RALLYE

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter
Rallye-WM: Korsika

Mit Suzuki bei der Weltpremiere des SX4

Suzuki Sport Österreich hat heimische Journalisten zur Weltpremiere des neuen WRC-Boliden auf die Insel Korsika geladen - motorline.cc war dabei.

von Michael Noir Trawniczek
Fotos: Suzuki Motorsport, Photo4

» Zur Fotogalerie von der Weltpremiere des Suzuki SX4 WRC

"Next information 19.15", steht auf der Anzeigetafel des Gates am Terminal 2 des Airports von Nizza. Dabei war der Flug nach Ajaccio auf der Mittelmeerinsel Korsika für 16.30 Uhr geplant. Des Rätsels Lösung: ein Technikdefekt an unserem "Air France"-Flieger - wenn das nur kein schlechtes Omen für die bevorstehende Weltpremiere des neuen Suzuki SX4 WRC in der Rallye-Weltmeisterschaft ist. Immerhin bleibt Zeit, um mit den Protagonisten von Suzuki Österreich über die Rallyeaktivitäten des japanischen Konzerns zu plaudern.

Denn Suzuki ist im Rallyesport alles andere als ein blutiger Anfänger - lediglich in der großen WRC-Klasse betritt man komplettes Neuland. Im ebenfalls auf Korsika anstehenden Finale der JRC (früher JWRC), der von der FIA abgehaltenen Juniorenmeisterschaft, können zu diesem Zeitpunkt nur noch Per-Gunnar Andersson und Urmo Aava den Titel erobern - beide sitzen in einem blitzgelben Swift Super 1600-Boliden - wer auch immer Champion wird, es wird ein Suzuki-Pilot sein.

Basisarbeit - made in Austria

In Österreich nimmt Suzuki mit dem von Zellhofer Motorsport organisierten Suzuki-Motorsportcup eine Vorreiterrolle ein. Die Piloten fahren sowohl im Rahmen der Rallye-ÖM als auch auf Rundstrecken, was für junge Talente eine umfangreiche und zudem relativ günstige Schule darstellt. Eine Saison in einem angemieteten Suzuki Swift Sport kostet 19.500 Euro. Mit Martin "Max" Zellhofer, dem Gruppe N-Staatsmeister des Jahres 2004, zieht ein erfahrener und schneller Rallyepilot die Cup-Fäden.

Der Suzuki SX4 im Einsatz
TV-Teams belagern das neue Werksteam.

Suzuki Austria-Geschäftsführer Helmut Pletzer erklärt: "Zahlreiche Länder nehmen unseren Cup zum Vorbild - beim Saisonfinale in Leiben waren acht Suzuki Swift und ebenso viele Suzuki Ignis am Start." Mit den Länderpokalen und dem Engagement in der JRC leistet Suzuki eine Basisarbeit im Rallyesport - deren Krönung soll der Einstieg in die Königsdisziplin WRC sein, als viertes Werksteam neben Citroen, Ford und Subaru.

Warten auf "Monster"

Am Donnerstagnachmittag lädt Suzuki die internationalen Motorsportjournalisten auf ein Schiff, welches am Hafen von Ajaccio liegt - die Pressekonferenz vor der Premierenrallye ist gut besucht, auch im Servicepark wird der Bolide mit der Startnummer 19 stets von Reportern und Fotografen belagert. Alle warten gespannt auf die Rede von Nobuhiro "Monster" Tajima, dem Präsidenten von Suzuki Sport, der auch das WRC-Team leitet. Tajima kennt den Motorsport aus der Cockpitperspektive, seinen Spitznamen erhielt er wegen seines aggressiven Fahrstils, noch heute setzt sich der 57-jährige gerne ans Steuer eines Rallyeboliden.

Tajima erklärt der versammelten Weltpresse: "Wie im Jahr 2002, als wir in der Junioren-Weltmeisterschaft als Newcomer begonnen haben, stehen wir nun in der WRC abermals vor einem Neubeginn. In den letzten Jahren haben sich so viele Dinge verändert - im Vergleich zu den anderen Herstellerteams wird sich unser Job, ein brandneues Auto auf einem Toplevel zu entwickeln und einzusetzen, sicher nicht leicht gestalten."

In der Tat kämpfen die Japaner gegen drei in der WM verbliebene Herstellerteams, die einander in einem kostenintensiven Wettrüsten zu immer neuen Höchstleistungen anstacheln. Mit den Hightech-World Rallye Cars wie dem Citroen C4 WRC oder dem Ford Focus RS WRC 07 wurde dank exzessiver Qualitätskontrollen die Ausfallsquote massiv gesenkt. In der Rüstungsschlacht können private Kundenteams nicht mehr mithalten - die Kluft zwischen Herstellern und Privaten wird immer größer. Und die Anzahl der Hersteller ist auch mit nunmehr vier recht gering.

International - Chance für Stohl?

"Unser Team ist japanisch - aber es arbeiten mittlerweile viele Leute verschiedenster Nationen für uns ", sagt Tajima. Für die weitere Entwicklung des Suzuki SX4 WRC wurden bewährte Designgrößen wie Nino Frison oder Michel Nandan engagiert - letzterer war bei Peugeot für die erfolgreichen Modelle 207 WRC und 307 WRC verantwortlich. Manfred Stohl, der sich leise Hoffnungen auf eines der Suzuki-Cockpits macht, erklärte uns: "Wenn ich in den SX4 schaue, erkenne ich den Peugeot wieder, vom System her." Der Wiener wäre wegen seiner Erfahrung bestens geeignet, um den SX4 in der ersten vollen Saison der Japaner voranzutreiben.

Nobuhiro "Monster" Tajima blickt ins Cockpit.
Nicolas Bernardi durfte bei der Premiere ans Steuer.

Bei der Pressekonferenz schnappt sich motorline.cc das Mikrofon und fragt: "Ziehen Sie in Betracht, jenen Piloten zu engagieren, der im Vorjahr auf einem Peugeot WM-Vierter wurde?" Die Antwort von Nobuhiro "Monster" Tajima fällt ein bisschen steif aus: "Wir werden die Piloten für 2008 im Dezember bekanntgeben." Inoffiziell kursiert unter den Journalisten die Nachricht, dass Toni Gardemeister bereits ein Ticket in der Tasche habe - Zufall oder nicht Zufall, der Finne wurde jedenfalls in Ajaccio gesichtet. Zudem zählt auch Francois Duval zu den Kandidaten.

Hier auf Korsika wurde der weniger bekannte, 30-jährige Nicolas Bernardi ins Cockpit des SX4 gesetzt - er hat den Wagen mehrfach getestet, er gilt als Asphaltspezialist und kennt zudem die Prüfungen auf der Mittelmeerinsel wie seine Westentasche. Manfred Stohl sagt: "Das ist ein genialer Schachzug - sollte man langsam sein, sagen alle, dass es am Fahrer liegt. Ist man aber schnell, erntet das Auto die Lorbeeren."

Erwartungsbremse

Michel Nandan nimmt zum Shakedown Stellung, der am Donnerstagvormittag abgehalten wurde - er sagt ganz und gar unsteif: "Ich bin mit den zwölf Sekunden Rückstand natürlich nicht zufrieden - wenn ich mit einem solchen Rückstand zufrieden wäre, dann wäre ich wohl ziemlich blöd." Ein bisschen Humor kann nicht schaden, so wird die Stimmung am Schiff aufgelockert. Nandan und Tajima steigen bei der Pressekonferenz bewusst auf die Erwartungsbremse. Schließlich konnte man vor der Korsika-Rallye erst 1.000 Testkilometer auf Asphalt absolvieren.

Suzuki betrachtet die Asphalt-Rallye auf Korsika sowie die Schotter-Rallye in Wales als reine Testläufe. "Wir streben keine Top-Platzierungen an - unser Ziel ist es lediglich, ins Ziel zu kommen. Meine Instruktionen an unseren Piloten sind ziemlich eindeutig: Er soll vorsichtig fahren und vor allem das Ziel erreichen", sagt Tajima, der es sich nicht nehmen lässt, höchst persönlich bei der abendlichen Suzuki-Strandparty zu erscheinen.

Erste Prüfungen

Am Freitag beginnt der "Ernst des Lebens": Die erste Wertungsprüfung muss Bernardi wie alle anderen auch im gesitteten Straßentempo nehmen, die SP wurde wegen des großen Zuschauerandrangs neutralisiert. Auf SP 2 belegen Bernardi und sein Kopilot Jean-Marc Fortin Rang 15, auf SP 3 gelingt ihnen gar die elftschnellste Zeit. Nach dem Service signalisiert auf halber Distanz der vierten Prüfung eine Warnleuchte Probleme mit der Wassertemperatur - am Ende der Prüfung wird der Wagen vorerst aus der Rallye genommen.

Am Samstag steht der von den Fans vielbeachtete weiße Bolide mit der Nummer 19 wieder am Start, die zweite Etappe wird unter "Superally" mit fünf Strafminuten pro versäumter SP in Angriff genommen. Am Vormittag belegt Bernardi die SP-Plätze 16, 14 und 12. Die SP 10 nach der Mittagspause beendet der Franzose auf Rang 13 - doch dann muss Bernardi wegen einer defekten Benzineinspritzung stoppen, auch die zweite Etappe muss daher frühzeitig beendet werden. Tajima spricht von einem "educational day".

Suzuki-Pilot P. J. Andersson wird Juniorenmeister.
Der Suzuki SX4 auf der Zielrampe.

Mission erfüllt

Am Sonntagvormittag belegen Bernardi und Fortin die Ränge 11, 10, 13 und 14 - ein von der Hydraulik herrührendes Getriebeproblem stört Bernardi, doch er bringt den Wagen ins Ziel - Mission erfüllt!

"Wir sind sehr zufrieden, mit unserem brandneuen Fahrzeug das Ziel erreicht zu haben. Damit haben wir unser wichtigstes Vorhaben erreicht. Wir haben hier sehr viel gelernt - es gibt schon viele Ideen, wie wir unseren Wagen weiterentwickeln werden", zieht Nobuhiro Tajima eine erste Bilanz. Der defekte Flieger auf dem Airport von Nizza war also doch kein schlechtes Omen, zumal er offensichtlich und zudem erfolgreich repariert werden konnte - und der SX4 sah bei seiner Premierenrallye die Zielflagge.

Titelfreuden

Während die WRC-Crew des Suzuki-Teams ihre lehrreichen Erfahrungen einsammelte, krönte sich der Schwede Per-Gunnar Andersson in seinem gelben Suzuki Swift Super 1600-Boliden zum neuen Juniorenchampion. Sein Teamkollege, der Este Urmo Aava, wurde Vizemeister. Schon im Jahr 2004 konnte Andersson die Juniorenweltmeisterschaft gewinnen, in einem Suzuki Ignis Super 1600 - nur zwei Jahre nach dem JWRC-Einstieg der Japaner. In der WRC, gegen die erfahrenen Giganten Citroen, Ford und Subaru, wird ein Titelgewinn in solch kurzer Zeitspanne nur schwer zu bewerkstelligen sein - doch wer weiß?

Wie auch immer: Für die Rallye-WM ist der Einstieg des vierten Werksteams auf alle Fälle eine Bereicherung. "Monster" Tajima erklärte auf besagter Pressekonferenz: "In der Rallye-WM ist die Zeit der Veränderungen angebrochen. Wenn dieser Sport weiterhin aufblühen soll, müssen ihn noch mehr Hersteller wie Suzuki als eine Bühne betrachten, auf der wir die Verlässlichkeit unserer Fahrzeuge demonstrieren können."

News aus anderen Motorline-Channels:

Rallye-WM: Korsika

- special features -

Weitere Artikel:

EXKLUSIV: Manfred Stohl im Interview

Manfred Stohl: Warum ich mit Luca Waldherr kooperiere

Ein mit allen Motorsportwassern „gewaschener“ Vollprofi, Gründer von Stohl Group und STARD, unterstützt den Neo-Teambesitzer Luca Waldherr, leitet Aufträge an sein Team weiter - sehr ungewöhnlich, für Österreich! Wie kommt es dazu? Wir haben nachgefragt…

Am Samstag wurde in Neuzeug der für Christof Klausner wiederaufgebaute Audi quattro präsentiert - im Gedenken an seinen verstorbenen Bruder wird Thomas Klausner den Boliden bei der quattrolegende zum ersten Mal pilotieren.

Achims Sport am Montag

Kolumne: Alles wie gehabt?!

Max Verstappen bügelt wieder alle in Japan her und Simon Wagner arbeitet seine Gegner im Lavanttal auf! Und der Rest? Mit zu wenigen Ambitionen und zu farblos.

In seinem erst zweiten Rallyejahr gelang Max Maier bei der slowenischen Rally Vipavska Dolina der ARC-Sieg. Daniel Mayer siegte als Gesamtzweiter in der Austrian Rallye Trophy. Plus: Bericht vom zweiten Lauf des Alpe Adria Rally Cups.