
Rallye-WM: Sardinien | 23.05.2009
Ausfallsorgie am Nachmittag
Dramatik und Ausfallsorgie am Nachmittag. Latvala nur noch 9,9 s vor Hirvonen, Loeb nach Reifenschaden knapp hinter Petter Solberg Vierter.
Michael Noir Trawniczek
Bei der zweiten Durchfahrt der drei Prüfungen, bei Gluthitze, waren die sandigen Prüfungen der Sardinien-Rallye bereits schwer zerfurcht – eine harte Belastungsprobe für Mensch und Material…
Nach der zweiten Durchfahrt der 14,2 km langen SP „Sa Linea“ schimpfte Citroen-Pilot Dani Sordo: „So eine dumme Prüfung! Wir waren andauernd in den tiefen Fahrrillen – das war nicht gut für den Wagen und es war auch nicht gut für die Fahrer!“
Die zerfurchten, harten Prüfungen des Nachmittags forderten einige Opfer. Schon im Mittagsservice gab Munchi’s Ford-Pilot Federico Villagra auf, weil sich sein Co-Pilot Jorge Perez Companc krank fühlte. Elf Kilometer nach dem Start der „Sa Linea“-Prüfung musste auch Citroen Junior Sébastien Ogier mit einem gebrochenen Dämpfer aufgeben.
Die Bestzeit stanzte Ford-Werkspilot Mikko Hirvonen in den zerfurchten Schotter – er konnte seinem Teamkollegen Jari Matti Latvala, der als „Straßenfeger“ die Prüfungen eröffnen musste, rund sieben Sekunden abknöpfen und damit dessen Vorsprung auf 19,3 Sekunden reduzieren. Sébastien Loeb markierte die zweitschnellste Zeit, womit er 12,6 Sekunden hinter Hirvonen auf Platz drei blieb.
SP 11: Totales Chaos!
Auf der 22 km langen SP „Fiorentini“ nahm die Dramatik zu. Der führende Latvala hatte zunächst auf einer kurzen Asphalt-Sektion in der Mitte der Prüfung eine Schrecksekunde, als er einen Dreher fabrizierte, seine Fahrt jedoch fortsetzen konnte. Weil Mikko Hirvonen nahezu die gleiche Zeit fuhr, blieb der Abstand zwischen den führenden Ford-Piloten mit 19,2 Sekunden praktisch unverändert.
Die Welle des Chaos wurde von Weltmeister Loeb eröffnet – nach zehn Kilometern war er um fünf Sekunden schneller als der Rest des Feldes, doch dann ereilte den Citroen-Piloten ein Reifenschaden. Zunächst fuhr der Franzose drei Kilometer weiter, doch dann fürchtete er, der Wagen könnte schwer beschädigt werden, weshalb Loeb und sein Co-Pilot Daniel Elena den Reifen auf der Prüfung wechselten. Sie taten es in der Rekordzeit von etwas mehr als einer Minute!
6,8 Kilometer nach dem Start der Prüfung musste Stobart Ford-Pilot Henning Solberg mit einer gebrochenen Radaufhängung links vorne aufgeben – der Norweger lag zuvor auf dem achten Platz.
Wenig später musste Citroen feststellen, dass Dani Sordo mit einem Turboproblem immer langsamer wurde – zwar konnte sich der Spanier bis ins Ziel der Prüfung schleppen, allerdings mit einem Rückstand von rund vier Minuten. Schließlich musste Citroen Junior Conrad Rautenbach wenige Kilometer nach dem Ziel auf der Verbindungsstrecke mit einem Dämpferschaden aufgeben.
Auf SP 11 gab es nur einen glücklichen Citroen-Piloten, und der fuhr einen Xsara: Privatier Petter Solberg konnte die Bestzeit markieren – und wegen des Reifenschadens von Loeb rückte der Norweger vor auf Platz drei! Sein Vorsprung auf Loeb betrug zu diesem Zeitpunkt 29,9 Sekunden.
SP 12: Loeb mit Bestzeit – Solberg bleibt Dritter
Doch auf der abschließenden 29,15 km langen SP „Monte Lerno“ gab der Weltmeister kräftig Gas, markierte die Bestzeit neun Sekunden vor Hirvonen sowie 18,3 Sekunden vor Latvala und satte 27,7 Sekunden vor Petter Solberg.
Vor dem letzten Tag mit etwas weniger als 90 Wertungskilometern führt Latvala damit nur noch 9,9 Sekunden vor seinem Stallkollegen Mikko Hirvonen. Latvala gab sich realistisch, als er zu Protokoll gab: „Es wird nicht leicht sein, die Führung zu behalten.“ Zumal es ihm wohl auch nicht erlaubt wird…
Hirvonen gab sich natürlich kämpferisch: „Ich werde hart um den Sieg kämpfen.“ Was nach dem Reifenschaden seines Konkurrenten Loeb auch nicht allzu schwer sein wird – schließlich liegt der Franzose über eine Minute zurück…
Loeb erklärte nach der letzten Prüfung: „Ich habe versucht, Petter einzufangen. Es ist eine schwierige Rallye für uns.“ Doch ganz ist dieses Vorhaben nicht geglückt – denn Petter Solberg beendet den zweiten Tag auf Rang drei, wenngleich Loeb nur 2,2 Sekunden fehlen.
Solberg ist sich im Klaren: „Es wird sehr schwierig sein, Sébastien zu schlagen – aber ich bin mit dem Tag sehr zufrieden. Es war ein guter Tag, doch auf der ersten Prüfung hat sich der Reifen von der Felge gelöst, es lief also nicht hundertprozentig optimal.“
Über eine Minute hinter Loeb belegt der russische Citroen Junior Evgeny Novikov den fünften Rang. Novikov erklärte: „Wir haben einmal den Motor abgewürgt, es war nicht leicht aber es ist okay.“ Zuvor noch musste Novikov einen harten Kampf gegen Adapta Subaru-Pilot Mads Östberg ausfechten – doch der stoppte auf der letzten Prüfung…
So rückte Teamchefsohn Matthew Wilson, mehr als zwei Minuten hinter Novikov, auf Rang sechs vor. Mit fast sieben Minuten Rückstand liegt sogar der dritte Ford-Werkspilot, Abu Dhabi-Zugeständnis Khalid Al-Quassimi auf Rang sieben. Dani Sordo, der sich mit dem Turboschaden über die SP schleppte, belegt mit mehr als neun Minuten Rückstand den achten Platz.
PWRC & JWRC: Sandell und Kosciuszko führen
In der PWRC verlief es weitaus weniger dramatisch: Dort konnte RB Rallye-Pilot Patrik Sandell in seinem Skoda Fabia Super 2000 seinen Vorsprung ausbauen – er führt nun 23,5 Sekunden vor Subaru-Pilot Nasser Al-Attiyah. Mitsubishi-Pilot Armindo Araujo liegt als Dritter bereits mehr als eine Minute zurück.
Patrik Sandell erklärte: „Ein absolut perfekter Tag. Wir haben gestern Abend noch einige Änderungen am Auto vorgenommen – und das hat sich ausgezahlt. Heute lief alles optimal. Der Vorsprung sieht ganz gut aus, aber morgen wird es noch ein ganz harter Tag – es wird ein Kampf bis zur Ziellinie!“
Teamchef Raimund Baumschlager gab zu Protokoll: „Wie erwartet, ist heute einiges passiert. Sprich, es gab viele Ausfälle, viele Teams hatten technische Probleme. Davon sind wir verschont geblieben. Bei uns lief es heute von Beginn an sehr gut, Patrik ist sehr sauber gefahren. Klar sieht es jetzt sehr gut aus – aber noch liegen 86 Sonderprüfungskilometer vor uns. Deshalb werden wir jetzt auch das Auto genau durchchecken, um nichts dem Zufall zu überlassen.“
Bei den Junioren führt weiterhin der Pole Michal Kosciuszko auf dem Suzuki Swift Super 1600 – allerdings liegt Citroen-Pilot Martin Prokop nur 16,6 Sekunden zurück. Der Deutsche Aaron Burkart belegt mit mehr als fünf Minuten Rückstand den dritten Platz.
Am Sonntag sind noch fünf Sonderprüfungen zu insgesamt etwas weniger als 90 Kilometern abzuspulen – bereits um 8 Uhr wird die erste Prüfung, die 19,31 km lange SP 13 „Monte Olia“ gestartet. Um 12.20 Uhr wird die letzte Prüfung, die 18,6 km lange SP 17 „Sorillis“ in Angriff genommen.
Stand nach Tag 2
1. Jari-Matti Latvala Ford 2:58:03.5 2. Mikko Hirvonen Ford + 9.9 3. Petter Solberg Citroen + 1:12.6 4. Sébastien Loeb Citroen + 1:14.8 5. Evgeny Novikov Citroen + 2:46.0 6. Matthew Wilson Ford + 5:02.8 7. Khalid Al Qassimi Ford + 6:57.9 8. Dani Sordo Citroen + 8:38.8