RALLYE

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter
Rallye-WM: Portugal

Loeb will wieder siegen – doch Grönholm & Solberg sind die wahre Attraktion

Die Soloshow von Loeb interessiert nur noch wenige. Doch in Portugal beleben Marcus Grönholm und Petter Solberg die eingeschlafene Rallye-WM…

Michael Noir Trawniczek

Am kommenden Wochenende steigt in der Algarve-Region von Portugal die vierte Runde zur Rallye-Weltmeisterschaft. Citroen-Werkspilot Sébastien Loeb hat die drei bisher absolvierten Rallyes allesamt gewonnen – auf regennassen Straßen, Schnee und Eis und auf Mischbelägen. Bei der ersten kompletten Schotter-Rallye gilt er erneut als Favorit, in der WM-Tabelle liegt er bereits acht Punkte vor seinem Herausforderer Mikko Hirvonen aus dem Ford-Werksteam.

Citroen & Ford haben nachgerüstet

Die von M-Sport eingesetzten Werks-Focus wurden im Vorfeld der Portugal-Rallye ihrem für 2009 vorgesehenem Update unterzogen – Ford konnte offenbar ein paar PS mehr aus dem Motor des Ford Focus herausholen und hofft auf diese Art und Weise dem Serienweltmeister endlich mehr entgegensetzen zu können. Auf Zypern standen die Chancen prinzipiell nicht schlecht – allerdings musste Hirvonen zugeben, dass er gleich am ersten Tag der Mischrallye, an dem auf Asphalt gefahren wurde, zu langsam gefahren ist und er damit die Rallye bereits am Freitag verloren hat.

Mit dem 2009er-Update erhofft sich Hirvonen nun mehr Chancen: „Auch wenn das Reglement keine großen Entwicklungsschritte zulässt, so ist die neue Motor-Version dennoch ein Fortschritt. Die Portion Extraleistung und das spontanere Ansprechverhalten werden uns auf jeden Fall helfen.“

Allerdings wird nicht nur der 28-jährige Finne ein verbessertes Renngerät zur Verfügung haben – denn auch Citroen setzt in Portugal zum ersten Mal die verbesserte Version des C4 WRC ein. Loeb will seine Siegesserie fortsetzen – auch wenn er als WM-Leader auf den Schotterstraßen den Nachteil des „Straßenkehrens“ auf sich nehmen muss.

Die beiden Teamkollegen von Hirvonen und Loeb, Jari Matti Latvala und Dani Sordo standen bislang klar im Schatten der beiden Titelkandidaten. Beide konnten zwar vom Speed her immer wieder aufzeigen - doch Sordo verlässt meistens dann doch die Kraft, um Loeb herauszufordern und Latvala zahlt immer wieder Lehrgeld in Form von zum Teil haarsträubenden Abflügen.

Auch die Sattelitenteams der beiden in der WM vertretenen Werke konnten heuer nur Achtungserfolge erzielen. Stobart Ford-Pilot Henning Solberg hantelt sich auf Podestnähe vor, der Este Urmo Aava fehlt leider erneut bei den Briten. Das Citroen Junior Team zahlt ebenfalls noch sehr viel Lehrgeld – mit Evgeny Novikov und Sébastien Ogier sitzen zumindest zwei begnadete Jungtalente in den Autos.

Es droht also auch in Portugal ein weiterer einsamer Durchmarsch des Ausnahmetalents Sébastien Loeb, der heuer gerne sämtliche Rallyes gewinnen würde. Ein durchaus machbares Unterfangen – zum einen gibt es heuer nur zwölf WM-Rallyes und zum anderen scheint derzeit tatsächlich niemand in der Lage zu sein, den Serienweltmeister gehörig unter Druck zu setzen…

Petter Solberg erhält Gesellschaft

Dass die Rallyefans dennoch voller Vorfreude der Portugal-Rallye entgegenblicken, liegt an zwei privaten Nennungen: Zum einen wird wie schon in Norwegen und auf Zypern der frühere Subaru-Werkspilot und Weltmeister des Jahres 2003, Petter Solberg mit dem eigenen Team ein Citroen Xsara WRC einsetzen – zum anderen hat eine der großen Persönlichkeiten der jungen WM-Geschichte zumindest ein Kurzzeit-Comeback angekündigt: Marcus Grönholm, der Ende 2007 den WM-Helm an den Nagel hängte, wird in Portugal ein von Prodrive eingesetztes Subaru Impreza WRC2008 pilotieren (siehe großes Bild oben). Die Einsätze der beiden Ex-Weltmeister sorgen für jene Spannung, die es in der Schmalspur-WM zurzeit einfach nicht gibt

Petter Solberg konnte eben erst auf Zypern eine sensationelle Rallye liefern, als er mit dem betagten Xsara nicht nur Bestzeiten sondern auch das Podest erobern konnte. Der Norweger hofft auf ein mechanisches Differenzial, da ihm Sébastien Loeb verriet, dass der Xsara damit besser funktionieren würde. Allerdings soll Citroen sämtliche mechanische Diffs in den C4 verbaut haben. Ob Solberg vor Portugal dennoch damit beglückt wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Aber auch im aktuellen Zustand scheint der Xsara zumindest gut genug zu sein, um damit die Werkspiloten oder zumindest die Werkskunden ein bisschen aufzumischen.

Die Pisten in der Algarve gelten als schwierig – es sind sowohl enge und verschlungene als auch schnelle Passagen dabei. Für Solberg die optimale Spielwiese. Der Besitzer des „Petter Solberg World Rally Teams“ erklärt: „Ich werde in Portugal wieder einige Neuteile haben. Es werden neue Dämpfer eingebaut und es gibt etwas, über das ich jetzt nicht sprechen möchte. Man muss mal schauen. Vielleicht bekomme ich ja auch noch das mechanische Differenzial?“ Keinesfalls jedoch werde er einen C4 kaufen, machte Solberg klar. „Ich weiß nicht, woher diese Gerüchte kommen – ich habe nicht das Geld, um mir einen zu kaufen“, sagte der Ex-Weltmeister.

Grönholm im Prodrive-Subaru Impreza

„No, no, no – der Speed von Loeb und jener der Ford-Piloten ist derart hoch, das ist wirklich nahezu unmöglich“, wehrte Marcus Grönholm gegenüber der offiziellen WRC-Website die Frage nach einem möglichen Sieg in Portugal ab. Der 41-jährige fügte aber hinzu: „Natürlich hoffe ich, ein gutes Resultat einzufahren. Mein Plan ist, einen guten Start hinzulegen, Freude am Fahren zu haben und klarerweise gute Zeiten zu fahren.“

Nach einem Test mit dem Subaru Impreza WRC2008, kurioserweise das Vorjahrsarbeitsgerät von Petter Solberg, sei das Gefühl sofort wieder da gewesen, versicherte Marcus Grönholm. „Wir waren beim Testen sofort schnell und ich fühlte mich auch gleich im Auto zuhause – aber bei der Rallye ist das dann doch wieder etwas anderes“, sagte der zweifache Weltmeister, nachdem er sich 18 Monate im „Ruhestand“ befand (heißt bei Grönholm beispielsweise Rallycross zu fahren).

Er wolle sein früheres Arbeitsgerät, den Ford Focus nicht mit dem Subaru vergleichen – diese beiden Autos seien komplett unterschiedlich, sagte Grönholm. Experten gehen davon aus, dass Prodrive die Chance nützen möchte, um der Rallyewelt und Subaru zeigen zu können, was man noch aus dem Impreza herausholen hätte können, wenn Subaru in der WM geblieben wäre.

An der Motivation mangelt es jedenfalls nicht – Grönholm sagt: „Ja, ich möchte auf das Podium – aber da gibt es andere Piloten, die das die ganze Zeit über tun. Daher wird es schwierig für mich, in ein für mich neues Auto zu steigen und gleich vor ihnen zu landen. Aber wir werden es sehen – wir werden sehr viel mehr wissen, wenn die Rallye einmal begonnen hat.“

PWRC: Wieder Sandell gegen Araujo?

Red Bull Rallye Team-Pilot Patrik Sandell möchte mit seinem Skoda Fabia S2000 natürlich nichts anderes als den dritten PWRC-Sieg in Folge erzielen. Allerdings trifft er am kommenden Wochenende wieder auf den Portugiesen Armindo Araujo, der ihm bereits auf Zypern das Leben schwer machen konnte – man darf davon ausgehen, dass ihn seine Landsleute ganz besonders stark anfeuern werden und der Mitsubishi Lancer Evo IX-Pilot bis auf die Knochenspitzen motiviert sein wird.

Die Portugiesen haben bei ihrer Rallye noch weitere Piloten, die sie kräftig anfeuern können: Bruno Magalhaes pilotiert einen Peugeot 207 S2000, Bernardo Sousa einen Fiat Abarth Grande Punto S2000.

Es sind noch weitere starke Piloten am Start: Der frühere PWRC-Champion Nasser Al-Attiyah beispielsweise, der wieder einen Subaru Impreza WRX STi steuern wird. Oder Martin Prokop, der auf Zypern die JWRC gewinnen konnte. Dazu gesellen sich noch Patrik Flodin im Subaru sowie Eyvind Brynildsen im Mitsubishi Evo IX. Sie alle wollen Sandell nicht kampflos ziehen lassen…

JWRC: Kosciuszko will die Chance nützen

In der Junioren-Weltmeisterschaft sind diesmal immerhin sieben Teams am Start. Suzuki-Werkspilot Michal Kosciuszko hat in Portugal die Chance, den Tabellenleader Martin Prokop zu überholen oder zumindest einzuholen – denn der Citroen-Pilot wird am kommenden Wochenende in der PWRC antreten. Der zweite Suzuki Swift S1600-Pilot Simone Bertolotti konnte in Irland den dritten Platz belegen und möchte sich auf den portugiesischen Schotterstraßen verbessern. Einen Suzuki-Doppelsieg verhindern möchte Allesandro Bettega, der am kommenden Wochenende zum ersten Mal in diesem Jahr mit seinem motorisch verbesserten Renault Clio R3 antreten wird. Mit dabei ist auch der Holländer Hans Weijs jun. im Citroen C2 S1600, der in Irland am ersten Tag das JWRC-Feld anführen konnte, ehe er am Samstag von der Strecke flog.

Portugal-Rallye: Seit 1973 ein Begriff

1973 wurde die erste Portugal-Rallye abgehalten – sie galt die kommenden Jahre und Jahrzehnte über als eine der schwierigsten Rallyes im Kalender. Früher waren es harte Mischrallyes, die Zuschauer galten als extrem enthusiastisch, zum Teil aber auch als verrückt bis selbstmörderisch. Später wurde rund um Porto nur noch auf Schotter gefahren, bevor die Rallye 2001 aus dem Kalender verschwand. 2007 wurde das WM-Comeback gefeiert – es wird auf Schotterstraßen rund um die Ferienregion in der Algarve gedriftet, der Servicepark befindet sich beim Algarve Stadion, wo auch Superspecial-Prüfungen absolviert werden. Nach einem Jahr Pause kehrt Portugal wieder in den WM-Kalender zurück – als eine von vier Rallyes, wo neben den WRC- auch die JWRC- und die PWRC-Piloten um WM-Punkte kämpfen.

Die Rallye wird bereits am Donnerstagabend um 16.50 Uhr Ortszeit mit der 2,21 km langen Superspecial-Prüfung im Algarve Stadion eröffnet. Richtig los geht es am Freitagmorgen um 10.20 Uhr Ortszeit mit der 23,42 km langen SP 2 „Ourique“. Insgesamt werden 18 Sonderprüfungen zu insgesamt 361,36 km absolviert, die Gesamtdistanz der Rallye beträgt 1164,99 km.

News aus anderen Motorline-Channels:

Rallye-WM: Portugal

- special features -

Weitere Artikel:

Nach dem heutigen ersten Teil der ET KÖNIG Murtal Rallye kündigt sich für den morgigen zweiten Tag ein Zweikampf der ewigen Rivalen Simon Wagner und Hermann Neubauer an / Acht neue Prüfungen stehen noch auf dem Programm

Murtal Rallye: Änderungen

Hohe Attraktivität trotz hoher Hürden

Auch behördliche Eigenwilligkeiten hindern Veranstalter Willi Stengg und Peter Hopf nicht an einer superspannenden ET König Murtal Rallye am 14./15. Juni

Murtal Rallye: Hintergrund

ORM hat ihre Tracklimits-Diskussion

Quasi unter dem Teppich der öffentlichen Wahrnehmung gibt es lebhafte Diskussionen rund um das Abkürzen der Strecken. motorline.cc fühlt sich den Fans verpflichtet und liefert die Hintergründe…

Murtal-Rallye: Nach SP9

Unverändertes Spitzenfeld im Mural

Vor dem entscheidenden Nachmittag bringen sich die Siegeskandidaten der ET KÖNIG Murtal Rallye im Raum Judenburg in Stellung / Simon Wagner und Hermann Neubauer trennen nur sechs Sekunden

Sebastien Ogier verpasst seinen fünften Rallye-Italien-Sieg nach Reifenschaden in der Powerstage - Sieg für Ott Tänak, Schadensbegrenzung für Thierry Neuville