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Rallye-WM: Spanien

Die Rallye-WM ächzt unter der Loeb’schen Überlegenheit

Sébastien Loeb gewinnt plangemäß die Rallye vor seinem Teamkollegen Sordo. Duval musste Hirvonen seinen Podestplatz überlassen.

Michael Noir Trawniczek

Vor allem auf Asphalt hat die Rallye-WM derzeit einen Spannungsgehalt, wie ihn die Formel 1 in den Schumacher-Jahren vorzuweisen hatte – das liegt wohl an den Künsten des Sébastien Loeb, den man getrost als den „Schumi“ der Rallye-WM bezeichnen kann. Ihm dafür die „Schuld“ zu geben, dass er Kreise um seine Gegner zieht und gemeinsam mit Citroen zudem ein absolut konkurrenzfähiges Rallye-Fahrzeug entwickeln konnte, wäre jedoch nicht richtig. Wenn es eine „Schuld“ gibt, so liegt sie im System begraben: Der Großteil der Piloten muss einen dicken Geldkoffer mitbringen, um in der „Königsklasse“ fahren zu dürfen - so landen mit der Zeit schnelle, aber nicht unbedingt die schnellsten Piloten in der Weltmeisterschaft.

Zurück zum Geschehen in Spanien: Dort waren am letzten Tag der Rallye noch mehr als hundert Wertungskilometer abzuspulen. Auf der morgendlichen SP 13 markierte der belgische Asphaltspezialist Francois Duval im Werks-Ford die Bestzeit – Loeb, der bereits seinen üblichen Polster von einer halben Minute Vorsprung innehatte, wollte nichts mehr riskieren und den Sieg nach Hause fahren. Da war sogar Dani Sordo im zweiten Citroen endlich einmal schneller als sein Teamkollege. Auf SP 14 ließ es sich Loeb dann doch nicht nehmen – er schob eine weitere Bestzeit ein.

Aava – Sternstunde & Enttäuschung

Die große Stunde des Dani Sordo schlug auf SP 15 – Bestzeit für den Lokalmatador, dahinter Ford-Werkspilot Mikko Hirvonen und Urmo Aava im PH Sport-Citroen C4 WRC. Der Este gab kräftig Gas und lag nur noch eine Zehntelsekunde hinter Subaru-Werkspilot Petter Solberg, der zu diesem Zeitpunkt auf Platz fünf rangierte. Auf der 16. Prüfung konnte Hirvonen die schnellste Zeit fahren, knapp dahinter zeigte Jari Matti Latvala auf, der für die beiden Asphalt-Rallyes ins Kundenteam Stobart Ford zurück geschickt wurde. Urmo Aava schob sich mit der fünftschnellsten Zeit vorbei an Solberg auf Rang fünf der Gesamtwertung. Der Este jubelte: „Das ist absolut fantastisch – aber jetzt muss ich diese Position auch halten!“

Doch dann kam die vorletzte Prüfung, SP 17. Während sich Petter Solberg mächtig ins Zeug legte und mit der drittschnellsten Zeit hinter Hirvonen und Loeb auf die schnellen Aava-Zeiten reagierte, platzte für den Privatier der Traum vom Top-Resultat: Fünf Kilometer vor dem Ziel stoppte der C4 mit einem Aufhängungsbruch. „Wir haben in einer Kurve zu tief gecuttet und den unteren Arm der Aufhängung beschädigt – aber ich denke, dass noch mehr beschädigt wurde. Denn wir haben den Teil ersetzt und sind weiter gefahren – und auf der nächsten SP brach erneut ein Teil, was zu einem Abflug führte“, berichtete der enttäuschte Este.

Ford pfiff Duval zurück

Auf der vorletzten Prüfung gab Ford dann auch den beiden Werkspiloten den Befehl zum Positionswechsel: Daher die Bestzeit für Hirvonen, während sich Duval Zeit ließ und rund zwanzig Sekunden auf Hirvonen „verlor“. Der Hintergrund: Mikko Hirvonen ist als Nachfolger von Marcus Grönholm von dem Hersteller auf den Titel angesetzt worden – um dem 27-jährigen Finnen den Funken einer Titelchance zu bewahren, wurde der über den Großteil der Rallye schnellere Duval zurückgepfiffen. Auf der letzten SP lag Duval dann wieder nur eine Zehntelsekunde hinter Bestzeithalter Hirvonen.

Loeb – auch Meister im Understatement

Am Ende durfte sich Sébastien Loeb über den vierten Spanien-Sieg in Folge freuen und übte sich angesichts seiner absoluten Überlegenheit wie so oft ein bisschen in Sachen Understatement: „Das war sehr, sehr gut für mich. Ich kann nicht sagen, dass es leicht für mich war – ich musste hart kämpfen, um mich von Dani Sordo abzusetzen und meinen Vorsprung auszubauen. An den ersten beiden Tagen habe ich stets mein Bestes gegeben, um einen guten Vorsprung herauszufahren – heute jedoch habe ich ein bisschen langsamer gemacht.“ An den ersten beiden Tagen konnte Loeb 10 von 12 Bestzeiten markieren. Fazit: „Es war ein perfektes Wochenende.“

Teamkollege Dani Sordo hat das Maximum für sich herausgeholt und mit Platz zwei den Auftrag seines Arbeitgebers Citroen erfüllt – es geht um die maximale Ausbeute für die Herstellerwertung. Dort konnte Citroen in Neuseeland die Führung übernehmen – in den beiden Jahren zuvor konnte sich Ford immerhin mit dem Hersteller-Titel trösten, heuer möchten die Franzosen wohl beide FIA-Pokale.

Hirvonen: „Danke, Francois!“

Noch allerdings steht Loeb nicht als Weltmeister fest – daher hat Ford auch Hirvonen an Duval vorbeigehievt. „Es ist ein Punkt mehr“, kommentierte der solchermaßen mit einem Podestplatz beschenkte Hirvonen. Der Finne fügte hinzu: „Es war ein sehr schwieriges Wochenende, daher muss ich mich wirklich sehr bei Francois bedanken – er ist ein richtiger Teamplayer. Der dritte Platz war das Maximum an diesem Wochenende.“

Duval, den manche als den „Alan Delon der Rallye-WM“ bezeichnen, nahm es locker und erklärte: „Es war ein gutes Wochenende für mich – jetzt ist meine Zuversicht für die kommende Frankreich-Rallye gestiegen.“

Subaru hat wieder gelernt…

Durch den Ausfall von Aava erhielt Petter Solberg wieder den fünften Platz zurück – doch der Abstand von 3:27 Minuten spricht Bände. Der Subaru-Pilot, seit einiger Zeit mit dem nicht mehr wirklich neuen Impreza WRC2008 unterwegs, mit dem Subaru „auf die Siegerstraße zurückkehren“ wollte, musste einmal mehr seinen altbekannten Spruch aufsagen: „Wir haben hier sehr viel lernen können.“ Stallkollege Chris Atkinson wurde letztlich von Stobart Ford-„Heimkehrer“ Latvala geschlagen und lag als Siebenter 1,1 Sekunden hinter dem jungen Finnen. Den letzten WM-Punkt sicherte sich dank des Ausfalls von Aava der junge Andreas Mikkelsen im Ramsport Ford Focus.

JWRC: Sieg für Prokop

Bei den Heißspornen der JWRC sicherte sich Martin Prokop den Sieg, nachdem der zuvor überlegen führende Sébastien Ogier am Samstag die Segel streichen musste, nachdem er auf SP 11 bei einem Dreher mit der Front anschlug und sich dabei den Radiator demolierte. Auf den Plätzen zwei und drei landeten Alessandro Bettega und der Deutsche Jan Mölder.

Schon in einer Woche geht es in Frankreich, auf der Insel Korsika weiter – dort steht die nächste Asphalt-Rallye auf dem Programm. Sébastien Loeb liegt nun zwölf Punkte vor Mikko Hirvonen – am kommenden Wochenende wird sich dieser Vorsprung wohl auf 14 oder gar 16 erhöhen – im für Hirvonen besten Falle, wohlgemerkt. Es sei denn, Loeb wird überraschend von der Technik im Stich gelassen oder lässt sich zu einem seiner seltenen Fehler hinreißen…

Das Ergebnis und den WM-Stand finden Sie in der Navigation rechts.

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