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Rallye-WM: Türkei

Letzter Härtetest vor der Sommerpause

Der Rallye-Tross kehrt in die Türkei zurück, dort warten erneut steinige Schotter-Prüfungen und Gluthitze. Andi Aigner will seinen WM-Vorsprung vergrößern.

Michael Noir Trawniczek

Loeb muss am Freitag "staubsaugen"...

Am kommenden Wochenende kehrt der WM-Tross in jenes Land zurück, in dem seit rund zwanzig Jahren an jeder Tankstelle Erdgas angeboten wird und um die 80 Prozent der zivilen Fahrzeuge mit einem Benzin/Erdgas-Mischantrieb ausgerüstet sind. Beim Lauf zur Rallye-Weltmeisterschaft freilich wird man in der Türkei kein einziges alternativ angetriebenes Auto erblicken - dafür sind immerhin 16 World Rally Cars am Start sowie die Boliden der seriennahen Produktionswagen-Weltmeisterschaft PWRC.

Die Wertungsprüfungen rund um den Servicepark im Urlaubsort Kemer, vierzig Kilometer südwestlich von Antalya, blieben großteils unverändert - zuletzt wurde dort im Jahr 2006 eine WM-Rallye abgehalten.

Es handelt sich um harte Schotterbergstraßen, die wie auch jene in Griechenland zu den größten Herausforderungen im WM-Kalender zählen - auch wenn die Akropolis-Rallye allgemein als noch härter eingeschätzt wird, geht es am kommenden Wochenende darum, mit dem größtmöglichen Speed das Ziel zu erreichen, ohne dabei den Wagen auf den steinigen Straßen zu beschädigen.

Für Loeb zählt nur der Sieg

Keinesfalls möchte Sébastien Loeb seinen Citroen C4 beschädigen - denn der Weltmeister zahlte bereits zweimal in dieser Saison die Rechnung für seine Unachtsamkeit, als er in Schweden und Jordanien ohne WM-Punkte blieb. So konnte es dazu kommen, dass Loeb trotz seiner fünf Saisonsiege nur einen einzigen WM-Punkt vor seinem Konkurrenten Mikko Hirvonen liegt, der bislang bei jeder Rallye punkten konnte.

Ob zehn Punkte oder nur ein einziger Zähler Vorsprung - WM-Führung bleibt WM-Führung. Loeb muss daher am Freitag den "Staubsaugerdienst" absolvieren, also den losen Schotter von den Straßen fegen. Dabei geht viel Zeit verloren - vor allem auf Strecken wie sie in der Türkei gefahren werden.

Loeb konnte 2006 nach einer Schulterverletzung nicht an der Rallye teilnehmen - doch auch im Jahr 2005 wurde auf nahezu identischen Strecken gefahren, sodass der Franzose darin im Vergleich zum "Staubsaugerdienst" kein allzu großes Handicap sieht. Loeb strebt dennoch den Sieg an, sein Teamkollege Dani Sordo möchte wieder möglichst viele WM-Punkte für Citroen an Land ziehen.

Türkei 2006: Letzte WM-Rallye von Colin McRae.

2006: Letzte WM-Rallye von Colin McRae

Bei der letzten Türkei-Rallye im Jahr 2006 wurde der verletzte Sébastien Loeb übrigens von niemand geringerem als Colin McRae ersetzt - damals konnte man nicht ahnen, dass es der letzte WM-Auftritt des sympathischen Schotten sein würde. Zehn Monate später verstarb der Weltmeister des Jahres 1995 bei einem tragischen Hubschrauberabsturz, bei dem auch sein fünfjähriger Sohn sein junges Leben lassen musste.

Hirvonen erleichtert - Latvala vorsichtig

Dass er als WM-Zweiter diesmal nicht "staubsaugen" muss, freut Mikko Hirvonen ganz besonders - der Ford-Werkspilot erklärt kess: "Besser, ich liege in der Tabelle einen Punkt hinter ihm und er räumt die Straße, als umgekehrt." Im Regen jedoch würde sich der Vorteil in Luft oder eben Wasser auflösen - doch nicht nur deshalb wünscht sich Hirvonen trockene Bedingungen - der 27-jährige weiß: "Die wirklichen Probleme beginnen, wenn es regnen sollte. Vor zwei Jahren ähnelten die Straßen eher einem Schlammbad." Damals konnte Hirvonen als Zweiter hinter seinem damaligen Stallkollegen Marcus Grönholm für einen klaren Doppelsieg sorgen.

Vorsichtig möchte es jener junge Mann angehen, der am Saisonbeginn das Grönholm-Cockpit übernommen hat und bereits seinen ersten WRC-Sieg erringen konnte: Jari Matti Latvala. Er fuhr zuletzt im Jahr 2004 in der Türkei und erklärt offen: "Vielleicht ist es ganz gut, dass ich wegen der fehlenden Erfahrungen nicht voll auf Angriff fahren kann und dadurch sauber durch die Prüfungen komme. Unser Ziel ist ein Podestplatz. Wenn wir diesmal mit dem Kampf um den Gesamtsieg nichts zu tun haben sollten, wären wir nicht enttäuscht."

Aufbruchstimmung bei Subaru

Aufbruchstimmung herrscht bei Subaru - die gelungene Weltpremiere des neuen Impreza WRC2008, der zweite Platz von Petter Solberg bei der Akropolis-Rallye, hat dem Werksteam rund um Teamchef David Richards einen Motivationsschub verpasst. Solberg kann es gar nicht mehr erwarten, wieder in sein neues, blitzblaues Arbeitsgerät zu steigen.

Dass er mit dem neuen Boliden bereits am kommenden Wochenende wieder um den Sieg kämpfen kann - so weit wollte Solberg nicht gehen, er räumte jedoch ein: "Mit diesem Auto kehren wir sicher wieder an die Spitze zurück." Teamkollege Chris Atkinson möchte mit dem neuen Wagen ebenfalls möglichst viele WM-Punkte an Land ziehen - wichtig sei vor allem aber, das Ziel zu erreichen, um möglichst viele Kilometer abspulen und weitere Entwicklungsschritte vornehmen zu können.

Suzuki mit Punktehunger

In Griechenland konnten beide Suzuki-Werkspiloten, Toni Gardemeister und Per Gunnar Andersson, endlich wieder WM-Punkte einholen, wenngleich auch nur für die Markenwertung. In der Türkei aber sollen auch wieder Fahrerpunkte eingeholt werden - schließlich konnte Andersson dort in den Jahren 2005 und 2006 jeweils die JWRC-Rallye gewinnen, selbst wenn er 2006 wegen technischer Unregelmäßigkeiten aus der Wertung genommen wurde. Gardemeister hingegen gibt zu: "Ich weiß nicht viel über die Prüfungen." Allerdings habe man beim Auto "signifikante Fortschritte" erzielen können, gibt sich der Finne optimistisch.

Mit einer positiven Einstellung wird aber auch der Este Urmo Aava an den Start gehen, der mit seinem privaten Citroen C4 WRC in Griechenland den tollen vierten Platz einfahren konnte und an einer Wiederholung dieser Glanzleistung sicher nichts auszusetzen hat.

Motiviert wird aber auch Henning Solberg sein - der tragische Pechvogel der Akropolis-Rallye, der sich schon gemeinsam mit seinem Bruder Petter auf dem Siegerpodest stehen sah, als an seinem Stobart Ford Focus plötzlich Elektronikprobleme auftraten, sodass dabei viele Minuten und der vermeintliche Podestplatz verloren gingen. In der Türkei möchte der Norweger ein entsprechendes "Trostpflster", sprich möglichst viele WM-Punkte an Land ziehen.

Wie schon in Jordanien und Griechenland werden die Piloten auch am kommenden Wochenende mit großer, drückender Hitze in den Cockpits zu rechnen haben. Die schwierigen Prüfungen, die versteckten Felsbrocken und das fehlende Mousse werden wohl wieder für einige Zwischenfälle und am Ende für große Zeitabstände sorgen - vor allem aber dann, wenn in den Bergen rund um Kemer der Regen einsetzen sollte...

Andi Aigner kämpft um PWRC-Punkte.

PWRC: Aigner möchte Vorsprung ausbauen

Erstmals seit dem Weltmeistertitel von Manfred Stohl im Jahr 2000 führt wieder ein Österreicher in der Gruppe N-Wertung der Rallye-Weltmeisterschaft (PWRC) - gemeinsam mit seinem deutschen Co-Piloten Klaus Wicha konnte Aigner in Griechenland seinen zweiten Saisonsieg erringen, auf Platz zwei landete nach der Disqualifikation von Martin Rauam der Portugiese Bernardo Sousa. Das Team rund um Mastermind Raimund Baumschlager feierte also seinen ersten Doppelsieg in der PWRC-Serie.

"Man sollte jetzt aber nicht erwarten, dass der Andreas jede Rallye gewinnt", erklärte Baumschlager in einem Exklusivinterview mit motorline.cc. Aigner selbst möchte "möglichst viele WM-Punkte an Land ziehen, um den Vorsprung in der Meisterschaft auszubauen" - der Hintergrund: Seine direkten Gegner im Kampf um den WM-Titel, die Finnen Jari Ketomaa (sechs Punkte hinter Aigner) und Juho Hänninen (acht Punkte hinter Aigner), haben die Türkei-Rallye als eines von jeweils zwei vorgeschriebenen Streichergebnissen auserkoren und werden am Wochenende nicht am Start sein. Dennoch weist die Nennliste in der PWRC einige harte Gegner auf, darunter Mirco Baldacci, Martin Prokop, Toshihiro Arai, Nasser Al-Attiyah, Armindo Araujo, Travis Pastrana und Martin Rauam.

Die Spuerspecial in Antalya.

Start am Donnerstagabend

Die Türkei-Rallye führt über eine Gesamtdistanz von 1263,74 Kilometer - davon werden, aufgeteilt auf 19 Sonderprüfungen, 360,12 Wertungskilometer absolviert. Die Rallye wird bereits am Donnerstagabend um 17.25 Uhr Ortszeit (16.25 Uhr MESZ) mit der 2,6 Kilometer langen Zuschauerprüfung in Antalya gestartet. Richtig los geht es dann am Freitagmorgen, wenn um 8.38 Uhr Ortszeit (7.38 Uhr MESZ) die 22,43 Kilometer lange SP 2 "Perge1" in Angriff genommen wird. Im Anschluss an die Türkei-Rallye werden die WM-Protagonisten in die große Sommerpause entlassen - bis zur Finnland-Rallye Ende Juli darf dann regeneriert werden...

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