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ERC/ORM: Jännerrallye 2014

Offene Worte von Robert Kubica

Grandiose Pressekonferenz: Offene und bewegende Worte von Robert Kubica. Die Themen sind: Jännerrallye, Formel 1, Unfälle, Röhrl, Schumacher…

Michael Noir Trawniczek
Foto: ERC

Was die Journalisten am Freitagabend bei der Pre Event-Pressekonferenz in Freistadt erleben durften, kann man getrost als eine der besten und interessantesten Rallye-Pressekonferenzen der Neuzeit bezeichnen…

Einen großen Anteil daran trug Robert Kubica, der die zahlreichen Fragen in einer gelassenen Offenheit beantwortete, die man heutzutage nur selten erleben darf. Der Pole wirkte rundum glücklich und zufrieden - und auch als „Schmähtandler“ konnte der 29-Jährige punkten. Etwa, wenn er seinen Sitznachbar Raimund Baumschlager liebevoll umarmte und dem Serienstaatsmeister die Frage stellte: „How old are you?“ Um dann lachend nachzurechnen, wie viele Jahre er selbst wohl noch im Rallyesport auf einem konkurrenzfähigen Level zubringen könnte: „In diesem Sport kannst du viel länger erfolgreich sein – im Vergleich zu Raimund hab ich ja noch sehr viel Zeit….“

Tatsächlich ist Robert Kubica immer noch so etwas wie ein „Rallye-Rookie“ – viele vergessen, dass der frühere Formel 1-Star und Grand Prix-Sieger mehr oder weniger seine ersten „Gehversuche“ im Rallyesport unternahm, als er im Februar 2011 bei einer kleinen italienischen Rallye diesen fürchterlichen Unfall erlitt, bei dem die Leitplanke ins Wageninnere eindrang und seine rechte Hand schwerstens verletzte. Im Grunde hat Robert Kubica im Vorjahr seine erste echte Rallyesaison auf einem professionellen Level absolviert – und kürte sich dabei bekanntlich zum WRC2-Weltmeister…

Alles neu bei M-Sport

Die Jännerrallye bestreitet Kubica in erster Linie als Vorbereitung auf die Rallye Monte Carlo, wie er erklärt: „Die WM-Läufe sind mein Hauptziel in diesem Jahr. Es ist das erste Mal, dass ich mit Spikes unterwegs bin und daran musste ich mich heute erst gewöhnen. Ich habe ein gutes Gefühl im Auto, obwohl ich den Fiesta nicht einen Tag im Nassen testen konnte. Aber der Wagen fühlt sich gutmütig an und gibt einem Vertrauen, speziell bei anspruchsvollen Bedingungen. Hier gibt es viele neue Dinge für mich: Neuer Beifahrer, neues Auto, neue Bedingungen, neue Rallye, neue Prüfungen.“

Dass er im Qualifying die Bestzeit markieren konnte, misst Kubica wenig Bedeutung zu: „Eine zwei Kilometer lange Prüfung hat nichts mit dem Rest zu tun. Es gibt viele anspruchsvolle Prüfungen, die zwar nicht komplett schwierig sind, aber die Bedingungen werden sich verändern und die Mischung macht es zu einer großen Herausforderung. Wenn es trocken bleibt, dann gibt es beim zweiten Durchgang sicher in jeder Kurve viel Dreck in den Kurven. Gestern trainierte ich den Shakedown und die Strecke war komplett trocken. Heute am Morgen war sie komplett vereist.“

Lange Zeit hat Kubica mit Citroen verhandelt – doch die Franzosen arbeiten seit Jahren mit der Mineralölfirma Total zusammen, das hat sich offenbar nicht mit dem Sponsor von Kubica, der Firma Lotos vertragen. In der Pressekonferenz sagt Kubica: „Ich wollte mit meinem Partner Lotos weitermachen. Ohne sie wäre ich nicht hier und mit ihnen konnte ich im vergangenen Jahr mit einem Citroën starten. Ich wollte mit Lotos weitermachen und sah in M-Sport die beste Möglichkeit. Jetzt bin ich sehr zufrieden damit und fühle mich im Auto sehr wohl. Der Fiesta gab mir auf Anhieb ein gutes Gefühl und das mag ich.“

Schwierige Wahl des Co-Piloten

Lange Zeit blieb auch der Name des Copiloten unbesetzt – erst kurz vor der Jännerrallye gab Robert Kubica seinen erfahrenen Landsmann Maciej Szczepaniak als Beifahrer bekannt: „Nach der Trennung von Maciej Baran, mit dem ich bis zur Spanien-Rallye fuhr, musste ich eine Lösung finden. Ich muss zugeben, dass ich mir damit nicht einfach getan habe. Bis jetzt hat die Suche viel Zeit in Anspruch genommen - aber die Rolle des Beifahrers ist sehr wichtig und es ist nicht einfach, die richtige Person zu finden. Ich habe nicht viele Erfahrungen, aber meine Herausforderung in dieser Saison ist gewaltig. Ich werde mit Maciej Szczepaniak die Jännerrallye bestreiten und dann sehen wir weiter. Wenn man uns in der kommenden Woche gemeinsam bei den Monte-Tests sieht, dann kann man sich fast sicher sein, dass wir die ganze Saison zusammen fahren werden. Aber bis jetzt gibt es darüber noch keine Entscheidung.“

Ein Grund, dass sich Kubica vorerst für Szczepaniak entschieden hat, ist auch der Aufschrieb, den er 2013 mit Maciej Baran in polnischer Sprache anfertigte. Kubica begründet: „Ich hatte auch italienische Aufschriebe mit italienischen Copiloten, aber das war nicht einfach. In Wales fuhr ich mit einem Italiener – und das war nach einem Jahr mit polnischem Schrieb extrem schwierig. Mit meiner Sprache fühle ich mich deutlich wohler und wenn man neue Prüfungen fährt, dann müssen die Informationen in einem guten Rhythmus schnell in deinen Kopf kommen und man darf nicht darüber nachdenken.“

Der Schumacher-Unfall

Nachdenklich wird Kubica, als er zu dem schweren Skiunfall von Michael Schumacher gefragt wird. Zurzeit bangen viele Motorsportfans um den siebenfachen Weltmeister, der in Grenoble im Koma liegt. Robert Kubica sagt: „Natürlich ist das keine einfache Situation. Ich war in einer ganz ähnlichen Lage und es zeigt, dass jeden Tag etwas passieren kann.“

Kubica erinnert sich an seinen eigenen schweren Unfall: „Als ich meinen Rallye-Unfall hatte, haben mich die Leute gefragt, warum ich so etwas überhaupt mache und sie sagten, dass ich es nicht tun sollte. Aber wenn einem Dinge Spaß machen, dann ist es ganz normal, dass man diese auch tun möchte. Ich wünsche Michael das Beste und drücke die Daumen, dass er sich wieder erholen wird. Ich kenne so eine ähnliche Situation und ich weiß, dass es für seine Familie und seine Freunde extrem schwierig ist und dass die Medien in solch einer schwierigen Phase einem auch ziemlich zusetzen können.“

„Crashpiloten“-Image & Röhrl-Sorge

Zusetzen kann einem Fahrer auch das Image des „Bruchpiloten“, welches einige Medien Robert Kubica verpasst haben. Sogar Ex-Weltmeister Walter Röhrl äußerte hinsichtlich des Fahrstils von Robert Kubica schwere Bedenken an, erklärte etwa in einem Interview mit dem Akrapovic Magazine: „Kubica ist für mich ein Grenzgänger. Hoffentlich bringt er sich nicht um!“ motorline.cc spricht Robert Kubica bei der Pressekonferenz auf diese Aussagen an – der Pole sagt zunächst nur mit einem Lächeln: „Kein Kommentar“.

Doch dann führt er aus: „Ich hatte im letzten Jahr fünf Unfälle – keiner davon passierte deshalb, weil ich zu schnell gefahren bin. Der Grund war vielmehr, dass ich zu wenig Erfahrung im Rallyesport habe. Manche Leute werden das nie verstehen – bei Leuten, die nicht in diesem Sport involviert sind, ist das auch okay so. Aber Leute, die in diesem Sport tätig sind oder waren, sollten manchmal darüber nachdenken, was sie von sich geben. Denn meistens waren sie in der exakt gleichen Situation – nur haben sie das bereits vergessen. Wenn ich heute bei einem Test einen Crash habe, sind sofort Videos auf Youtube oder Facebook – wenn man vor zehn Jahren einen Unfall hatte, bekam das keiner mit.“

Kubica denkt weiter laut nach: „Das ist sehr einfach. Aber es ist auch ganz normal – ich komme aus der Formel 1, die Leute kennen meinen Namen. In Frankreich gab es ein nettes Video anlässlich des Karriere-Endes von Sebastien Loeb. Da wurde davon gesprochen, wie viele Siege er schon hatte, wie viele Titel er bereits errungen hatte – doch keiner hat danach gefragt, wie viele Jahre er dazu benötigt hat, um dieses absolute Top-Level zu erreichen. Und das waren acht oder neun Jahre. Und ich betreibe erst seit einem Jahr Rallyesport.“

Rückkehr in die Formel 1 als „Traumziel“

Ein Kollege erwähnt in seiner Frage, Kubica habe sich „gegen die Formel 1“ entschieden – der frühere Grand Prix-Sieger erwidert: „Ich habe mich nicht gegen die Formel 1 entschieden. Mein Traum und auch mein Ziel wäre es, eines Tages in die Formel 1 zurückzukehren. Aber ich muss realistisch bleiben – meine Situation ist viel komplizierter, als es von außen den Anschein hat, auch wenn ihr mich gut im Rallyeauto fahren seht. Ich liebe den Motorsport – das Fahren ist meine Leidenschaft, schon von klein auf war es so. Als ich nach dem Unfall nicht mehr fahren und ich an keinem Wettbewerb mehr teilnehmen konnte, war das etwas ziemlich Schwieriges für mich. Es gab etwas Wichtigeres in dieser Zeit, nämlich die Gesundheit. Das war eine schwierige Situation über zwei Jahre hinweg. Aber sobald ich in der Lage bin, dass ich ohne Probleme Formel 1 fahren kann, werde ich es probieren.“

Kubica ist überzeugt, dass er auch jetzt schon ein Formel 1-Fahrzeug pilotieren könnte: „Ich könnte ein Formel 1-Auto auf den meisten Kursen testen. Ich habe es bei Mercedes im Simulator probiert, was genau das Gleiche ist wie in einem echten Wagen. Der Platz ist der gleiche. Es war alles in Ordnung. Nur auf manchen Strecken kann ich derzeit aufgrund meiner Limitierung nicht fahren – was bringt es dann? Ich wäre ins Hotel gefahren, hätte nachgedacht und wäre in der gleichen Situation gewesen.“

Kubica fügt hinzu: „Es gibt eben immer ein Limit. Hat man so viele Operationen, wird es schwierig. Wenn ich fahre, ist das für mich eine Release-Time – da denke ich dann nicht über meine Limitierungen nach, da habe ich einfach Freude daran und versuche, den bestmöglichen Job zu erledigen.“

Rallye statt Rundstrecke

Dass er sich für 2014 für eine Fortsetzung seiner Rallye-Karriere entschlossen und ein Angebot, für Citroen in der Tourenwagen-Weltmeisterschaft zu fahren ausgeschlagen hat, sei eine „harte Entscheidung“ gewesen, gibt Robert Kubica zu.

Und erklärt: „Auf der Rundstrecke wäre es wesentlich einfacher für mich gewesen – nicht nur, weil mir im Rallyesport die Erfahrung fehlt. Rallyes benötigen auch viel mehr Zeit, meist sind es rund zehn Tage pro Rallye. Außerdem ist für mich jede Rallye eine neue Herausforderung – denn ich habe im Rallyesport noch sehr viel zu lernen. Aber ich denke, dass ich durch den Rallyesport ein besserer Fahrer wurde, und nicht nur auf den Rallyepisten, auch auf der Rundstrecke. Das ist der Grund, warum ich sage, dass diese Herausforderung die richtige Wahl war. Die nächsten zwölf Monate widme ich mich zu hundert Prozent dem Rallyesport.“

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