauptproblem war, dass ich viel zu schnell war. Das Ganze lief ja auf Schotter ab – und ich bin die Kurven mit einem derartigen Overspeed angefahren, dass ich sogar darüber hinaus gefahren bin. Und Beppo hat mir dann gezeigt, welcher Speed optimal wäre, um einfach auch in einen optimalen Fluss zu kommen. Um auf Schotter eine schöne Linie zu fahren.
Wie ist es dann bei der Rallye selbst gelaufen?
Es hat irrsinnig viel Spaß gemacht, das Auto in einer hohen Geschwindigkeit zu bewegen – sogar über 200 km/h, auf Schotter. Das ist schon sehr beeindruckend – wie das abgeht! Was ich dabei gesehen habe – wie wertvoll es ist, wenn ein Auto absolut perfekt abgestimmt ist. Da tust du dir wesentlich leichter beim Anbremsen, beim Rausbeschleunigen – weil du das Auto zu hundert Prozent unter Kontrolle hast.
Am Ende hast du den unglaublichen neunten Platz belegt…
Da bin ich selber überrascht. Und ich bin sehr zufrieden.
Was hast du dir gedacht, als du zum ersten Mal die Zeiten mitbekommen hast?
Wie ich die erste Sonderprüfung gefahren bin, habe ich es eigentlich gar nicht so realisiert. Ich habe mir gedacht: ‚Okay, ich bin nicht so schlecht gefahren.’ Als wir dann ins Service gekommen sind, haben meine Mechaniker und die ganzen Leute rundherum geklatscht – das hat mich natürlich total gefreut. Und dann habe ich die Zeit erfahren, die ich gefahren bin – und da war ich dann sehr zufrieden.
Du hattest eine erfahrene Co-Pilotin zur Seite, nicht wahr?
Meine Beifahrerin war die Birgit Stuhl, die sehr professionell ist. Wir haben sehr gut harmoniert. Das hat perfekt funktioniert.
Du hast vorhin von einer optimalen Fahrwerksabstimmung gesprochen – ich nehme einmal an, dass du dir sämtliche ‚Schmankerl“ ins Auto eingebaut hast, oder?
Das stimmt schon. Ich habe sicher das beste Zeug, das verfügbar war, in das Auto eingebaut. Ich habe das neueste Fahrwerk, das wir hatten, sprich ein TEIN-Fahrwerk eingebaut und dementsprechend abgestimmt. Ich hatte ein gerade verzahntes Getriebe im Auto. Ich habe besonders leichte Sitze reingestellt. Einfach so, wie ich das für andere Fahrer haben möchte, habe ich das Auto auch für mich selber aufgebaut. Das hatte auch einen bestimmten Grund: Dass ich es selber fühlen kann, was es heißt, ein Auto optimal abzustimmen und damit im Grenzbereich zu fahren.
Bist du bei diesem Einsatz wirklich zum ersten Mal als Fahrer in einem Rallyeauto gesessen?
Ich bin das allererste Mal als Fahrer in einem Rallyeauto gesessen.
Du hast dich vorher nie bei einem Test auch mal ans Steuer gesetzt?
Nie. Ich bin zumindest noch nie mit diesem Speed gefahren. Ich bin schon selber auch mal gefahren – diese ganzen Rollouts mache ich auch selber. Aber das kannst du nicht mit einem Wettbewerb vergleichen. Ich bin noch nie in einem Wettbewerb gefahren und das war mein erster Rallyeeinsatz.
Du hast dich als Techniker immer wieder zwecks Autoabstimmung neben Kaliber wie Manfred Stohl, Beppo Harrach und so weiter auf den Sozius gesetzt – konntest du dir da gewisse Dinge abschauen?
Natürlich – es gibt gewisse Grundregeln, die man einfach beherrschen muss. Und das kriegt man schon alles mit auf dem Beifahrersitz.
Einpendeln zum Beispiel, oder?
Einpendeln. Oder den optimalen Speed mitzunehmen in einer Kurve.
Wenn jetzt eine/r unserer LeserInnen auf den Geschmack gekommen ist – welche Möglichkeiten gibt es, festzustellen, ob man ein/e geeignete/r Rallyepilot/in ist?
Es gibt Rallyeschulen – da kann man das erlernen. Es gibt zum Beispiel die Drift Company, das macht der Beppo Harrach. Ich würde es einfach jedem einmal empfehlen, da hinein zu schnuppern. Zu sehen, wie das ist, ein Auto auf Schotter zu bewegen. Schotter oder Eis – das ist recht ähnlich.
Dein Boss Manfred Stohl war auch sehr beeindruckt von deiner Leistung – aber er meinte auch: ‚Schuster, bleibe bei deinen Leisten’…
Naja, es würde mich sicher reizen, wieder eine Rallye zu fahren – aber es ist natürlich alles mit Kosten verbunden und ich habe keine Sponsoren beziehungsweise kann ich nicht alles dem Manfred verrechnen. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Ich hatte das große Glück, dass ich eine Rallye fahren durfte – auf Kosten der Firma Stohl Racing.
Der Manfred meinte, er hat ein bisschen Angst, dass du nun vom Virus infiziert sein könntest…
Nein, ich muss selbst auch sagen: ‚Schuster, bleib bei deinen Leisten.’ Sicherlich macht es Spaß, ein Auto selber zu bewegen – aber es macht auch genauso viel Spaß, ein Auto optimal abzustimmen und einfach vorne mit dabei zu sein. Um einen Stockerlplatz zu fighten.
Hast es einen Moment gegeben, wo du kurz vor dem Abflug warst?
Es hat schon zwei oder drei Momente gegeben, wo es ein bisschen haarig war – aber nicht so schlimm, dass ich es nicht unter Kontrolle gehabt hätte.
Was war der schönste Moment?
Das Nenngeld für die Rallye zu bezahlen. Das war für mich die Bestätigung: ‚Ja, ich bin dabei! Ich fahre eine Rallye!’
Gab es Reaktionen?
Schon, es hat viele Reaktionen gegeben. Weil viele nicht geglaubt haben, dass wir schon den Speed fahren können, den wir da gefahren sind – gemessen daran, dass wir noch nie auf Schotter beziehungsweise noch nie eine Rallye gefahren sind. Andererseits sage ich auch: Auf den Ersten hat von der Zeit her sicherlich sehr viel gefehlt. Aber für mich persönlich war es sehr positiv.
Hat dieser Einsatz dir in deiner Arbeit Erkenntnisse gebracht? Wo du sagst: ‚Das hätte ich ohne diesen Einsatz so nie erfahren!’?
Sicher, es hat ein paar Momente gegeben, wo ich gespürt habe: ‚Wow, wenn ich das und das so einstelle, dann ist das total gut.’ Fahrwerksmäßig – weil es einfach sehr hilfreich ist, ein Auto am Limit zu bewegen. Ein Beispiel: Ich hatte ein Problem, es hat sich hinten der Sturz verstellt, der Sturz war um fünf Millimeter offen. Das Auto war dann sehr schwierig beim Anbremsen. Das Auto war total instabil. Und wenn man mit 180 Sachen auf eine Kurve zubremst und das Auto kommt hinten – dann ist das schon ein Aha-Erlebnis. Das waren dann genau diese Erfahrungen, wo ich verstanden habe: ‚Okay – es muss alles perfekt sein!’ Und das ist wichtig – dass einfach alles optimal abgestimmt ist.
Du verstehst deine Fahrer jetzt also noch besser?
Ich habe sie vorher auch gut verstanden. Es ist sicher nicht so, dass ich jetzt sage, dass ich zehn Schritte höher bin mit meinem Wissen. Ich habe vorher auch gewusst, was perfekt sein muss, damit man ein Auto schnell bewegen kann.
Aber du hast es sozusagen zum ersten Mal am eigenen Leib gespürt – kann man das so sagen??
Ja. Ich habe gespürt, was es heißt, wenn ein Auto nicht optimal abgestimmt ist. Und ich habe es gespürt, wie es ist, wenn es perfekt ist.