Rallye-WM: Wales | 09.11.2010
Loeb will das C4 WRC mit einem Sieg verabschieden
Beim Finale der Rallye-WM in Wales werden die aktuellen World Rally Cars zum letzten Mal eingesetzt. In der SWRC kämpft Patrik Sandell um den Titel.
Michael Noir Trawniczek
Die Rallye-Weltmeisterschaft feiert am kommenden Wochenende mit einem Klassiker ihr Finale, die Rallye Wales GB zählt zu den schwierigsten des gesamten Kalenders. Vor allem das Wetter kann für tückische Bedingungen sorgen: Bei Regen wird aus Schotter Schlamm und sogar Schnee und Eis können für erschwerte Verhältnisse sorgen. So wird die Wales-Rallye oftmals zu einem echten Härtetest für Mensch und Maschine.
Der Schotter-Klassiker rund um die Stadt Cardiff, früher als „RAC-Rallye“ bekannt, wartet heuer mit einer ganz besonderen Neuerung auf: Erstmals seit elf Jahren wird wieder die Kult-Sonderprüfung „Radnor Forest“ absolviert, die ultraschnelle SP wird am Samstag zweimal in Angriff genommen. Der Servicepark wird wieder am Cardiff Bay errichtet, dort wird es heuer am Donnerstagabend und am Samstagabend zwei Superspecial-Prüfungen geben.
Die letzte WM-Rallye der Saison 2010 steht ganz im Zeichen des Abschieds. Zum letzten Mal wird mit den aktuellen World Rally Cars gefahren, denn ab 2011 wird die neue WRC-Generation, basierend auf der Super 2000-Formel, mit einem 1,6 Liter Turbomotor aufgerüstet zum Einsatz kommen.
Freilich möchte der heuer so überlegene Hersteller Citroen sein C4 World Rally Car mit einem Sieg verabschieden. Sébastien Loeb kann diese Aufgabe ohne jeden Druck in Angriff nehmen, schließlich steht er als Weltmeister längst fest, auch bei den Herstellern konnte Citroen längst die Krone an sich reißen.
Der mittlerweile siebenfache Weltmeister Loeb sagt: „Wenn wir in eine Rallye starten, dann wollen wir gewinnen. Wenn ich mich gut fühle und die Bedingungen annehmbar sind, gibt es keinen Grund, warum ich nicht versuchen sollte, in Wales meinen dritten Sieg in Folge zu holen.“
Während also Loeb ohne jede Taktik auf Angriff fahren kann, sieht die Lage bei seinem Teamkollegen im Citroen-Werksteam, Sébastien Ogier anders aus. Der junge Franzose, der heuer bei den Schotter-Rallyes bereits im Werksteam fahren durfte und dort 2011 der ständige Teamkollege von Loeb sein wird, kämpft noch um den Titel des Vizeweltmeisters.
Seine Rivalen sind Ford-Werkspilot Jari Matti Latvala, der elf Punkte hinter Ogier zurückliegt und Citroen-Privatier Petter Solberg, dem 16 Zähler auf Ogier fehlen.
Natürlich wollen sowohl Ogier, als auch Latvala und Solberg um den Sieg kämpfen, das möchte auch Dani Sordo, der für das Citroen Junior Team antritt. Der Unterschied zwischen Wollen und Können wird wohl wieder deutlich zu erkennen sein, wenn „Super-Séb“ Loeb seinen C4 zünden wird – selbst seine Rolle als „Staubsauger“, dass er also am Freitag als erstes Auto auf die Prüfungen muss, sollte in Wales kein Problem darstellen. Loeb wird es sich nicht entgehen lassen, den letzten Sieg der WRC/C4-Ära zu holen.
Für Mikko Hirvonen, dem zweiten Ford-Werkspiloten geht es eher darum, endlich wieder aus dem Schatten seines Teamkollegen Latvala zu treten und zu beweisen, dass er zu Recht als der Titelkandidat von Ford zum Einsatz kommt.
Kimi Räikkönen kann auf die Wales-Erfahrung seines Co-Piloten Kaj Lindström zählen und wird wohl wieder einiges lernen am kommenden Wochenende, sollte er nicht wieder vorzeitig von der Strecke fliegen.
Für Stobart Ford sitzen diesmal wieder Matthew Wilson und Henning Solberg in den Ford Focus WRC-Boliden. Henning Solberg pilotiert also wieder das World Rally Car, an seiner Seite sitzt wieder Stephane Prevot, der die verletzte Ilka Minor auch beim Finale ersetzt. Zudem wird ein drittes Stobart-WRC für den Chinesen Liu Chao Dong eingesetzt. Dazu kommen noch Ken Block im Monster-Ford und Mads Östberg, der den Abschied des Subaru Impreza WRC zelebriert.
Abschied nehmen heißt es auch für Paul Hembery, den Sportchef von Reifenhersteller Pirelli, denn die Italiener bestreiten ihre letzte Rallye als Alleinausrüster der WRC.
SWRC: Sandell im Titelkampf
Noch richtig spannend wird es in der SWRC, der heuer neu eingerichteten WM für S2000-Fahrzeuge. Dort haben noch drei Piloten die Chance, sich als erster Champion ins Geschichtebuch einzutragen: Tabellenleader Xavier Pons (108 Punkte) und Jari Ketomaa (101), beide auf einem Ford Fiesta S2000 unterwegs, sowie Red Bull Rallye Team-Pilot Patrick Sandell im Skoda Fabia S2000, der 99 Zähler auf dem Konto hat.
Martin Prokop, der Tabellenzweite, hat Wales als Streichresultat auserwählt und kann seinen Punktestand von 104 Zählern daher nicht mehr erhöhen.
Sandell versucht, ruhigen Kopf zu bewahren und erklärt: „Ich möchte hier eine tolle Rallye fahren, Spaß haben und das Maximum für mich und das Red Bull Team herausholen. Ich mach mir keinen Druck, denn ich habe es nicht selber in der Hand, den Titel zu holen. Ich muss meinen Part erfüllen, dann muss ich warten, was die anderen machen. Wir müssen von Beginn an hellwach sein und voll attackieren. Du kannst es dir nicht leisten, bei diesen Sprint-Rallyes auch nur eine Sekunde zu verlieren. Und dann werden wir sehen, ob es reicht.“
Vorbereitet und eingesetzt wird der Skoda wieder vom BRR-Team, dessen Teamchef Raimund Baumschlager erklärt: „Wir werden so wie immer versuchen, Patrik das beste Material zur Verfügung zu stellen. Wir dürfen keine Fehler machen, um die Titelchancen zu wahren. Ich habe vollstes Vertrauen in Patriks Leistung und in sein Können.“
BRR setzt auch wieder einen Mitsubishi Lancer Evo IX für Hermann Gassner junior ein, der damit weitere Erfahrungen auf der WM-Bühne sammeln möchte.
Auch in der PWRC steht das Finale auf dem Programm. Dort führt Armindo Araujo mit 108 Punkten, lediglich Patrick Flodin hat mit seinen 90 Zählern noch Chancen, dessen erfolgreiche Titelverteidigung zu verhindern.
Eröffnet wird die Rallye Wales GB am Donnerstagabend mit der Superspecial „Cardiff Bay“ – richtig los geht es am Freitagmorgen mit der gleich einmal 32 Kilometer langen SP „Hafren“. Insgesamt sind 359,44 Sonderprüfungskilometer zurückzulegen, die Gesamtdistanz der am Sonntagmittag zu Ende gehenden Rallye beträgt 1612,04 Kilometer.