MOTORSPORT

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter
Dakar-Rallye 2005

Bitterer Sieg für einen „Blauen“ von KTM

Cyril Despres zeigt sich glücklich, die Dakar gewonnen zu haben, der Verlust seiner Teamkollegen Sainct und Meoni trifft ihn aber hart.

Fotos: KTM

Aktuelle Bilder der Dakar-Rallye finden Sie in der rechten Navigation!

Wie oft wohl malt sich ein Sportler den Moment aus, in dem er den Sieg holt, den er sich seit Jahren erträumt? Ganz sicher hat sich Cyril Despres diesen Moment anders vorgestellt. Er gewinnt zum 1. Mal die schwerste Rally der Welt, er gewinnt die 27. Rally Dakar. Aber es ist ein bitterer Sieg.

Cyril Despres: „Ich bin glücklich, gewonnen zu haben. Aber ich denke, ich werde erst in einigen Wochen begreifen, was mir da gelungen ist. Im Moment bin ich nur sehr erleichtert und zufrieden, dass ich das Versprechen halten konnte, das Fabrizio und ich uns bei den Tests in Tunesien gegeben haben. Wir wollten, dass ein ´Blauer´ in Dakar oben auf dem Podium steht. Wir wollten es für Richard. Nun habe ich es erreicht, auch für Fabrizio.“

Die Siegesfeiern auf dem Podium fielen verständlicherweise in diesem Jahr aus. Kein Champagner, kein Jubel. Dafür Erinnerungen an Richard Sainct und Fabrizio Meoni. Dakar-Champion Cyril Despres:

„Der 11. Januar war ein schwarzer Tag. Fabrizio zu verlieren, tat sehr weh. Mein Kopf war leer danach. Erst Richard, dann Fabrizio. Es wird noch sehr lange dauern, bis wir das alles überhaupt verarbeitet haben. Trotzdem war es richtig, die Rally weiterzufahren. Ich liebe das Rennen, genauso wie Fabrizio. Auch er ist nach Richards Unfall wieder in den Sattel gestiegen. Mein Motorrad war genau der richtige Ort, um wieder zu mir zu finden.“

Fabrizio Meoni ist am 11. Januar während der Speziale von Atar nach Kiffa ums Leben gekommen. Noch immer ist schwer zu fassen, dass der zweimalige Dakar-Sieger nie wieder mit seinem Bike durch die Wüste rasen wird.

Cyril Despres: „Ich habe so viel von Fabrizio und Richard gelernt. Mir ging es wie ihnen am Anfang ihrer Karriere. Sie haben von Peterhansel, Magnaldi und Orioli gelernt, schnell bei der Rally zu fahren. Als ich anfing, haben sie mir geholfen, Spuren und Landschaft zu lesen und zu navigieren. Ich hatte nie ein Vorbild, aber das, was ich erreicht habe, habe ich dank Fabrizio und Richard erreicht.“

Fabrizio Meoni ist der elfte Motorradfahrer, der in der Geschichte der Rally Dakar ums Leben kam.

Mit dem Sieg von Cyril Despres hat auch KTM sein eigentliches Ziel der diesjährigen Dakar erreicht. Zum 5. Mal gewann ein Fahrer mit einem Motorrad aus Mattighofen die schwerste Rally der Welt. Damit hat KTM die Motorradhersteller Yamaha und BMW überholt. Doch Freude darüber kommt nicht auf.

Winfried Kerschhaggl, KTM-Marketingchef: „Im Moment steht der sportliche Erfolg absolut im Hintergrund. Wir denken über die Zukunft nach. Wenn wir mit der A.S.O. keinen gemeinsamen Nenner in Sachen Sicherheit finden, werden wir über unser Engagement nachdenken. Die Motorräder sind ja in den letzten Jahren nicht viel schneller geworden. Aber die Leistungsdichte hat zugenommen. Wir wollen die Rally wieder sportlicher machen, es muss mehr Navigation geben.“

Den ersten Sieg auf einer KTM hatte im Jahr 2001 Fabrizio Meoni geholt, 2002 konnte der Italiener seinen Sieg wiederholen. 2003 holte sich Richard Sainct seinen 3. Dakar-Sieg, seinen ersten auf KTM. Im letzten Jahr gewann als erster Spanier Nani Roma die Dakar auf einer KTM. Nun also Cyril Despres. Eigentlich ein großer Tag für alle, die in Mattighofen für den Rallysport arbeiten. Aber zum Feiern ist niemandem zumute.

Das sportliche Resümee des erfolgreichen Teams KTM Gauloises zieht Teammanagerin Claudia Patuzzi: „Bis zur Etappe Atar-Kiffa lief alles perfekt. Jetzt bin ich stolz auf die Fahrer und mein Team, aber eigentlich auf alle Teams, dass sie die Dakar unter so schwierigen Umständen zu Ende gefahren sind. Nach dem 11. Januar waren Rennen und Siege aber in den Hintergrund getreten. Dafür haben wir den Geist der Dakar wieder gespürt, das man für andere eintritt, dass wir eine große Familie sind. Ich freue mich aber auch für Cyril und Alfie.“

Sein Ziel knapp verpasst hat das Team KTM Repsol-Red Bull. Es wollte wie vor einem Jahr den Sieger stellen, einen zweiten spanischen Dakar-Gewinner. Isidre Esteve Pujol hatte sich vor dem Start in Barcelona einiges ausgerechnet. Er verpasste das Podium knapp, Platz 4 für ihn. Ganz nah dran am Triumph war in den letzten Tagen Marc Coma. Er fuhr bei seiner 2. Dakar auf den 2. Platz. Eine riesige Leistung. Marc brauchte für die 8956 km lediglich gut neun Minuten mehr als Cyril.

„Ich bin mit diesem 2. Platz mehr als zufrieden. Für uns war wichtig, dass wir hier als starkes Team auftreten, nachdem Nani uns verlassen hat. Und wir sind ein starkes Team. Jordi ist leider früh ausgeschieden. Aber Isidre, Gio und ich haben eine tolle Rally gehabt.“ Mit Isidre Esteve Pujol und Marc Coma haben die Spanier jetzt zwei Fahrer, die die Nachfolge von Nani Roma antreten können. Teammanager Jordi Arcarons: „Ich freue mich sehr über mein Team. Wir haben super gearbeitet und hervorragend abgeschnitten. Auf dieser Leistung können wir aufbauen.“

Viel versprechend verlief das Debüt der amerikanischen Werksfahrer Chris Blais und Kellon Walch. Scot Harden, der ja auch Teamchef ist, hat offensichtlich zwei Edelsteine entdeckt, die sich bei ihrer ersten Wüstenrally gehörig Schliff geholt haben. Und die jungen Wilden aus den USA wollen wiederkommen.

Kellon Walch: „Das ist das härteste Rennen, das ich je gefahren bin. Ich muss aber auch sagen, dass ich sehr viel Spaß hatte. Konditionell gab´s keine Probleme. Auch mit der Navigation wurde es von Etappe zu Etappe besser. Und das wichtigste ist: Wir sind alle drei in Dakar angekommen. Es ist super gelaufen für uns.“ Sein Teamchef sieht es genau so.

Scot Harden: „In Dakar anzukommen war unser wichtigstes Ziel. Chris und Kellon haben sich zudem sehr gut platziert. Wir haben hier hart gearbeitet und viel gelernt. Teil 1 unseres Dreijahresplanes ist erfüllt. Nächstes Jahr werden wir das Podium anvisieren. Wir kommen wieder!“

Unabhängig vom Tod von Fabrizio Meoni und KTM-Amateur Jose Manuel Perez hat vor allem eins die Rally beeinflusst: das Wetter. Los ging es schon in Marokko, als die 4. Etappe von Rabat nach Agadir wegen Nebel annulliert werden musste. Ein tagelanger Sandsturm in Mauretanien machte dann die ohnehin schon schwierigen Etappen noch härter. Der Sturm wirbelte den Rallykalender durcheinander. Der erste Teil der Marathonetappe von Zouerat nach Tichit zog sich über zwei Tage hin, der zweite musste gestrichen werden, um das Feld der Fahrer wieder zu sammeln.

Noch ein paar statistische Angaben. Von den 12 für Motorräder gewerteten Etappen haben KTM-Piloten neun gewonnen. Cyril Despres (Team KTM Gauloises) holte zwei Tagessiege, ebenso Andy Caldecott (Team KTM Motorex Australia). Einmal gewannen Fabrizio Meoni (Team KTM Gauloises), Isidre Esteve Pujol (Team KTM Repsol-Red Bull), Marc Coma (Team KTM Repsol-Red Bull), Kellon Walch (Team KTM Red Bull USA) und der KTM-Privatfahrer Jean de Azevedo.

Absolut ausgeglichen im Spitzenfeld war Alfie Cox unterwegs. Er schaffte es nie ganz nach oben, fuhr aber in der Gesamtwertung auf Platz 3. Der Südafrikaner denkt nun über seine Zukunft nach. „Wahrscheinlich werde ich aufhören mit dem Rally-Fahren. Ich muss in den nächsten Wochen darüber nachdenken und ich werde mit meiner Familie reden. Mit dem Motorrad komme ich nach wie vor gut klar. Aber es ist eine Menge passiert in den letzten Monaten.“

Für seinen Teamkollegen Jean Brucy ist die Entscheidung schon gefallen: „Ich höre definitiv auf. Die Entscheidung, dass das meine letzte Dakar auf dem Motorrad ist, war schon lange gefallen. Vielleicht komme ich in einem Auto wieder, das hängt davon ab, ob ich Sponsoren finde.“

Mit Jean verlässt ein Mann die Motorrad-Rallyszene, der seit Jahren den Ruf als schnellster Mechaniker der Welt hatte. Mit seinem Können hat er Richard Sainct geholfen, die Dakar zu gewinnen und in diesem Jahr Cyril Despres. Jean ist ein Mann, auf den man sich immer verlassen konnte. Er wird KTM fehlen.

230 Motorräder sind vor gut zwei Wochen in Barcelona gestartet. 104 sind heute in Dakar angekommen. Jedem von ihnen gilt unsere Hochachtung.

KTM bedankt sich bei allen, die unzählige Stunden für den Erfolg bei der 27. Rally Dakar gearbeitet haben. Den Sieg zu feiern fällt schwer. Denn zwei fehlen.

Endstand Motorräder

1 DESPRES KTM 47h 27' 31"
2 COMA KTM + 09' 17"
3 COX KTM + 11' 29"
4 ESTEVE PUJOL KTM + 11' 51"
5 FRETIGNE YAMAHA + 33' 36"
6 CALDECOTT KTM + 48' 11"
7 DE AZEVEDO KTM + 1h 27' 41"
8 SALA KTM + 1h 33' 53"
9 BLAIS KTM + 1h 53' 10"
10 BRUCY KTM + 3h 11' 39"

News aus anderen Motorline-Channels:

Dakar-Rallye 2005

Weitere Artikel:

DTM-Rennen Oschersleben 2

Güven feiert seinen ersten DTM-Sieg

Ayhancan Güven feiert im spannenden Strategie-Poker in Oschersleben den ersten DTM-Sieg vor Mercedes-Pilot Jules Gounon & Manthey-Teamkollege Thomas Preining

Vorschlag für mehr Spannung

Alle drei Reifen-Mischungen als Pflicht?

Die Diskussionen um den niedrigen Reifenverschleiß und die "Dirty Air" gehen weiter: George Russell hat eine Idee, Routinier Fernando Alonso winkt hingegen ab

V10-Gipfel in Bahrain

Erstmal kein V10 Comeback

Was wir über das Powerunit-Meeting wissen: Der V10 wird in der Formel 1 erstmal kein Comeback feiern, weil es dafür nicht die notwendige Mehrheit gibt

GP von Saudi Arabien: Bericht

Piastri gewinnt vor Verstappen!

Max Verstappen liefert beim Rennen in Dschidda mehr Gegenwehr als erwartet, wegen einer Zeitstrafe ist er aber gegen Oscar Piastri letztendlich chancenlos

KTM-Motorsportchef Pit Beirer

"Sind gut auf die Zukunft von KTM vorbereitet"

Motorsportchef Pit Beirer betont, dass es keine Krise bei KTM gibt - Realistisch gesehen gilt es, das MotoGP-Projekt rund um Platz fünf zu stabilisieren