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Neuer Ethanolantrieb, neuer Co-Pilot – Sepp Pointinger im Interview

Sepp Pointinger spricht über sein Debüt mit Superethanol und seinen neuen Co-Piloten, motorline.cc-Chefredakteur Stefan Schmudermaier.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: pointinger.com, motorline.cc, mcklein

Sepp Pointinger fährt erstmals mit Superethanol.
Stefan Schmudermaier fährt erstmals als Co-Pilot.

„Sicher bin ich ein bisschen nervös“, gesteht Stefan Schmudermaier, seines Zeichens der Chefredakteur dieses Motorportals, am Telefon. Und mit jeder Stunde, die der Einsatz als Co-Pilot von Sepp Pointinger näher rückt, wird das Kribbeln des Rallye-Experten ein wenig mehr werden.

Für Schmudermaier ist es der erste wettkampfmäßige Einsatz als Co-Pilot, bei diesem einmaligen Gastspiel kann der Reporter den Rallyesport aus der Cockpitperspektive erleben. Aber auch der legendäre Sepp Pointinger erlebt am Wochenende, bei der Herbstrallye Leiben eine Premiere: Erstmals fährt er seinen alten „Hundeknochen-Escort“ mit Superethanol-Betrieb – den Umbau hat der Tuningexperte natürlich selbst vorgenommen.

Im Gespräch mit motorline.cc erzählt Pointinger, wie er auf die Idee kam, seinen alten Escort auf Superethanol-Betrieb umzubauen und welche Maßnahmen dafür nötig waren – für seinen Co-Piloten Stefan Schmudermaier hat der Castrol Historic Rallye Staatsmeister des Jahres 2006 ein paar Tipps auf Lager…

Sepp, du nimmst mit einem Ford Escort an der Herbstrallye Leiben teil, den du zuvor auf Superethanol-Betrieb umgebaut hast – um welches Auto handelt es sich da genau?

Das ist ein Einser-Escort, ein so genannter ‚Hundeknochen-Escort’, ein ganz alter Herr, Baujahr 1970. Das ist jenes Auto, mit dem ich bislang alle meine Langstrecken-Rallyes gefahren bin. Darunter London – Mexiko, London – Sidney, Panama – Alaska, die Barbados-Rallye und dreimal die Safari-Rallye.

Das Auto hat schon zirka 80.000 Rallye-Kilometer auf dem Buckel. Eigentlich haben wir ihn schon das dritte Mal in Pension geschickt. Dass er nun wieder zum Einsatz kommt, hat sich jetzt so ergeben – nachdem das Auto da ist, habe ich mir gedacht, ich baue das Auto auf Superethanol-Betrieb um und dann probieren wir es einmal.

Mit dem Superethanol bist du selbst ja noch nicht im Rennbetrieb gefahren, oder?

Unter Rennbedingungen sind wir noch nicht gefahren, nur auf der Straße – aber in punkto Motorsporteinsatz steht bei der HerbstRallye Leiben die Premiere auf dem Programm.

Wird es in Sachen Ansprechverhalten einen Unterschied geben?

Man muss ihn von Haus aus ein bisschen härter ran nehmen, von unten heraus geht er nicht so gut wie ein Benzinmotor. Aber wenn er einmal auf Drehzahl ist, muss man eben darauf achten, dass die Drehzahl nicht in den Keller fällt. Auf gut Deutsch gesagt muss man am Gas bleiben.

Du hast für die Ethanol-Premiere ja einen neuen Co-Piloten – niemand geringeren als motorline.cc-Chefredakteur Stefan Schmudermaier, der sein Rallyedebüt geben wird. Habt ihr schon gemeinsam trainiert?

Überhaupt nicht – ich habe mit dem Stefan erst einmal darüber gesprochen. Danach kam er zu mir, um Sitze und Gurten einzustellen. Und dann sehen wir uns am Freitag und machen die Streckenbesichtigung. Ich werde ihm erklären, wie das mit dem Schrieb funktioniert – und dann schauen wir einmal!

In punkto Schrieb muss er ja nicht die Entfernungen und Kurvenradien abschätzen, weil ja im Normalfall der Pilot den Schrieb vorgibt.

Er kann das praktisch 1:1 übernehmen, was ich ihm sage. Wenn er jetzt selbst fahren würde oder wenn er mit jemandem fahren würde, der auch noch nie gefahren ist – dann wäre das natürlich schwierig, denn dann musst du dir das alles erst erarbeiten. Aber ich weiß genau, was ich will – und das sage ich ihm. Das soll er aufschreiben – und dann soll er es mir vorlesen.

Was sind die drei wichtigsten Regeln, die du Stefan ans Herz legen würdest für seinen Premiereneinsatz auf dem Beifahrersitz?

Ganz wichtig ist einmal: Ruhig bleiben – in mentaler Hinsicht, reden darf er schon (lacht). Dann: Nicht nervös sein, das Ganze locker nehmen. Es geht für uns ja um absolut nichts. Wir fahren ja nicht, weil wir etwas gewinnen wollen. Sondern wir fahren eigentlich mit dem ältesten Auto im Bewerb.

Was könnte ein sportlicher Erfolg bei dieser Mission sein?

Ich spekuliere überhaupt nicht mit irgendeiner Platzierung. Bei den Alternativantrieben sind wir glaube ich fünf oder sechs Bewerber – da fahren wir gegen einen Flüssiggas-Subaru Impreza und der Rest besteht, so glaube ich, aus Dieselmotoren.

Mir ist vor allem eines wichtig: Das Auto soll unbeschadet, heil ins Ziel kommen – natürlich: Wir wollen sicherlich nicht Letzter werden, das ist ganz klar. Aber der Rest ergibt sich – wir haben da sicher keine Vorgaben, dass wir etwas gewinnen oder etwas beweisen wollen. Es soll einfach Spaß machen.

Gut – eines wollen wir schon beweisen: Dass auch Autos mit Vergaser mit einem Alternativtreibstoff funktionieren.

Wenn das funktioniert – wirst du dann auch dein Privatauto umrüsten?

Privat haben wir eigentlich nur Dieselautos. Aber wer weiß? Vielleicht! Schauen wir einmal! Nachdem ich ja einige Escorts zuhause stehen habe – vielleicht bauen wir tatsächlich noch einen um. Denn der Riesenvorteil ist ja der Preis: Das Superethanol kostet auf der Tankstelle 0,99 Euro pro Liter – also nicht einmal einen Euro!

Also auch eine Art Signal an die Serie?

Es soll eine Botschaft an alle sein: Es gibt einen Alternativkraftstoff, mit dem auch alte Autos funktionieren könnten. Denn Gas funktioniert nicht, das kann ich nicht einfüllen. Alte Dieselmotoren gibt es – aber das ist für den Sport absolut ungeeignet. Was auch noch hinzukommt und was ich toll finde: 85 Prozent von dem Treibstoff kommt aus Österreich. Das wird hier produziert, da hat also auch die österreichische Wirtschaft etwas davon.

Welche Modifikationen musstest du an deinem Motor vornehmen, um mit Superethanol fahren zu können?

Man muss mit der Verdichtung höher gehen. Man braucht eine größere Düse, weil das Volumen von diesem Kraftstoff ganz anders ist. Und man benötigt mehr Vorzündung.

Wie viel hat dich der Umbau gekostet?

Gekostet hat der Umbau vor allem viel Zeit. Ganz viel Zeit. Die Materialkosten haben vielleicht 1.000 Euro betragen. Die Arbeit am Motor, Dichtsätze, andere Düsen und so weiter.

Diesen Umbau könnte also jeder Bastler selbst vornehmen?

Jeder geübte Heimwerker, der sich mit dieser Materie schon beschäftigt hat und sich auskennt, sollte das eigentlich zusammenbringen.

Wie sieht es in punkto Schadstoffe aus beim Superethanol?

Naja, man hört ja verschiedenste Dinge – deshalb dachte ich mir, das muss ich mir jetzt einmal ansehen. Ich habe ein Superethanol genommen und ein Benzin mit 100 Oktan – und habe jeweils ein Stamperl angefüllt und es angezündet. Das Superethanol brennt ganz leicht bräunlich, das Superbenzin russt kohlrabenschwarz. Als dann alles verbrannt war, war das eine Stamperl bräunlich und das andere war kohlschwarz – da sieht man schon einmal: Das Superethanol ist mit Sicherheit besser für unsere Umwelt.

Dann hat es noch geheißen: ‚Wenn es unter 13 Grad hat, zündet das Superethanol schlecht.’ Ich habe mir gedacht: ‚Das schauen wir uns an!’ Ich nahm das Superethanol, gab es in einen Behälter und stellte diesen in das Gefrierfach. Dort hatte es minus 17 Grad, dort stand es zwei Tage lang. Dann nahm ich es heraus und habe gesehen, dass es nicht eingefroren und noch flüssig war. Und dann habe ich es wieder angezündet – und es hat sofort gebrannt! Also diese ganzen Vorurteile – die habe ich bislang noch nicht bestätigen können…

Gut, dann drücke ich euch die Daumen, auf dass euer Vorhaben in Erfüllung geht!

Danke sehr, wir werden unser Bestes geben.

Stefan Schmudermaier wird regelmäßig auf www.motorblog.cc über sein Abenteuer Co-Pilot berichten!

Sportlicher Werdegang von Sepp Pointinger

1973 - 74 nationale Rallyes, Autoslaloms, Wertungsfahrten
1975 Läufe zur Österreichischen Rallye Staatsmeisterschaft, Auto-Cross
1976 erster Rallye Europameisterschaftslauf, Läufe zur österr. Rallye Staatsmeisterschaft
1977 erster Rallye Weltmeisterschaftslauf (Acropolis), Rallye Cross
1978 Rallyes, Rallye Cross
1979 Mechaniker im Pro-Car Team von Dr. Helmut Marko (BMW M1)
1980 Rallye Mitropacup, Rundstrecke R5
seit 1981 ausschließlich Rallyes, EM – WM Läufe, Langstreckenrallyes
1986 Can-Amex Rallye 5. Gesamt
1988 Paris – Dakar
1991 Rallye Monte Carlo 20. Gesamt
1994 Gesamtsieger Fiat Cinquecento Trofeo
1995 London – Mexico 14. Gesamt
1996 Rallye Europameisterschaft als Co-Pilot mit K. Göttlicher, 2. Gesamt
1997 Panama – Alaska 10. Gesamt
1998 Läufe zum österr. Rallye Historic Cup
2000 London – Sidney Rallye 9. Gesamt
2002 österr. Historische Staatsmeisterschaft 3. Gesamt
2003 East-African Safari Rallye 16. Gesamt, Sunbeach Rallye sprint Barbados Gesamtsieg
2004 Gesamtsieg Barbados Rallye Carnival mit Ernst Harrach
2005 East African Safari Rallye Sieger Klasse –1600ccm, OSK-Pokalsieger, Castrol Trophy 3. Gesamt
2006 Castrol Historic Rallye Staatsmeister

Zur Website von Sepp Pointinger

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