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WRC: Argentinien-Rallye

Vielleicht die spannendste Rallye des Jahres

Das Kurzzeit-Comeback von Serienchampion Sebastien Loeb sorgt für Spannung: Kann er Namensvetter Ogier besiegen? Novikov/Minor wollen aufs Podium.

Michael Noir Trawniczek

Ein Jahrzehnt lang sorgte er - wie einst Michael Schumacher, der I. in der Formel 1 - mit seiner erdrückenden Dominanz, seinen Seriensiegen und sagenhaften neun Weltmeisterschaften in Folge dafür, dass die WRC-Berichte in den Massenmedien mangels Abwechslung immer kleiner wurden – doch jetzt, in seinem „Pensionsübergangsjahr“, nach nur drei Rallyes ohne Sebastien Loeb, freut man sich riesig auf sein Comeback bei der Argentinien-Rallye am kommenden Wochenende…

Denn Sebastien Loeb scheint derzeit der Einzige zu sein, der seinem Landsmann und Namensvetter Sebastien Ogier das Wasser reichen kann. Während es in der Formel 1 ein paar Jährchen dauerte, bis Sebastian Vettel seine Landsleute mit einer weiteren Titelserie erfreuen konnte, dürfen sich die französischen Rallyefans quasi über einen nahtlosen Übergang freuen…

Und wenn einer wie Ogier zuletzt drei WM-Rallyes in Folge gewinnt, dann ist auch schnell verziehen, dass der junge Seb den „alten“ Seb bei Citroen entmachten wollte und damit kläglich auf die Nase fiel, samt dem damaligen Teamchef und Ogier-Förderer Olivier Quesnel…

Doch immerhin landete der vom PSA-Vorstand geschasste Ogier solchermaßen bei Volkswagen Motorsport. So konnte er bei unzähligen Testfahrten die Entwicklung des VW Polo R WRC entscheidend mit beeinflussen und das Auto auf seine Gepflogenheiten hin adaptieren. Jari-Matti Latvala und nunmehr auch Andreas Mikkelsen sehen im Vergleich zu Ogier kein Land, der Franzose ist die klare Nummer 1 und gewinnt sogar dann noch überlegen, wenn ihm ein hartnäckiger Grippe-Virus zu Leibe rückt…

Nach drei Ogier-Siegen in Folge kehrt also in Argentinien sein einstiger Stallkollege und späterer „Stallfeind“ Loeb zurück auf die Rallyepiste. Loeb verweist zwar darauf, dass er „abgesehen von einem Testtag seit Spanien 2012 nicht mehr auf Schotter gefahren“ sei – doch der regierende Weltmeister hielt sich zum einen anderweitig fit, wie etwa mit einem erfolgreichen Einstand in der FIA GT Serie, zum anderen ist es schwer vorstellbar, dass dieser Ausnahmekönner in den wenigen Wochen oder Monaten das Rallyefahren verlernt haben könnte.

Noch dazu bei einer Rallye, die er stets dominierte: Loeb konnte in Argentinien seit dem Jahr 2005 sieben WM-Siege in Folge feiern, im Jahr 2010 wurde die Rallye zur IRC gerechnet, womit Loeb bei der argentinischen WM-Rallye seit 2005 ungeschlagen blieb. Prognosen oder gar Ziele möchte Loeb trotzdem nicht definieren: „Ich denke, man kann rasch seinen Rhythmus verlieren und deshalb bleibe ich vorsichtig, was meine Chancen in Argentinien anbelangt.“

Fragezeichen Technik

Ein Fragezeichen ist die Technik. Das VW Polo R World Rally Car hat sich nach den vielen Testfahrten als jenes Goldstück erwiesen, welches zustande kommt, wenn bei der Entwicklung das „liebe Geld“ keine Rolle spielt. Eingefleischte Anhänger der deutschen Marke wussten schon vor Jahren, dass „alles, was ein Ferdinand Piech angreift, zu Gold wird“ – andere wiederum vergleichen die Situation mit dem Gewehr, mit dem „auf Spatzen geschossen“ wird, schließlich sind Citroen Racing und M-Sport eigentlich nur noch dank der Gelder aus dem arabischen Raum am Leben, es gibt also sehr wohl ein budgetäres Gefälle…

Und so wird sich am kommenden Wochenende auch herausstellen, was es mit der Aussage des neuen Citroen-Titelkandidaten Mikko Hirvonen auf sich hat, wonach man beim aktuellen DS3 WRC „noch viel Arbeit zu erledigen“ habe. Sollte Loeb mit diesem Auto auf gleicher Augenhöhe mit Ogier kämpfen oder diesen gar bezwingen können, wäre es im Hause Citroen wohl endgültig an der Zeit, über die Piloten nachzudenken, zumal Loeb nach vier WRC-Läufen mit nur zwei absolvierten Rallyes lediglich fünf Punkte weniger und sogar 16 Zähler mehr als der zweite Citroen-Werkspilot Dani Sordo auf dem Punktekonto hat.

Auf Hirvonen und Sordo lastet also großer Druck – denn selbst auf einer gewöhnlich von „Schreibtischtätern“ bevölkerten Vorstandsebene würde es langsam auffallen, wenn die beiden wieder einmal weit hinter Loeb nachhinken würden, wie das zuletzt oftmals der Fall war. Citroen droht heuer ein Dilemma – und die Argentinien-Rallye könnte deutlich aufzeigen, ob das tatsächlich nur am Auto, dem eigenen oder jenem des neuen Konkurrenten liegt…

Doch es gibt nicht nur Volkswagen und Citroen. Die britische Rallyeschmiede M-Sport hat im Vergleich zu den beiden wohl das geringste Budget zur Verfügung - dafür hat man mit Mads Östberg und Evgeny Novikov zwei Piloten an Bord, welchen eine große Zukunft vorausgesagt wird.

Östberg bestreitet zwar erst seine dritte Argentinien-Rallye, doch die Lernkurve des Norwegers zeigt deutlich nach oben: 2011 wurde er Fünfter, im Vorjahr stand er bereits als Dritter auf dem Podium.

Novikov & Minor wieder angriffslustig

Evgeny Novikov, wieder mit der in Wien lebenden Kärntnerin Ilka Minor auf dem Sozius unterwegs, debütierte im Jahr 2008 auf argentinischem Boden. Im Vorjahr flog er zwar gleich auf der ersten Etappe von der Strecke, dafür konnte er an den folgenden Tagen mit Top 3-Zeiten glänzen. Minor wiederum konnte gemeinsam mit Manfred Stohl im Jahr 2006 in Argentinien den vierten Platz belegen…

Auch wenn Novikov und Minor zuletzt, bei der Portugal-Rallye von einem rätselhaften Anstieg ihres Zeitrückstands geplagt wurden („Wir fuhren wie immer“), blicken die beiden zuversichtlich dem Abenteuer im „Land der Gauchos“ entgegen. Gefahren werde, wie immer, vom ersten Meter an auf voller Attacke, nach dem Motto: „Wir wollen keine fünfte und sechste Plätze – wir wollen auf das Podium!“

Ilka Minors früherer Stammpilot Manfred Stohl wird ebenfalls im Servicepark in Villa Carlos Paz zugegen sein, als Teameigner von Stohl Racing – die Rallyeschmiede aus Langenzersdorf setzt zwei Boliden ein: In der großen Spielklasse der World Rally Cars hat der Brasilianer Daniel Oliveira im Ford Fiesta RS WRC einen der 13 Startplätze inne (dazu kommen die „üblichen Verdächtigen“ wie Thierry Neuville im Qatar Ford, Martin Prokop im Czech Ford oder Michal Kosciuszko im einzigen Mini WRC).

Außerdem setzt Stohl Racing wieder einen Subaru Impreza WRC STI für Armin Kremer ein, der damit im Production Cup der WRC-2 antritt, die Nachfolgeweltmeisterschaft der PWRC ist in Argentinien mager besetzt, in der ebenfalls ausgeschriebenen WRC-3 für frontgetriebene Fahrzeuge ist kein einziges in der WRC-3 eingetragenes Fahrzeug am Start.

Härtetest

Weil in Argentinien zu dieser Jahreszeit der Winter einsetzt, kann es dort am kommenden Wochenende auch jederzeit einen Temperatursturz geben, derzeit hat es rund 18 Grad Celsius. Die Rallye gilt als extrem anspruchsvoll und als Härtetest für Mensch und Maschine. Neben den weitläufigen, zum Teil recht tückischen Schotterstraßen gibt es auch Wasserdurchquerungen und hohe Gebirgslagen.

Schon am Mittwoch wird eine Qualifying Stage abgehalten, denn wie immer auf losem Untergrund entscheidet das Qualifying darüber, welcher Pilot als Erster seine Startposition für die erste Etappe wählen darf.

Die Rallye selbst wird noch am Mittwochnachmittag um 16.03 Uhr Ortszeit (21.03 Uhr MESZ) mit einer Superspecialsonderprüfung eingeläutet. Richtig los geht die erste Etappe am Donnerstagmorgen um 9.08 Uhr (14.08 Uhr MESZ) mit der 27 Kilometer langen SP 2, gleich im Anschluss wird die 51,8 km lange SP 3 in Angriff genommen, am Nachmittag werden die beiden Prüfungen noch einmal absolviert.

Am Freitag stehen zweimal jeweils zwei rund 40 km lange Prüfungen auf dem Programm. Am Samstag schließlich bilden die berühmten Gebirgsprüfungen „Mina Clavero“ (bergauf) und „El Condor“ (bergab) den Abschluss der Rallye, auch sie werden je zweimal gefahren, die letzte „El Condor“-SP wird als Powerstage abgehalten.

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