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WEC: 24 Stunden von Le Mans

Herstellerkampf in der GTE-Pro

In den GTE-Klassen sind einige Österreicher am Start: Richard Lietz in der GTE-Pro sowie Klaus Bachler und Mathias Lauda in der GTE-Am.

Ferrari, Porsche, Aston Martin und Chevrolet werden sich auch bei der 83. Auflage der 24 Stunden von Le Mans im Kampf um den wichtigen Sieg in der GTE-Pro-Kategorie nichts schenken.

Die große Frage vor dem diesjährigen Rennen lautet aber mal wieder: Wer wird im Rahmen der Balance-of-Performance (BoP) überhaupt so eingestuft, dass eine Fahrt um den Klassensieg aus eigener Kraft möglich ist? Nach aktuellem Stand kommen auf Grundlage dessen wohl nur zwei Kandidaten in Betracht: Aston Martin und Chevy.

Seit 2012 tritt Aston Martin mit einem Werksprogramm in der GTE-Szene an, mit dem Ziel, die Schmach des peinlichen LMP1-Versuchs mit dem AMR-One schnell vergessen zu machen. Spätestens 2013 sollte es zum 100. Firmenjubiläum endlich klappen, doch auf den ersehnten Erfolg an der Sarthe wartet man bis heute. Der Aston Martin Vantage bekam von ACO und FIA viel Luft zum Atmen, angenehmes Gewicht und passende Abtriebsoptionen als BoP-Geschenk, aber man stand sich immer wieder selbst im Weg.

Auf Grundlage der aktuell gültigen Einstufungen, die sich aber zu Beginn der Le-Mans-Woche möglicherweise noch verändern, ist Aston Martin mal wieder der klare Favorit auf den Klassensieg. Dies wurde auch beim Vortest deutlich, als Darren Turner quasi mit angezogener Handbremse zur Bestzeit in der GTE-Pro-Kategorie fuhr. Der Brite teilt sich sein Auto (#97) mit Stefan Mücke und Rob Bell. Fahrerisch ist man erneut stark aufgestellt, aber Aston Martin hat ein zweites Eisen im Feuer.

Aston Martin: Vorteile durch Einstufungen

Fernando Rees hat sich im Schwesterauto mit der Startnummer 99 zu einem absoluten Topfahrer im GT-Auto entwickelt. Der Brasilianer, der in der FIA-Fahrerkategorisierung mittlerweile als "Gold" eingestuft ist, hat in Richie Stanaway einen starken Kollegen an der Seite. Der dritte im Bunde, der Brite Alex Macdowall, macht an guten Tagen nichts kaputt. So konnte das Trio im WEC-Rennen von Spa-Francorchamps zum Klassensieg fahren. Einen dritten Vantage (#95) steuern die Dänen Sörensen/Thiim/Nygaard.

Auch in den beiden Vorjahren hatte das britische Werksteam stets das schnellste Auto, aber immer wieder warfen Defekte die Vantage-GTE-V8-Maschinen zurück. 2013 siegte Porsche, 2014 erreichte Ferrari den zweiten Klassensieg innerhalb von drei Jahren. Aston Martin hat reagiert, die Aufhängungen des Fahrzeugs verstärkt, die Ventile im Motor überarbeitet und weitere Updates installiert, die eine Verbesserung der Standfestigkeit bringen sollen.

Ernsthafte Konkurrenz muss Aston Martin nach aktuellem Stand der BoP bei trockenen Bedingungen wohl nur von den beiden Werks-Corvettes befürchten. Die Amerikaner dürften über die Einstufungen derzeit auch nicht groß klagen. Beim Vortest legte man etwas weniger den Schleier über die Konkurrenzfähigkeit als die britischen Mitbewerber. Am Vormittag erzielte Oliver Gavin die Klassenbestzeit. Auf den Geraden war die Corvette deutlich schneller als die Gegner, aber einige konkurrierende Piloten werden vor dem Blitzer den Fuß vom Gas genommen haben.

Porsche: "Gut vorbereitet wie noch nie"

In Sachen Performance müssen sich Porsche und Ferrari im Wettbewerb ganz schön strecken. Bei normalen, also trockenen Bedingungen wird man in Sachen Rundenzeit kaum mit den Autos aus Großbritannien und den USA mithalten können. Chancenlos sind die beiden Marken dennoch nicht. Die Voraussetzungen waren in den Vorjahren kaum anders - und da teilten sich Ferrari und Porsche die Siege auf. Konstanz und Zuverlässigkeit waren die Schlüssel zu diesen Triumphen.

Auf diese Karten setzen die beiden großen Namen der Sportwagenszene auch 2015. Porsche hat über den Winter intensiv an einer verbesserten Reifennutzung gearbeitet. Bei den WEC-Rennen in Silverstone und Spa wurden die entsprechenden Fortschritte noch nicht allzu deutlich, aber erst in Le Mans kommt ohnehin die ganze Wahrheit ans Licht. "Wir gehen so gut vorbereitet wie noch nie in Le Mans an den Start", sagt Porsche-GT-Projektleiter Marco Ujhasi.

"Den Testtag haben wir genutzt, um den 911 RSR für das wichtigste Rennen des Jahres auf den Punkt zu bringen", schildert der Verantwortliche. Die beiden Autos aus Zuffenhausen sind mit Richard Lietz/Christensen/Bergmeister (92) trotz des Abgangs von Nick Tandy und Earl Bamber in das LMP1-Auto von Porsche bestens besetzt. Gleiches kann man von mindestens einem der beiden Ferrari 458 Italia von AF Corse sagen.

Ferrari immer auf der Rechnung

Gianmaria Bruni, Toni Vilander und Giancarlo Fisichella haben Le Mans 2014 und 2012 gemeinsam gewonnen. An der Leistungsfähigkeit des Trios im Auto mit der Nummer 51 gibt es keine Zweifel. Das Schwesterauto (#71) mit dem schnellen Davide Rigon, dem schwankenden James Calado und dem bereits 45 Jahre alten Olivier Beretta ist etwas weniger homogen besetzt. Man darf gespannt sein, wie sich Calado nach seinem Unfall aus dem Vorjahr bei der Rückkehr an die Sarthe schlagen wird.

Der Ferrari ist seit 2011 immer weiter auf Konstanz und Effizienz getrimmt worden. Der Sportwagen aus Maranello ist bezüglich seines Konzeptes mit dem Mittelmotor sicherlich potenziell das beste GTE-Auto, aber dennoch stößt man mittlerweile an Grenzen. Im fünften Jahr hat man nicht mehr viel in weitere Entwicklungen gesteckt, weil die Ablösung durch den neuen 488 (mit V8-Biturbo statt Saugmotor) ohnehin kurz bevor steht.

Auch wenn der 458 mittlerweile in die Jahre gekommen ist, so ist er im Wettbewerb der Langstrecken-WM immer noch eine Bank. Gimmi Bruni wurde in jenem Fahrzeug 2014 Champion, gemeinsam mit Toni Vilander siegte er beim 6-Stunden-Rennen in Silverstone zum Auftakt dieses Jahres. Das Duo führt die WEC-GT-Wertung vor Le Mans mal wieder an. Kurzum: Wer Ferrari im GTE-Kampf nicht auf der Rechnung hat, macht einen gewaltigen Fehler.

GTE-Am: Wer soll Lamy/Dalla Lana/Lauda packen?

In der GTE-Am-Klasse führt voraussichtlich kaum ein Weg am Aston Martin mit der Startnummer 98 vorbei. Der erfahrene Ex-Formel-1-Pilot Pedro Lamy fährt im Vantage jederzeit auf dem Niveau der Kollegen in den Profiautos, Mathias Lauda hat sich extrem schnell in den Wettbewerb eingefunden - gemeinsam überspielen die beiden hervorragend die vorhanden Schwächen von Paul Dalla Lana, der im Rundenzeiten-Vergleich immer noch abfällt, aber immerhin konstant und sicher agiert.

Die Konsequenz: Lamy/Dalla Lana/Lauda haben die ersten beiden WEC-Rennen des Jahres erfolgreich gestaltet und die Klasse jeweils gewonnen. Woher könnte Konkurrenz kommen? Die Larbre-Corvette (53) ist zumindest in Händen von Jeroen Bleekemolen schnell genug.

Und dann ist da noch Porsche. Patrick Dempsey (88) mit Christian Ried, Khaled Al-Qubaisi und Klaus Bachler. Die Porsches des taiwanesischen AAI-Teams wird man eher im Kiesbett als auf dem Podest sehen.

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