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Ilka Minor im Exklusivinterview

Ilka Minor spricht über ihr überraschendes Comeback in der Rallye-WM, als neue Co-Pilotin von Stobart Ford-Pilot Henning Solberg.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: minor.at, Photo4

Es ging sehr schnell: Nach neun Jahren Zusammenarbeit beschloss Henning Solberg, sich von seinem Co-Piloten Cato Menkerud zu trennen. Einen Grund gab er nicht an. Nur wenige Tage später wurden Gerüchte laut, Solberg wolle mit Ilka Minor an den Start gehen. Die Österreicherin kennt er noch aus dem Jahr 2006, als Manfred Stohl und Ilka Minor sowie Henning Solberg und Cato Menkerud mit den Peugeot 307 WRC des Bozian Teams immer wieder aufhorchen ließen und das Austro-Duo mit Platz vier in der WM das bislang beste Ergebnis eines Privatiers erzielen konnte.

Im exklusiven Interview mit motorline.cc spricht Ilka Minor über ihr bevorstehendes WM-Comeback und die Chancen an der Seite von Henning Solberg.

War deine Rückkehr auf die WM-Bühne auch für dich überraschend?

Ja, das war absolut überraschend. Ich habe am Donnerstag im Internet gelesen, dass sich der Henning [Solberg, d. Red.] und der Cato [Menkerud - sein bisheriger Co-Pilot, d. Red.] getrennt haben. Und an dem Tag hat Henning auch bei mir angerufen.

Als du das gelesen hast – dachtest du da bereits an die Möglichkeit, mit ihm zu fahren?

Nein, denn ich habe eigentlich gar nicht damit gerechnet. Der Henning hat irgendwann im Dezember mit dem Manfred [Stohl, d. Red.] telefoniert und hat ihm erzählt, dass er eventuell gerne mit mir fahren würde. Der Manfred hat es also eigentlich vor mir gewusst. Ich habe mir aber nicht viel dabei gedacht. Am Donnerstag ist eben der Anruf gekommen – er sucht einen Beifahrer, er braucht jemanden, er möchte gerne mit einer Frau fahren. Und nachdem wir uns kennen, hat er schließlich gefragt, ob ich nicht mit ihm fahren möchte.

Hast du lange überlegen müssen?

Nicht wirklich. Die Chance, dass du noch einmal mit einem World Rally Car in der WRC fahren kannst – die ist nicht sehr groß. Das hat am Ende des Jahres ein Ende – und eigentlich wollte ich mir diese Chance nicht nehmen lassen.

Glaubst du, dass die Super 2000-Autos auch mit Turbo weniger geil sein werden als ein World Rally Car?

Ob sie nicht so geil sein werden, weiß ich nicht – aber es ist sicher ein Unterschied, ob du mit einem Zweilitermotor oder mit einem 1,6 Liter-Motor fährst. Ich kann mir schon vorstellen, dass es da einen Unterschied gibt. Technisch kenne ich mich zu wenig aus, um das beurteilen zu können. Aber noch einmal mit einem richtigen WRC fahren – das macht, glaube ich, schon Sinn.

Ihr fährt ein Ford Focus WRC – wie groß ist der Unterschied zwischen den Werks- und den Kunden-Ford?

Ich kann es auch nicht wirklich sagen - aber es ist sicher so, dass es von den Bauteilen her einen Unterschied gibt zwischen den richtigen Werksautos und den Kundenautos. Die Werksautos dürfen beispielsweise Teile verwenden, die nach dem Jänner 2010 homologiert worden sind - die Kunden dürfen nur Teile verwenden, die vor dem Jänner 2010 homologiert wurden.

Das heißt: Am Saisonbeginn liegen Werk und Kunden näher beisammen?

Ich kann es nicht wirklich sagen. Ich habe auch überhaupt keine Idee, wie das bei Ford abläuft.

Du kennst Henning gut, ihr ward 2006 Teamkollegen – aber gemeinsam gefahren seid ihr noch nie, oder?

Ja, wir sind noch nie gemeinsam gefahren. Wir sind noch nie im Auto aufeinander getroffen – deswegen wollen wir auch gemeinsam eine Testrallye bestreiten, eventuell am nächsten Wochenende oder am Wochenende darauf. Damit wir uns einmal aufeinander einschießen, denn der Henning fuhr bislang mit einem Schrieb in Norwegisch und ich bin bis jetzt immer mit einem Schrieb in Deutsch gefahren – wir müssen uns also beide auf Englisch umstellen.

Das wird sicher hart am Anfang?

Ich gehe der ganzen Sache schon mit Respekt entgegen – nach 15 Jahren Deutsch ist das sicher nicht so einfach, dass du dich gleich umstellst. Und gleich mit einer Schweden-Rallye zu beginnen, die sehr, sehr schnell ist – da kommt schon Respekt auf.

Henning Solberg ist ein Pilot, der vereinzelt immer wieder Podestplätze einfährt – ist das heuer auch noch möglich? Oder wird es schwieriger?

Nein, ich glaube schon, dass es möglich ist. Das Feld ist ja in etwa gleich wie im letzten Jahr und da hat er es ja auch geschafft. Sein großes Ziel oder sein großer Traum ist es, einmal eine Rallye zu gewinnen – aber ich sage einmal: So lange ein Sébastien Loeb und ein Mikko Hirvonen nicht ausfallen, wird es schwer sein für einen Privatfahrer, das zu schaffen. So lange die beiden keine Fehler machen…

…was selten vorkommt.

Eben.

Was sind die Stärken von Henning Solberg? Was sind seine Schwächen?

Ich kann das bislang nur als Außenstehende beurteilen – aber meiner Meinung nach gibt er sehr schnell auf. Das heißt: Wenn er am ersten Tag einen Fehler macht, dann gibt es gleich Aussagen von ihm wie: ‚Dann konzentrieren wir uns auf die nächste Rallye und betrachten diese Rallye als Test.’ Das würde ich nicht tun. Darüber müssen wir noch einmal reden – aber das ist für mich zu schnell aufgegeben, am ersten Tag kann ich noch nicht aufgeben. Da kann noch so viel passieren.

Genau das wird er sich ja auch erwarten - dass du ihm jetzt ein paar neue Perspektiven verschaffst, oder? Deshalb wollte er ja wahrscheinlich den Beifahrer wechseln?

Das stimmt, ja. Sicher – nach neun oder zehn Jahren hat man sich nicht mehr so viel zu sagen wie am Anfang, das ist wie in einer Beziehung. Irgendwann einmal sagst du dir: ‚Der macht das so und dann soll er es halt so machen.’ Da wirst du irgendwann einmal nicht mehr viel dazu sagen – und vielleicht bringt es ihm etwas, wenn irgendetwas verändert wird. Ob es die richtige Entscheidung war, den Beifahrer zu wechseln, weiß man ja nicht. Das kann man jetzt noch nicht abschätzen. Ich hoffe für uns beide, dass es gut laufen wird.

Er muss halt dann auch den Willen zur Veränderung mitbringen…

Klar, ja.

In der Rallye-ÖM wirst du weiter mit Manfred Stohl fahren, das geht sich zeitlich aus?

Ja, das geht sich gut aus.

Das heißt, du bist viel unterwegs im Jahr 2010…

Richtig – was ich in den letzten zwei Jahren nicht getan habe, das hole ich jetzt in dem einen Jahr nach.

Ist das Reisen für dich ein Spaß oder eher anstrengend?

Es macht mir schon Spaß. Es gibt schon ein paar Dinge wie das Training, das ist nicht unbedingt meines. Aber das gehört halt zu einer Rallye dazu. Das Schöne ist dann immer, wenn du am Freitag in der Früh ins Auto steigen und endlich schön über die Prüfungen fahren kannst.

In Österreich ist der Co-Pilot oft auch für organisatorische Dinge zuständig – in der WM jedoch ist es anders…

Die Organisation macht beim Henning das M Sport-Team. Er mietet ja das Auto bei M Sport. Und da brauche ich mich wirklich nur auf meine Sachen zu konzentrieren.

Welche Arbeiten fallen da an?

Zum Beispiel möchten wir in Schweden den Schrieb von 2008 verwenden, denn die Schweden-Rallye war ja zuletzt vor zwei Jahren im WM-Kalender. Das heißt: Er gibt mir den Schrieb. Ich versuche, das von Norwegisch auf Englisch zu übersetzen – und so wollen wir dann ins Training gehen. Und da wollen wir schauen, ob diese Vorgangsweise für die Zukunft das Richtige ist oder ob es nicht besser ist, wenn wir gleich einen neuen Schrieb erstellen.

Das wäre wahrscheinlich besser, oder?

Ich bin auch nicht wirklich der totale Fan dieser Übersetzung von Norwegisch auf Englisch – aber wenn er es probieren möchte, dann mache ich es halt so. Aber ich glaube, dass es bei der Umstellung auf eine neue Sprache wichtig ist, dass du es von Grund auf änderst.

Weil mit der Sprachumstellung ja auch eine andere Sprachregelung, andere Kürzel einhergehen?

Ja. Das glaube ich auch – aber das werden wir bei dieser Testrallye sehen, wie es funktioniert.

Was kann man in Schweden schon konkret von euch erwarten?

Das ist eine schwierige Frage, da traue ich mich gar nichts zu sagen. Der Henning hat zu mir gesagt, dass er vom ersten Kilometer an schnell fahren will – und ich habe geantwortet, dass ich das auch gerne tun will. Aber was dabei rauskommen wird, das weiß man nicht.

Es ist also alles möglich?

Theoretisch schon. Er ist ein Skandinavier, er hat sicher Vorteile am Schnee. Schauen wir einmal, wie wir uns aufeinander einstellen.

Ist die Schweden-Rallye jene Rallye, bei der Henning Solberg die meisten Vorteile hat?

Nein, Schotter-Rallyes liegen ihm ja auch. Aber Schnee und Eis ist für die Skandinavier schon besser als für die normalen Europäer, würde ich einmal sagen.

Letzte Frage: Wer wird Weltmeister?

Ich glaube, dass es wieder der Sébastien Loeb werden wird – es gibt heuer vier Asphalt-Rallyes hintereinander und da wird sich der Mikko Hirvonen sehr schwer tun.

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