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Maria Teresa de Filippis im motorline.cc-Exklusivinterview

Sie sorgte 1958 als erste Frau in der Formel 1 für die große Sensation. motorline.cc sprach mit der großen Dame des Rennsports.

Michael Noir Trawniczek
Foto: Markus Kucera/Studio Glöckner

Maria Teresa de Fillippis ist die erste Frau, die - erfolgreich - an Formel 1-Rennen teilnahm. Nach einem raschen Aufstieg wurde sie 1955 Werkspilotin von Maserati und konnte bei der legendären Targa Florio Platz neun belegen, wurde Dritte bei den 10 Stunden von Messina. 1958 stieg die 1926 geborene Neapolitanerin in die Formel 1 ein - mit einem Maserati 250F, mit dem Juan Manuel Fangio im Jahr zuvor Weltmeister wurde, belegte sie im gefährlichen GP von Syrakus Platz 5, in Monza war sie ebenfalls Fünfte, bevor sie 12 Runden vor Schluss ausschied. Als ihr Freund und Mentor Jean Behra 1959 auf der Avus tödlich verunglückte, gab sie ihren Rücktritt bekannt. Derzeit ist die Vizepräsidentin des "Clubs ehemaliger GP-Piloten".

Im Interview mit motorline.cc fungierte ihr Ehemann Theo Huschek, geborener Wiener, als Dolmetscher. Maria Teresa de Filippis wird bei dem am 22. Juli im Rahmen der Ennstal-Classic abgehaltenen Gröbming-GP ihren Maserati 250F demonstrieren.

Frau De Filippis, wie kamen Sie Ende der Vierzigerjahre auf die Idee, Rennfahrerin zu werden? Und: War die Formel 1 von Beginn an Ihr Ziel?

Die Formel 1 war nicht geplant. Ich habe damit begonnen, Autorennen zu fahren, weil es mir einfach Spaß bereitet hat. Dann bin ich in immer höhere Kategorien aufgestiegen und irgendwann einmal stellte sich die Frage: Mache ich Formel 1 oder nicht?

Sich damals als Frau für eine Rennfahrerkarriere zu entscheiden, war zu dieser zeit sicher sehr ungewöhnlich?

Ich kann Ihnen das erklären: Ich hatte drei Brüder - die hatten untereinander gewettet. Der eine sagte, dass ich überhaupt nicht Auto fahren könne. Der andere sagte, ich könne sogar sehr gut Auto fahren. Ich selber habe mich zu der Zeit eher für Pferde interessiert, ich habe damals viel mehr Zeit mit den Pferden verbracht. Ich habe zu der Zeit einen kleinen FIAT Topolino mein eigen genannt. Nun hatten meine Brüder diese Wette laufen und sie haben mich einfach mit meinem Auto bei einem Bergrennen genannt, in der Nähe von Neapel. Jener Bruder, der gemeint hat, dass ich Auto fahren könne, hat mit mir ein paar Runden gedreht - der andere Bruder ist daneben gestanden und hat gelacht. Der sagte: 'Das wird nichts.'

Und wie ging es aus?

Naja - und dann bin ich an den Start gegangen und habe auf Anhieb meine Klasse gewonnen. Da wurde dann natürlich meine Lust geweckt und ich bin gleich das nächste Bergrennen gefahren, dort bin ich Zweite geworden. Und dann habe ich mir sofort ein Rennauto gekauft. Und zwar ein kleines, einen 750 cc mit BMW-Motor, Urania hat das Auto geheißen, ein Zweisitzer. Und ab dann bin ich regelmäßig von Rennen zu Rennen gefahren.

1958 sorgten Sie für die Sensation schlechthin - Sie stiegen als erste Frau in die Formel 1 ein. Wie hat man Sie in der Männerdomäne Formel 1 aufgenommen?

Gut, ich wurde in gewisser Weise gut behütet, ich war das Nesthäkchen, wir waren Freunde, jeder hat mir geholfen, jeder hat mir irgendetwas beigebracht - aber das galt nur im Fahrerlager. Auf der Strecke war das dann anders, da kämpften wir gegeneinander, da gab es keine Freunde mehr, da waren wir dann eben Gegner. Die Situation war damals vollkommen anders als heute. Die Rennfahrer hatten auch viele private Kontakte zueinander. Die Fünfzigerjahre waren eine große, aber auch eine sehr traurige Periode. Es sind viele meiner Freunde während der Rennen tödlich verunglückt. Und dass ich heute überhaupt da sitzen und das erzählen kann, ist nicht selbstverständlich.

Frauen haben ja an sich ein gutes Gefühl für Rhythmus, für runde Bewegungen - die heutigen Formel 1-Autos sind nicht mehr so schwierig zu bedienen wie in Ihrer Zeit. Man muss rund fahren - eigentlich müsste jetzt doch der ideale Zeitpunkt für eine Frau in der Formel 1 sein?

Prinzipiell stimmt das natürlich. Die heutigen Autos sind sicher leichter zu fahren als die Autos in meiner Zeit. Aber es braucht halt auch etwas mehr als das gute Rhythmusgefühl. Denn es kommt dann jener Moment, in dem man den Mut und die Courage haben muss, an die Grenzen zu gehen. Dass man sich an das Limit heran wagt, dass man die Punkte auslotet, wo es gefährlich wird. Vielleicht ist das der Grund, warum wir derzeit keine Frau in der Formel 1 haben. Vielleicht gibt es hier eben eine Hemmschwelle.

Theo Huschek: Ich muss dazu etwas sagen: Sie war ihr Leben lang total unabhängig. Sie hat nie akzeptiert, dass irgendjemand irgendetwas über sie bestimmt. Sie war finanziell unabhängig, wenn sie etwas fühlte, dann machte sie das auch so und ließ sich von niemandem vereinnahmen.

Motorsport ist ja auch eine gesellschaftspolitische Bühne - wer setzt sich durch? Wer hat die Macht?

Theo Huschek: Sicher, durchaus. Sie hat Ratschläge und Tipps gerne angenommen, das hat sie immer gemacht - aber es konnte sie nie jemand von irgendetwas überzeugen, was sie nicht wollte. Sie ließ sich nie von jemandem zu irgendetwas zwingen.

Und was sagt Maria Teresa de Filippis zur heutigen Formel 1?

Die heutige Formel 1 dreht sich doch nur noch um die Technik - es geht überhaupt nicht mehr um das Fahren, um die Fahrer. Ich sage immer: Das ist eine Techniker- und Mechaniker-Weltmeisterschaft.

Würden Sie dennoch auch in die heutige Formel 1 einsteigen?

Ich würde heute ganz sicher nicht in die Formel 1 einsteigen - ein Stiernacken ist das letzte, was ich mir antun möchte. [zeigt lachend einen sehr dicken Hals an, d. Red.]. Es ist einfach eine ganz andere Art von Sport - der Fahrer hat viel zu wenig Einfluss, er ist in einem viel zu großen Maße von der Technik abhängig.

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