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Ralf Schumacher

Turbulente Saison für Ralf Schumacher: Anfangs Probleme mit dem FW25, dann Siege, ein Unfall und am Ende stand er im Schatten seines Teamkollegen...

Große Erwartungen, Enttäuschung beim ersten Test, schlechte Resultate zu Beginn, private Kritik von den Medien, sportliche Probleme, ein sportlicher Aufschwung mit zwei Siegen, der Traum vom WM-Titel, mehrere Rückschläge, ein schwerer Testunfall, ein Rennen Pause und ein nicht ganz versöhnlicher Saisonausklang. Mit diesem Auf und Ab lässt sich die Saison des Ralf Schumacher einfach zusammenfassen.

Und dabei hatte er zu Jahresbeginn noch überraschend viel hellseherisches Talent bewiesen und einen engen Titelkampf zwischen mehreren Piloten vorausgesagt: „Es gibt derzeit vier oder fünf Piloten in der F1, welche - mit dem richtigen Paket ausgerüstet - in der Lage sind, die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Ich würde mal sagen, einer von diesen Piloten zu sein, die nahe dran sind – und es ist auch keine Hexerei, zu dieser Erkenntnis zu gelangen.“

Weniger erfüllten sich – bei den ersten Saisonrennen – hingegen die Erwartungen des Deutschen an seinen neuen BMW-Williams FW25, der von der Presse schnell als Schildkröte verspottet wurde. „Ich hoffe, dass das Chassis hält, was wir uns davon versprechen, dass der neue BMW Motor wieder der beste im Feld ist und beides zu Siegen führt. 2002 habe ich den einzigen Sieg für unser Team erzielt. 2003 sollten es mehr werden.“

Dem sollte auch so sein, allerdings stand davor erst einmal eine harte Zeit mit viel Testarbeit und weniger guten Ergebnissen. Entsprechend stapelte Ralf vor dem Saisonbeginn in Melbourne noch tief: „Es wurde ein ganz neues Auto gebaut, da kann gar nicht gleich alles stimmen,“ machte Ralf Schumacher klar. „Natürlich wäre es super gewesen, wenn wir gleich ohne Probleme Rekordrunden gedreht hätten. Aber die Realität sah anders aus – und deswegen müssen wir jetzt hart arbeiten. Richtig hart.“

Doch ganz „abschminken“ konnten sich die Weiß-Blauen den Sieg in Melbourne, wie Ralf es erwartete, doch nicht – schließlich besaß Juan Pablo Montoya bis zu seinem Dreher alle Siegchancen. Ralf kreuzte die Ziellinie beim Auftaktrennen unterdessen als Achter und betonte noch einmal, dass er „nicht vom WM-Titel gesprochen“ habe: „Ich habe nicht von warmen Eislutschern geträumt.“

Doch „trotzdem ist es ein Blödsinn zu behaupten, ich hätte die Saison schon abgeschrieben,“ rechtfertigte sich der Williams-Pilot gegenüber andersgearteten Vorwürfen der Medienkollegen nach den eher enttäuschenden ersten Saisonrennen. Denn nach dem einen Punktgewinn von Australien folgen in Malaysia, Brasilien und Imola mit den Rängen vier, sieben und vier zwar weitere Punkteankünfte, doch hatte Ralf etliche Probleme mit dem neuen Einzelqualifying.

Der weiß-blaue Bolide habe jedoch „Potenzial für Siege, nur müssen wir das auch umsetzen“: „Prinzipiell fand ich das Einzelzeitfahren recht interessant und spannend für die Zuschauer, für die Techniker und für uns Fahrer ist es natürlich ärgerlich, wenn - so wie bei mir - ein paar kleine Fehler passieren.“

Und diese passierten in den ersten Qualifyings des Jahres einfach zu häufig. Entsprechend oft musste der Kerpener zur Frustbekämpfung greifen: „Ich hab' mein Frust-Bier schon hinter mir: Mann, war das zum Ärgern.“

Noch ärgerlicher als die Probleme auf der Strecke waren die persönlichen Attacken der Boulevardpresse auf den Deutschen, welche ihm diverse Skandale andichten wollte. „Auch wenn ich einige jetzt wohl bitter enttäusche: Ich bin genau so wenig schwul wie die Donau eine Insel ist,“ verteidigte sich ein zu Recht wütender Ralf Schumacher.

Nach den wenig schönen und keinesfalls sportlichen Schlagzeilen der vorangegangenen Tage musste Ralf Schumacher dann beim Abschluss-Qualifying zum Großen Preis von Malaysia in Sepang einen weiteren herben Rückschlag einstecken, da sich der Vorjahressieger mit über 1,7 Sekunden Rückstand auf Überraschungs-Pole-Setter Fernando Alonso nur auf dem 17. Startplatz qualifizieren konnte.

„Dieser neue Qualifying-Modus bringt es ja mit sich, dass du nie weißt, wie deine Leistung einzuschätzen ist. Erst wenn dein Teamkollege mit seiner Runde durch ist, weißt du, wie gut du warst,“ so Ralf der offen zugab: „Offensichtlich komme ich mit dem neuen Qualifying-Modus noch nicht so richtig klar.“

Für die britische Presse war dies jedoch ein gefundenes Fressen, weswegen man Ralf schnell einen blauen Brief von seinem Arbeitgeber andichtete, wie eine „nicht näher definierte“ Quelle der britischen Sun berichtete: „Im Moment denken Frank Williams und Patrick Head nicht wirklich, dass Ralf das Beste für sein Geld leistet und deshalb haben die beiden ihm das in ihrem Brief mitgeteilt. Sie wissen, was Ralf imstande ist zu leisten und sie sind daher besorgt, Ralf würde nun weiter auf diesem Level operieren. Sie wollen, dass er sich einen Ruck gibt und wieder ganz vorne mitkämpft.“

Der Betroffene kommentierte die ganze Angelegenheit rigoros mit den Worten: „Das hatte beim besten Willen nichts mit einem blauen Brief zu tun.“ Einen solchen hätte er allerdings erhalten, wenn er sich seinem siebten Rang beim Chaosrennen von Brasilien seinen Emotionen freien Lauf gelassen hätte: „Zurück in der Garage hätte ich am liebsten die Einrichtung zertrümmert. Meine Mechaniker haben mir genauso gratuliert wie ein paar Journalisten, aber ich kann mir nix dafür kaufen! Im anschließenden Briefing mit den Ingenieuren dann die niederschmetternde Erkenntnis: Sie haben ausgerechnet, dass ich bei normalem Rennverlauf auf Platz 2 gelandet wäre - verdammt!“

Beim Großen Preis von Österreich stand dann ein Jubiläum an, der 100. gemeinsame Grand Prix der beiden Schumacher Brüder. „Unglaublich, dass ich mich schon so lange mit Ralf hier herumärgern muss....!“ scherzte der ältere der beiden Schumachers vor dem Rennwochenende. Dieses sollte für seinen jüngeren Bruder jedoch alles andere als gut beginnen.

„Irgendwie hab' ich's beim Anfahren der Kurve schon gespürt: Leichtes Übersteuern dann beim Anbremsen, also musste ich gerade in die Kurve 'rein, bin von der Linie abgekommen, dort war's dreckig - und schon hab' ich mich im Kies wiedergefunden. Verdammt.“

Doch auch im Rennen sollte es nicht besser laufen: „In den ersten Runden hab' ich mich schon gewundert, warum's so ruhig ist, warum über Funk keiner mit mir spricht,“ erinnert sich Ralf, der die Lösung aber sofort entdeckte: „Na ja, geht auch schwer, wenn das Kabel nicht eingestöpselt ist.“

Am Ende musste sich Ralf mit Rang 6 zufrieden geben, während sein Bruder Michael den Grand Prix zu seinen Gunsten entscheiden konnte – und dies trotz eines Boxenfeuers: „Unglaublich nach der Aktion beim Boxenstop, die ich erst nach dem Rennen im Fernsehen mitgekriegt habe. Wenn ich das nächste Mal mit ihm essen gehe, bestelle ich gegrilltes Haifisch-Steak für ihn...“

Vom vorerst letzten Gastspiel in der Steiermark ging es dann in die Straßen des Fürstentums zu Monaco, welche Ralf zwar nicht wirklich liebt, was ihn jedoch nicht davon abhielt dort auf die Pole Position zu fahren. Im Rennen erlangte er letztlich allerdings nur den vierten Platz, während sein Teamkollege Juan Pablo Montoya den ersten Sieg des Williams Teams im Jahr 2003 einfahren konnte.

Beim Kanada GP konnte Ralf dann sein Endergebnis aus Monaco halbieren und hinter seinem Bruder den zweiten Platz auf dem Podest erklimmen, was ihm letztlich allerdings noch nicht genug war: „Gut, Platz 2 ist natürlich nicht so schlecht - aber wenn du zwei Drittel des Rennens schneller als der Sieger könntest, dann frustriert dich das natürlich schon ein bisschen.“

Und da waren sie wieder – die Kritiker vom Schlage eines Hans Joachim Stuck, welche dem jüngeren Schumacher vorwerfen zu zögerlich gegen seinen Bruder zu überholen: „Ralf Schumacher geht im Zweifelsfall immer auf Nummer sicher. Risiko? Nein danke... Wer in entscheidenden Situationen nicht 150 Prozent gibt (wie z.B. Bruder Michael), wer nicht erkennt, dass Talent alleine nicht reicht – wird es ein Leben lang schwer haben in der Formel 1.“

Doch während Michael Schumacher seinen Bruder vor dem ersten Heim Grand Prix des Jahres am Nürburgring noch in Schutz nahm, schlug dieser in der Eifel mit einem Sieg zurück: „Von wegen Weichei und Bruder-Komplex, aber was soll’s, das scheint halt mein Los zu sein! Auf jeden Fall wird aber heute noch kräftig gefeiert. Hoffentlich erleb’ ich Mitternacht noch, schließlich will ich ja ordentlich in meinen Geburtstag ´reinfeiern...“

Und zu feiern gab es auch beim nächsten Rennen in Frankreich etwas – nämlich den zweiten Sieg in Folge! Und plötzlich waren da auch wieder die Titelträume: „So lange der Titelkampf noch nicht entschieden ist, kann man sich seiner Sache in der F1 niemals sicher sein, aber jeder Fahrer möchte gerne einen Titel gewinnen. Ich habe lange gewartet und nun könnte es in diesem Jahr vielleicht möglich sein...“

Aber dann kam Silverstone. Und mit Silverstone auch das erste punktelose Rennen des Deutschen in dieser Saison. Nach Platz neun beim Heimrennen seines Teams sah Ralf die Titelchancen auch schon wieder schwinden. „Es sind zwar noch ein paar Rennen zu fahren, aber die Chance auf die WM ist natürlich jetzt minimal.“

Doch es sollte noch schlimmer kommen. Denn beim zweiten Heim Grand Prix des Kerpeners in Hockenheim sollte er bereits in der ersten Kurve durch eine Kollision mit Kimi Raikkonen und Rubens Barrichello ausscheiden. Da die FIA-Rennkommissare in diesem „Rennunfall“ jedoch auch eine „vermeidbare Kollision“ sahen und Ralf die Schuld an dieser gaben, bestraften sie diesen mit einer Zurückversetzung in der Startaufstellung des nächsten Grand Prix in Ungarn, gegen welche das BMW-Williams Team allerdings postwendend Protest einlegte.

Entsprechend wurden Ralf Schumacher und sein Team in der Woche vor dem Großen Preis von Ungarn am Hungaroring zu den Stars der ersten live im TV übertragenen FIA-Gerichtsverhandlung. Und obwohl Ralf auch danach noch als „Schuldiger“ da stand, hatte der Einspruch der Weiß-Blauen Erfolg, da die FIA die Bestrafung des Deutschen in eine Geldstrafe abmilderte.

Und da waren sie wieder – die letzten Titelträume: „Jetzt fahre ich richtig gerne, also quasi nicht mehr ungern, nach Ungarn. Nicht nur, dass der Spaßfaktor im Ungarn-Grand-Prix damit ein wesentlich höherer sein wird, durch diese Entscheidung bleibt auch meine winzig kleine theoretische Chance auf die WM bestehen, für die ich alles geben werde.“

Nach einem vierten Rang bei eben jenem Ungarn Grand Prix sollte am 2. September jedoch bei Testfahrten im italienischen Monza Ralfs „schwerster“ Unfall in seiner F1-Karriere folgen. „Ich wusste, dass es heftig werden würde und hatte den Eindruck, mich zu überschlagen“, schilderte Ralf den Crash. „Danach hab’ ich mich neben das Auto gesetzt, und dann.....nix mehr, Filmriss! Erst an die Untersuchung im Medical Center und später an den Helikopterflug mit meinem Bruder Michael ins Krankenhaus kann ich mich schemenhaft wieder erinnern. Sonst weiß ich gar nix.“

Und obwohl Ralf von F1-Doc Sid Watkins das OK bekam beim Italien GP in Monza nur eine gute Woche nach seinem heftigen Unfall wieder ins Cockpit zu steigen, musste er am Samstagmorgen seine Teilnahme doch noch aufgrund der Nachwirkungen seines Unfalls absagen und somit Platz für den spanischen Testfahrer Marc Gené machen.

In Indianapolis kehrte der Deutsche dann beim vorletzten Saisonrennen aber wieder an seinen Arbeitsplatz im FW25 zurück – und dies mit einer vollmundigen Ankündigung: „Ein Rennen will ich noch gewinnen.“

Gelingen sollte ihm dies mit einem Ausfall in Indy sowie einem zwölften Rang in Suzuka allerdings nicht mehr. Entsprechend fällt auch das Saisonfazit des Deutschen wie die Beschreibung einer Achterbahnfahrt aus: „Weltmeister – wie gerne hätte ich mir meinen Traum erfüllt. Ich bleib’ dabei: Noch nie war es so leicht wie in dieser Saison, den Titel zu holen! Ich war so knapp dran, und hab’s dann doch nicht geschafft. Mann, was waren da Glücksmomente dabei in diesem Jahr, und dann sofort drauf wieder die Faust, die mich eingestampft und auf den Boden zurückgeholt hat. Hoch und Tief, Auf und Ab – aber nicht normal, nein, alles extrem…“

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