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Rallye-WM: Zypern

Loeb feiert 50. Sieg – Petter Solberg sensationeller Dritter!

Loeb kann aufstürmenden Hirvonen parieren – die Sensation liefert Petter Solberg, der im privaten Xsara dem Werksfahrer Sordo Platz 3 wegschnappt. In der PWRC holt Sandell den zweiten Sieg in Folge, in der JWRC staubt Prokop zehn Punkte ab.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Citroen, Photo4

Für den Sonntagvormittag standen zwar nur noch drei Wertungsprüfungen auf dem Programm – doch diese erstreckten sich insgesamt auf immerhin rund 80 Prüfungskilometer.

Weil Sébastien Loeb vor den letzten Prüfungen rund 50 Sekunden Vorsprung auf seinen Kontrahenten Mikko Hirvonen aufwies, rechneten die meisten Experten mit einem weiteren Sieg des Serienweltmeisters. Für Spannung jedoch sorgte Petter Solberg, der sich am Samstagnachmittag bis auf 15,9 Sekunden an den Dritten, Dani Sordo heran pirschen konnte und für den Sonntag einen weiteren Angriff angekündigt hatte, um den Spanier vom Podest zu drängen. Noch nicht entschieden war auch der Kampf um den Sieg in der seriennahen PWRC, wo Patrick Sandell eine finale Attacke auf den führenden Armindo Araujo angekündigt hatte.

Straßenfegerfunktion eingeschränkt

Am Sonntagmorgen stand zunächst die rund 30 km lange SP 12 „Foini“ auf dem Programm – die Prüfung präsentierte sich feucht und stellenweise schlammig. Für Mikko Hirvonen bedeutete dies, dass der führende Loeb weniger an seiner „Straßenfegerfunktion“ leiden würde. Hirvonen brannte die Bestzeit in den Asphalt, doch Loeb büßte als Drittschnellster nur 5,8 Sekunden von seinem Vorsprung ein. Der Franzose erklärte: „Ich hatte keine Splitzeiten im Auto, weshalb ich nach Gefühl fuhr. Ich denke, ich bin nicht schlecht gefahren, war jedoch stellenweise zu vorsichtig.“ Hirvonen wollte zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgeben: „Es sind noch zwei Prüfungen zu absolvieren, darunter eine sehr lange SP.“

Die folgende SP 13 „Anadiou“ war mit rund 40 km die längste der Zypern-Rallye 2009. Hirvonen konnte erneut die Bestzeit fahren, Loeb verlor als Viertschnellster 17,1 Sekunden und kommentierte seine Fahrt mit den Worten: „Ich habe nichts riskiert, wollte einfach nur auf der Straße bleiben. Ich war erneut etwas zu vorsichtig unterwegs, Mikko konnte sicher um einiges schneller fahren.“ Hirvonen war zum einen glücklich, erkannte aber auch, dass er den nunmehr auf 26,9 Sekunden geschmolzenen Rückstand unter normalen Bedingungen nicht mehr einholen kann: „Schade, dass wir nur noch eine Sonderprüfung vor uns haben.“ Diese eine Prüfung, die bereits am Freitagmorgen befahrene SP „Anadiou Dam“ betrug zudem nur noch 11 km – so steuerte Sébastien Loeb dem Sieg entgegen, war auf der letzten SP sogar um drei Zehntelsekunden schneller als Hirvonen.

“50 ist eine schöne Zahl“

Loeb und sein Co-Pilot Marc Marti feiern damit nicht nur den dritten Sieg in Folge, die beiden Citroen-Werkspiloten erhöhen damit nicht nur ihren Punktevorsprung auf acht WM-Punkte – denn Loeb darf sich auf der Insel Zypern über den runden 50. WRC-Sieg freuen.

Im Zielraum der letzten Wertungsprüfung erklärte ein merklich erfreuter Sébastien Loeb gegenüber dem WRC-Radio: „Das ist unglaublich! Ich erinnere mich noch gut daran, als ich die Rekorde von Carlos [Sainz, d. Red.] und Colin [McRae, d. Red.] einstellen konnte. 50 Siege sind wirklich eine bemerkenswerte Anzahl, es ist eine schöne Zahl. Ich bin wirklich happy mit dem, was wir zurzeit erreichen.“

Kämpferisch legte der Franzose nach: „Aber damit ist es noch lange nicht zu Ende!“ Niemand wird die folgenden Worte des fünffachen Rallye-Champions anzweifeln, der seinen Kommentar mit einer weiteren Kampfansage abschloss: „Das wird nicht der letzte Sieg sein, es wird auch den 51. Sieg geben!“

“Rallye am Freitag verloren“

Mikko Hirvonen hat eine weitere Chance verpasst, den überirdischen „Super-Séb“ zu schlagen – seine Aufholjagd hat gezeigt, dass ein Sieg im Bereich des Möglichen lag. Hirvonen musste zerknirscht zur Kenntnis nehmen, dass er nun schon acht WM-Zähler zurückliegt – der Finne gestand: „Ich denke, wir haben die Rallye schon am Freitag verloren. Wenigstens konnten wir am Samstag und am Sonntag den Rückstand reduzieren.“

In bester Gerhard Berger’schen „Hättiwari“-Manier fügte Mikko Hirvonen hinzu: „Wenn es trocken gewesen wäre, dann wäre es vielleicht anders ausgegangen. Wir sind auf Schotter definitiv um einiges schneller und ich hoffe, dass wir in Portugal einen guten Kampf haben werden.“

Teamkollege Jari Matti Latvala war zwar erneut recht schnell an diesem Wochenende – mit einem Abflug und mehr als 20 Minuten Zeitverlust zahlte der 24-jährige jedoch erneut Lehrgeld.

Solberg macht es spannend

Für die Spannung sorgten jedoch weniger die beiden WM-Duellanten. Der große Held hieß abermals Petter Solberg in seinem silbergrauen, vom eigenen Team eingesetzten Citroen Xsara WRC. Sukzessive näherte sich Solberg dem Citroen-Werkspiloten Dani Sordo: Auf SP 12 fuhr er die zweitschnellste Zeit, konnte Sordo jedoch nur 1,7 Sekunden abknöpfen – doch auf dieser SP wäre erneut die Bestzeit möglich gewesen, wie Solberg im Zielraum der Prüfung verriet: „Wir hatten ein Problem beim Schalten. So habe ich den Motor abgewürgt, als ich probiert habe, eine Haarnadelkurve mit dem vierten Gang zu nehmen. Danach haben wir zwölf Sekunden damit verbracht, den ersten Gang zu finden. Ich darf nicht zulassen, dass so etwas noch einmal passiert – aber das macht die weitere Rallye noch einmal so richtig spannend.“

Der selbstbewusste Ex-Weltmeister drehte auf der 40 km langen „Königsprüfung“ richtig auf – erneut war lediglich Hirvonen schneller als der Neo-Privatier. Dabei lief es auch auf dieser SP nicht problemlos für den Zypern-Sieger des Jahres 2003 ab: „Wir kamen im mittleren Teil überhaupt nicht zurecht. Ich kam in den engen Passagen in keinen guten Rhythmus.“ Doch der Stoppuhr waren diese Probleme herzlich egal: Weil Dani Sordo als Achtschnellster 54,3 Sekunden verloren hatte, rückte Petter Solberg vor auf den ersehnten dritten Gesamtrang.

Der Norweger rang nach Worten: „Es ist schwer zu glauben, dass wir jetzt auf Platz drei liegen – das ist nicht schlecht! Aber wir haben noch elf Kilometer vor uns, ich muss daher etwas Vorsicht walten lassen.“ Allerdings fehlten Solberg zu diesem Zeitpunkt bereits 28,5 Sekunden – so konnte er den famosen dritten Platz belegen.

“Aaaaah, ich bin so glücklich…“

Im Zielraum der letzten Prüfung war es dann auch gewiss. Zunächst erkundigte sich Solberg beinahe ängstlich klingend: „Wie ist die Zeit? Ist sie okay?“ Auf die Mitteilung, wonach der den dritten Platz inne hat, reagierte Solberg seinem Image entsprechend – ein überglücklicher „Hollywood“ stieg aus dem Wagen, umarmte Radioreporter Colin Clark und jubelte herzerwärmend: „Aaah…jaaaa…ich bin so happy….das Team hat so hart gearbeitet…“

Weil Solberg als Privatier keine Herstellerpunkte einstreift, wurde Dani Sordo angewiesen, sich nicht zu hart gegen den aufstürmenden Ex-Werkspiloten aufzulehnen. Ein enttäuschter Dani Sordo erklärte: „Wir sahen, dass Solberg schneller ist als ich – von der Mitte der vorletzten Prüfung an habe ich dann entschlossen, es langsamer anzugehen und mich mit dem vierten Platz zu begnügen, um die Punkte für die Marken-Weltmeisterschaft zu sichern.“

Wilson mit Bestzeit guter Fünfter

Bis zur letzten SP tobte ein harter Kampf um den fünften Platz – zwischen dem Citroen Junior Sébastien Ogier und seinem Verfolger Matthew Wilson im Stobart Ford. Ogier, der den IRC-Auftakt in Monte Carlo für sch entscheiden konnte, hatte sich nach einer Rolle am Samstag wieder vorgearbeitet und Wilson vom fünften Platz verdrängt, als dieser auf der vorhergehenden SP den Motor abwürgte. Doch auf der letzten Prüfung, weniger als einen Kilometer vor dem Ziel entfernt, flog Ogier von der Piste – womit seine Rallye endgültig beim Teufel war.

Weil Matthew Wilson davon noch nichts wusste, fuhr er die letzte Prüfung mit dem Messer zwischen den Zähnen – der Lohn: Die sensationelle Bestzeit auf der letzten SP! Erschöpft und überglücklich erklärte er: „Ich konnte wirklich nicht mehr schneller fahren – ich habe so hart wie nur möglich gepuscht.“ So darf sich der Sohn von Ford-Teamchef Malcolm Wilson über einen verdienten fünften Platz freuen.

Inflation bei den WM-Punkten

Mit einem sagenhaften Rückstand von mehr elf Minuten konnte Citroen Junior-Pilot Conrad Rautenbach den sechsten Platz belegen, nachdem sein Stallkollege Evgeny Novikov von der Strecke abkam und im Straßengraben steckend seine Punktehoffnungen begraben musste.

Rund zwei Minuten hinter Rautenbach konnten auch Munchi’s Ford-Pilot Federico Villagra und auch Khalid Al-Quassimi WM-Punkte abstauben – der dritte Ford-Werkspilot darf sich über die zweite Punkteplatzierung in der noch jungen Saison freuen – bezeichnend dafür, wie sehr das Niveau in der „Königsklasse des Rallyesports“ gesunken ist.

Sandell bezwang Araujo auf Mammuth-SP

Ein bis zum Schluss spannender Kampf um den Sieg wurde von der seriennahen Produktionswagen-Weltmeisterschaft PWRC geboten. Red Bull Rallye Team-Pilot Patrik Sandell blies auf seinem Skoda Fabia Super 2000-Boliden zur Jagd auf den führenden Armindo Araujo im herkömmlichen Mitsubishi Lancer Evo IX.

Auf SP 12 lag er dann aber eine Zehntelsekunde hinter dem Führenden. Doch auf der 40 km langen „Mammuth-Prüfung“ ließ es Sandell dann krachen - und wie: Mit der Bestzeit konnte er Araujo nicht nur 34,1 Sekunden abknöpfen, er übernahm auch die Führung, lag nun 17,5 Sekunden vor seinem Kontrahenten, der allerdings mit Getriebeproblemen zu kämpfen hatte. Auch auf der letzten Prüfung war Sandell am schnellsten unterwegs – so darf er sich über den zweiten Sieg in Folge und über sieben Punkte Vorsprung in der Weltmeisterschaft freuen.

Patrik Sandell erklärte: „Absolut perfekt, ich freue mich riesig. Wir konnten heute Früh nicht pushen und keine Zeit gutmachen, weil es einfach zu rutschig war. In der zweiten Prüfung wurde die Traktion aber dann viel besser – wobei ich natürlich auch etwas vom Pech Araujos profitiert habe. Es ist ein tolles Gefühl, zweimal hintereinander zu gewinnen. Aber ich bin auch für die Zukunft sehr optimistisch. Denn ich werde mit dem Auto immer vertrauter.“

JWRC: Klarer Sieg für Prokop

Freuen darf sich natürlich auch Martin Prokop, der nichts dafür kann, dass in seiner JWRC nur drei Piloten um WM-Punkte gekämpft haben. Der Citroen-Pilot feiert einen souveränen Sieg mit über 1,5 Minuten Vorsprung auf Michal Kosciuszko auf dem Suzuki Swift Super 1600 – dessen Markenkollege Aaron Burkart steigt mit mehr als 19 Minuten Rückstand als Dritter der JWRC auf das Siegerpodest.

Die nächste, vierte Runde der Rallye-Weltmeisterschaft steigt von 3. bis 5. April in Portugal – dort wird Marcus Grönholm im privaten Prodrive-Subaru für Aufmerksamkeit und hoffentlich auch Spannung sorgen. Der Lauf zählt wie die Zypern-Rallye zugleich zur PWRC und zur JWRC.

Ergebnis und WM-Stand finden Sie in der Navigation rechts.

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