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Motorsport: Hintergrund

„Wir machen restlos alles selbst“

Porsche-Entwicklungsvorstand Wolfgang Hatz spricht ausführlich über das LMP1-Projekt und verrät, warum die LMP1 für ihn die „wahre Königsklasse“ ist.

Foto: Porsche

Die Fans der Langstreckenszene freuen sich auf 2014. Im kommenden Jahr werden mindestens drei Hersteller die Gesamtsiege in der Langstrecken-WM (WEC) unter sich ausmachen - Überraschungen durch Privatteams nicht ausgeschlossen.

Vor allem Porsche steht im Zentrum des Interesses. Kurz vor dem 24 Stunden von Le Mans führten die Zuffenhausener ihr Rollout mit dem neuen LMP1-Fahrzeug durch. "Das Rollout war eigentlich erst für Ende Juni geplant gewesen, in der Woche nach Le Mans. Wir liegen also zwei Wochen vor unserem Zeitplan. Das ist natürlich gut", erklärt Porsche-Entwicklungsvorstand Wolfgang Hatz.

Das Triebwerk im neuen Porsche LMP1 (er wird nicht 918 heißen!) schnurrt seit vielen Monaten. Im August 2012 wurde der brandneue Motor erstmals auf dem Prüfstand ausprobiert. "Wir wollen noch nicht zu viele Details zum Antrieb bekanntgeben. Ich bin überzeugt, dass wir uns für ein konkurrenzfähiges Konzept entschieden haben. Es gab natürlich zu Beginn des Projektes vor zweieinhalb Jahren einige Diskussionen um mögliche Antriebskonzepte", so Hatz.

"Wir haben unsere Entwicklungen bei Einzelzylinder-Tests ausprobiert. Eines kann ich verraten: Wir haben einen kleinen und leichten Motor, der sicher kein Reihen-Sechszylinder ist. Leicht muss er sein, um bezüglich des Gesamtgewichts mehr Spielraum zu haben", so der erfahrene Ingenieur. "Unser Antrieb wird hochmodern sein. Es geht um Effizienz, weil die Szene ab 2014 auf eine Verbrauchsformel setzt, die für eine Runde eine gewisse Energiemenge bereithält. Im Sommer 2011 haben wir das grundsätzliche Konzept entschieden. Rund ein Jahr später gab es die ersten Prüfstandsversuche."

Porsche und Audi: Kein Wissenstransfer

Ab 2014 gibt es ein Duell zweier Volkswagen-Töchter in Le Mans. Dieser Wettbewerb ist ungewöhnlich. Es gibt keinen direkten Wissenstransfer zwischen Porsche und Audi, sondern gesunde Konkurrenz. Einzige Absprache vorab: Audi bleibt beim Diesel, Porsche nimmt einen Benziner. "Ich bin mit Audi-Motorenchef Ulrich Baretzky eng befreundet. Wir kennen uns seit 30 Jahren, waren gemeinsam im damaligen BMW-Formel-1-Programm. Wir tauschen uns oft und intensiv aus, allerdings niemals über unsere LMP1-Konzepte. Das Thema ist tabu - das muss auch so sein", sagt Hatz.

"Unser Auto sieht gut aus. Es ist klein, sehr schmal. Das sieht im ersten Moment ungewöhnlich aus, weil es so klein ist", meint der Porsche-Entwicklungsvorstand beim Blick auf den LMP1, der auf Grundlage des kommenden Reglements nur noch 190 Zentimeter breit ist. "Wir haben viele Runden in Weissach abgespult, um alle Systeme zu überprüfen. Die richtigen Tests auf anderen Strecken beginnen in den kommenden Wochen. Wir werden die Entwicklung konsequent vorantreiben. Natürlich wird es im Zuge dessen weitere Ausbaustufen des Autos geben."

"Im Spätsommer oder Frühherbst haben wir das zweite Auto für Testfahrten bereit. Natürlich brauchen wir dann auch weitere Piloten. Es ist klar, dass auch die Fahrer aus unserem GT-Programm eine Chance erhalten. Das ist versprochen", stellt Hatz klar. Romain Dumas, Timo Bernhard, Neel Jani und Mark Webber stehen bislang fest. Die Liste der weiteren Bewerber ist sehr lang. "Wir wollen die schnellsten Piloten. Ich weiß gar nicht, wie viele Mails und Anrufe ich bekommen habe. Es wollen viele für uns arbeiten."

200 Fachleute arbeiten am LMP1-Boliden

"Wir haben über 200 Leute in diesem Projekt. 80 Prozent dieser Mitarbeiter kommen aus internen Kreisen, wir haben also nicht allzu viele von außerhalb geholt", sagt Hatz. Porsche hat in den vergangenen Monaten allerdings sehr wohl einige Fachleute von der Konkurrenz abgeworben - aus Formel 1, DTM und WEC. "Man merkt, dass wir einige Fachleute aus der Formel 1 hinzubekommen haben. Die geben dermaßen Gas, sind unglaublich fokussiert. Das schlägt sich in der gesamten Arbeit nieder."

"Wir machen restlos alles selbst - Entwicklung und Bau. Das gibt es in dieser Form vielleicht nur bei Ferrari in der Formel 1. Wir sind ein Technologie-Unternehmen, und das wollen wir darstellen und nutzen. Wir müssen es selbst machen", schildert Hatz den Porsche-Ansatz bei der Jagd nach dem 17. Titel in Le Mans. "Wir können nicht nach solch langer Pause daherkommen und meinen, dass wir sofort alles gewinnen. So etwas wäre dumm. Unser Ziel ist es, konkurrenzfähig zu sein und Rennen zu beenden. Wenn das klappt, dann schauen wir mal, was am Ende dabei herauskommt."

"Die LMP1 ist aus Technologiesicht die Königsklasse. Es gibt so viele Freiheiten. Die Ingenieure, die aus der Formel 1 zu uns gekommen sind, haben ihre helle Freude", erklärt Hatz die Vorzüge der Prototypenserie. "Du bekommst deinen Treibstoff pro Runde und musst dann das Beste daraus machen. Es ist alles komplizierter, sehr hoch entwickelt. Hinzu kommt, dass wir von der Langstrecke sprechen. Die neuen Entwicklungen müssen 24 Stunden im Rennbetrieb aushalten. In der Formel 1 geht es fast nur noch um Aerodynamik."

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