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Heinz-Harald Frentzen

Zwei Mönchengladbacher in einem Schweizer F1-Rennstall? Neben Heidfeld ging auch Rückkehrer Heinz-Harald Frentzen für Sauber an den Start.

Und obwohl die Medien hierbei gerne einen Stadtkrieg zwischen den beiden Deutschen gesehen hätten und immer wieder davon gesprochen wurde, dass zumindest einer der beiden nach dem Saisonende aufgrund dieses internen Stallduells seine Karriere in der „Königsklasse“ beenden werden müsse, versicherte der ältere der beiden Mönchengladbacher beinahe gebetsmühlenartig: „Ich kam mit Nick sofort klar. Für eine ersprießliche Zusammenarbeit sehe ich keine Probleme.“

Den Beweis hierfür lieferten die beiden Saubermänner hierbei in den 16 Saisonrennen dieses Jahres ab, weswegen ihr Teamchef Peter Sauber schon zur Saisonmitte verkündete: „Ich hatte keine Angst vor dieser Paarung, aber es ging dann sogar noch besser, als ich dachte. Die Verbindung Heinz-Harald Frentzen und Nick Heidfeld ist eigentlich optimal.“

Zum Leidwesen der beiden Piloten schmuggelte sich in diesen ansonsten beinahe perfekten Satz jedoch das kleine Wörtchen „eigentlich“ ein, welches bereits andeutet, dass die „sehr sachliche und kameradschaftliche, aber nicht freundschaftliche Zusammenarbeit“ der beiden, welche „eigentlich nicht besser“ hätte sein können, am Ende nicht reichte, um ihre Cockpits bei den Hinwilern über die Saison hinaus zu sichern.

Und dies obwohl die Saison im australischen Melbourne eigentlich sehr gut begann. Denn nach einem erstaunlichen vierten Rang im Abschlussqualifying konnte sich Frentzen auch im Rennen in Szene setzen und mit seinem sechsten Platz die ersten Saisonpunkte des Jahres einfahren.

Als Ziel hatte sich der Familienvater vor der Saison auch ähnlich gute Ergebnisse ausgemalt, wie er uns im Interview verriet: „Der C22 ist ein größerer Schritt als die Schritte, die Sauber zuvor gemacht hat. Der C22 ist bisher ein sehr standfestes und sehr schnelles Auto, was bedeutet, dass wir gute Karten haben.“

Doch das Blatt sollte sich wenden. Denn schon beim zweiten Saisonrennen in Malaysia sollte Frentzen ohne Punkte bleiben und nur auf dem undankbaren neunten Rang über die Ziellinie fahren. Wieder besser erging es ihm beim Regen-Chaos-Rennen in Interlagos, wo er letztlich auf dem fünften Rang landete, zwischenzeitlich aber aufgrund des chaotischen Verlaufs und des Rennabbruchs sogar Siegchancen hatte.

In Imola durfte Frentzen dann wieder nur nachts und nicht während des Rennens am Sonntagnachmittag von einem Erfolg träumen. Bevor er im Großen Preis von San Marino allerdings seinen elften Rang belegen sollte, musste er im ersten Qualifying noch mit seinem Material kämpfen: „Mein Hauptproblem war heute, dass ich so stark Gas gegeben habe, dass mein Gaspedal gebrochen ist! Es passierte ausgangs der Variante Alta, aber ich konnte die Runde vollenden.“

Nicht gelingen sollte ihm dies beim Spanien Grand Prix in Barcelona, der mit einem Aufhängungsschaden den Anfang einer vier Grand Prix anhaltenden Ausfallserie darstellte. Entsprechend kam Frentzen auch in Österreich, Monaco und Kanada nicht ins Ziel, bevor er in der Eifel erneut auf dem undankbaren und punktelosen neunten Platz landete.

Sein erstes Heimrennen in diesem Jahr beim Großen Preis von Europa auf dem Nürburgring stellte dabei auch seinen insgesamt 150. Formel 1 Grand Prix dar, was sogar für den ansonsten eher Statistik abgeneigten Heinz-Harald Frentzen von Bedeutung war. „Normalerweise interessieren mich Statistiken nicht! Ob es mein 36. Geburtstag oder 150. Grand Prix ist. Allerdings begehe ich mein 150. Grand-Prix-Jubiläum vor meinen Fans in Deutschland und das macht es dennoch besonders.“

Nach zwei zwölften Plätzen in Frankreich und Großbritannien sorgte HHF vor allem abseits der Strecke mit einer Aussage im Schweizer Fernsehen für Aufregung: „Wir werden hart arbeiten“, so der 36-Jährige, der anschließend sagte: „Und ich wünsche Sauber für die Zukunft alles Gute.“

Vor dem anstehenden zweiten Heim Grand Prix des Mönchengladbachers in Hockenheim sorgten diese Worte natürlich für jede Menge Zündstoff, wobei Frentzen verschlüsselt seinen Abschied aus Hinwil zum Ausdruck brachte: „Ich habe meine ersten Erfolge mit Sauber gefeiert und letztendlich werden es vier Jahre sein, die ich in meinen zehn Jahren Formel 1 für Sauber gefahren bin,“ so Heinz-Harald vor dem Deutschland Grand Prix.

Erste Interessenten meldeten sich hierbei natürlich sofort zu Wort, auch wenn Frentzen in Hockenheim Opfer der großen Startkarambolage wurde. „Wir haben dafür gesorgt, Michael und Ralf Schumacher in die Formel 1 zu bringen, vielleicht finden wir bald einen Nachfolger“, kündigte Teamboss Eddie Jordan an, der dann überraschend auch seinen Ex-Piloten, den er einst vor dessen Heimrennen im Badischen vor die Tür gesetzt hatte, ins Spiel brachte, „Nick Heidfeld ist immer ein Thema. Wenn ihn Sauber nicht will, ist er bei uns willkommen. Genauso wie übrigens Heinz-Harald Frentzen.“

Ähnliche Ansichten hegten in der Sommerpause, welche in diesem Jahr mehr denn je zur Spekulations- und Gerüchtehochzeit wurde, auch die verantwortlichen DTM-Teamchefs. „Natürlich ist Heinz-Harald ein interessanter Pilot. Er ist ein netter, sympathischer und lockerer Kerl, der ja früher auch schon gezeigt hat, dass er mit einem Tourenwagen umgehen kann“, verriet Hans-Jürgen Abt. „Wenn er nach der Formel-1-Saison einmal unseren Abt-Audi TT-R testen möchte, werden wir schon eine Möglichkeit finden.“

Und auch der Marketingchef von Opel, Jürgen Schrott, zeigte Interesse an den Diensten des Ex-Vizeweltmeisters: „Es gab Kontakt. Der Ball liegt jedoch bei ihm. Frentzen muss jetzt sagen, was er will.“

Doch was Frentzen sicherlich gewollt hätte, nämlich eine Zielankunft bei den nächsten beiden Rennen in Ungarn und Italien, konnten ihm weder die DTM-Verantwortlichen noch sein Sauber-Bolide geben. In Ungarn traf es den sympathischen Mönchengladbacher dabei sogar doppelt hart: „Heinz-Harald hatte nicht das glücklichste Wochenende“, gab Teamchef Peter Sauber nach dem Rennen zu. „Nach einem dummen Fehler des Teams war er im Qualifying benachteiligt [als ihm die Reifen falsch montiert wurden] und im Rennen ging ihm durch unglückliche Umstände das Benzin aus.“

Und auch in Monza, wo er zwar als 13. gewertet werden sollte, letztlich jedoch nicht die Zielflagge sah, drohte Frentzen nach dem Rennen Ärger, da man bei BMW-Williams mit einem Überrundungsmanöver von Montoya gegen Frentzen nicht einverstanden war.

„Er hat bei der Überrundung in die Renn-Entscheidung eingegriffen“, beschwerte sich BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen, dem sein Kollege Gerhard Berger beipflichtete: „Wenn es Absicht war, dann war es Betrug.“

Doch das war es natürlich nicht: „Meine Rückspiegel waren voller Öl“, verteidigte sich der Deutsche. „Ich konnte nicht erkennen, ob Webber oder Montoya hinter mir lag. Ich wollte sicher gehen, dass ich nicht Webber vorbeilasse. Da ging’s ja um WM-Punkte. Ich habe keine Order bekommen, Montoya aufzuhalten. Man hat mir gesagt, dass Montoya hinter mir ist. Da habe ich Platz gemacht. So schnell ich eben konnte.“

Richtig schnell fahren konnte Heinz-Harald dann beim vorletzten Saisonrennen im verregneten Indianapolis. Denn obwohl es kaum jemand für möglich hielt, schaffte es Frentzen unter gütiger Mithilfe der Bridgestone-Regenreifen und des Wettergottes seinen Sauber C22 auf den dritten Rang zu fahren und bei seinem vorletzten Sauber Grand Prix auf dem Podium zu stehen!

„Ich bin sehr glücklich. Es ist fantastisch! Besonders in unserer Position. Wir hatten eine schwierige Saison und Platzierungen auf dem Podium waren nicht unsere reellen Ziele. Heute waren die Wetter und Streckenbedingungen perfekt für uns“, freute sich Frentzen nach der Siegerehrung. „Ich musste sowieso in die Boxen kommen und bat das Team darum Regenreifen aufzuziehen als es begann zu regnen. Wie sich später zeigte war es die ausschlaggebende Entscheidung. Das Team hat einen großartigen Job gemacht und wie es aussieht ist unser Wagen bei nassen Bedingungen konkurrenzfähiger. Das war unser Joker.“

Beim Saisonfinale in Suzuka sollte dieser Joker allerdings nicht noch einmal stechen, da Frentzen sein letztes Rennen für Sauber frühzeitig mit einem Motorschaden beenden musste. Aber an ein Karriereende möchte Heinz-Harald trotz des noch fehlenden Cockpits für 2004 unter keinen Umständen denken.

„Nein, ich denke noch nicht ans Aufhören. Ich sehe mich momentan als eine Art Messlatte für junge Piloten, die in die Formel 1 einsteigen. Ich bin nur so alt wie ich mich fühle“, sprach sich Frentzen Mut zu. „Im Gegensatz zu anderen Hochleistungssportarten gibt es im Motorsport keine typischen Verschleisserscheinungen. Auch von der psychologischen Seite her stört es mich nicht, 36 zu sein.“

„Als passionierter Rennfahrer reizen mich natürlich andere Rennklassen, auch die Ovale.“ Doch trotz dieser kleinen Orientierung in Richtung Indy Racing League stellte der Manager des WM-Elften dieses Jahres zuletzt klar: „Wir hatten uns die Serie angeschaut und sprachen während des USA GP mit Eddie Cheever. Aber nun haben wir das ad acta gelegt…“

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