RALLYE

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter
Rallye-WM: Spanien

Alles ist möglich

Loeb und Hirvonen gleichauf, Ogier nur drei Punkte dahinter – für die letzten beiden Rallyes zeichnet sich ein echter Thriller im Kampf um die WM-Krone ab.

Michael Noir Trawniczek

Bis zur Australien-Rallye bot die Rallye-Weltmeisterschaft das übliche Bild: Sebastien Loeb auf dem Weg zu einem weiteren WM-Titel…

Was dann passierte, zählt zu den unvorhersehbaren Ereignissen, die im Motorsport immer passieren können: In Australien fabrizierte Loeb einen seiner seltenen Konzentrationsfehler, in Frankreich, ausgerechnet bei der Heimrallye, platzte der Motor des Citroen DS3 WRC, was zuletzt im Jahr 2004 geschehen ist.

Vor den letzten beiden WM-Rallyes liegen nun Loeb und Ford-Werkspilot Mikko Hirvonen mit jeweils 196 Punkten gleichauf in Führung, der zweite Citroen-Werkspilot Sebastien Ogier liegt nur drei Zähler dahinter in Schlagdistanz.

Die kommende Spanien-Rallye, auch bekannt unter dem Namen „RACC Rally de Espana“ wird nicht nur auf Asphalt ausgetragen - es ist eine Mischrallye, bei der auch auf losem Untergrund gefahren wird. Das Finale in England wird wie immer auf Schotter abgehalten – es ist also keineswegs gesagt, dass es für Loeb ein leichtes Spiel werden könnte…

Zugleich zweifeln die Experten, ob Mikko Hirvonen, der einzige der beiden Ford-Werksfahrer mit Titelchancen, bei den abschließenden Rallyes in der Lage sein wird, auf Sieg zu fahren.

Ein „Tüteler“ als Weltmeister?

Zuletzt, bei der Frankreich-Rallye, begnügte sich Hirvonen mit der Rolle des „Punkteeichhörnchens“, lieferte auf einem von seinem Teamkollegen Jari Matti Latvala geschenkten dritten Platz eine blasse Performance. Colin Clark, die lebende Legende am Mikrofon des Rallye-Radios, sprach in Frankreich davon, dass Hirvonen lediglich „herumtütelte“.

Bei Ford weiß man, dass „herumtüteln“ bei den beiden ausstehenden Rallyes nicht zum Titel führen wird. Das Motto lautet vielmehr: „Alles oder nichts“. Zudem wäre es für die Weltmeisterschaft keine gute Werbung, sollte Hirvonen dank der Fehler anderer mit dritten oder vierten Plätzen den Titel erobern. Und: Latvala zeigt immer wieder das wahre Potential des Ford Fiesta RS WRC auf – dem Finnen fehlt es lediglich an Konstanz, vom Speed her wäre er wohl der chancenreichere Ford-Kandidat…

Hirvonen bleibt im Grunde nichts anderes übrig, er muss von Beginn an auf Angriff fahren – auch die oftmals gehörte Ausrede an den Vormittagen, er sei noch nicht richtig wach, wird man weder in Spanien noch in England hören wollen…

Latvala-Bestzeiten als Boost für Ford

Ford-Teamchef Malcolm Wilson hofft, dass die gute Asphalt-Performance des zweiten Piloten Latvala seinen Titelkandidaten aus der Reserve locken wird: „Jari Mattis Bestzeiten auf Asphalt waren ein Boost für das Selbstvertrauen unseres Teams – und Mikko soll in Spanien zeigen, dass er dazu ebenfalls in der Lage ist.“

Hirvonen selbst erinnert sich an das Saisonfinale 2009, als er den möglichen Titel auf der abschließenden Special Stage an Loeb verloren hatte: „Die Erfahrung, die ich damals gemacht habe, wird diesmal hilfreich sein. Doch ich werde diesmal gar nichts ändern – außer, dass am Ende das Ergebnis ein anderes sein soll. Ich fühle mich sehr gut und bin zuversichtlich – es gibt nichts zu verlieren.“

Citroen ist wieder das ge-loeb-te Land

Bei Citroen vertraut man auf die Fähigkeiten des zurückgekehrten „Liebkindes“ Sebastien Loeb. Im Sommer herrschte bei den Franzosen noch Eiszeit – damals soll es Schreiduelle und Eisesstillt zwischen Loeb und Quesnel gegeben haben. Damals sprach Loeb in den Regrouping-Zonen mit seinen Fahrerkollegen darüber, dass sein Team bereits voll auf seinen möglichen Nachfolger Ogier setzen und es zudem keine Dankbarkeit kennen würde. Damals spielte Loeb mit dem Gedanken, das Team zu verlassen…

Jetzt ist alles anders: Loeb hat für zwei weitere Jahre unterschrieben. Das Blatt wandte sich. Ogier bekam eiskalten Gegenwind zu spüren, als Loeb in Australien nach seinem selbstverschuldeten Fehler eine Aufholjagd startete: Hier musste Ogier abbremsen, dort zu früh oder zu spät stempeln – nur damit Herr Loeb ein paar Punkte an Land ziehen konnte. Angeblich soll man Ogier in „Down Under“ sogar verboten haben, auf der Powerstage zu attackieren und Punkte zu holen – man hat also bewusst darauf verzichtet, dass Ogier Punkte macht, sodass Loeb am Ende vier Pünktchen erobern konnte…

In Frankreich freilich profitierte Ogier vom Loeb-Motorschaden und tat das einzig Mögliche: Er holte den Sieg und katapultierte sich selbst zurück in den Titelkampf…

Wenn aber Teamchef Olivier Quesnel darüber spricht, dass Loeb der „heiße Favorit ist, der nicht umsonst siebenmal Weltmeister wurde“, dürfte klar sein, wie die Marschrichtung bei Citroen aussieht: Zuerst kommt Loeb – und nur wenn dessen Pechsträhne anhalten würde, müsste das Werk seine Jetons auf Ogier setzen…

Solberg & Minor als „Best oft he Rest“

Hinter den vier Werksautos von Citroen und Ford wollen Henning Solberg und Ilka Minor als bestes Privatteam ein Top 5-Ergebnis erzielen. Freilich gibt es da noch den starken Petter Solberg – doch vielleicht gerät eines der Werksteams in Schwierigkeiten.

Wie auch immer – Henning Solberg wirkt motiviert und verrät: „Vergangenes Jahr habe ich Spanien mit dem Fiesta S2000 sehr genossen. Ich hatte mich nicht allzu sehr auf die unterschiedlichen Untergründe gefreut. Später machte es dennoch Spaß. Vor dem Ende der Saison möchte ich erneut in den Top 5 ins Ziel fahren."

Zuletzt in Frankreich konnte das norwegisch-österreichische Duo mit einem sechsten Platz glänzen.

Geheimtipp Mini – Lokalmatador Sordo top motiviert

An starker Konkurrenz mangelt es auch in Spanien nicht – schließlich ist auch wieder das Mini-Werksteam am Start – die Prodrive-Truppe rund um Mastermind David Richards konnte mit dem neuen Boliden bislang vor allem auf Asphalt brillieren und die eigenen Erwartungen übertreffen.

Zuletzt, in Frankreich, lag Dani Sordo sogar in Führung, ehe er die Rallye auf dem sensationellen zweiten Platz abschließen konnte. Eines ist sicher: Der Spanier wird bei seiner Heimrallye ganz besonders motiviert ans Werk gehen und auch der zweite Pilot Kris Meeke kommt immer mehr in Fahrt…

Das große SWRC-Finale

Nervenaufreibend wird sich das Wochenende für Raimund Baumschlager und sein Red Bull Skoda Team gestalten – denn in Spanien wird bereits das Finale der Super 2000-Weltmeisterschaft SWRC abgehalten.

Juho Hänninen hat seinen großen Punktepolster mit Ausfällen in Deutschland und zuletzt in Frankreich verspielt. Der „Tausendsassa“ von Skoda, der zugleich auch weiter in der IRC eingesetzt wird und dort dank der Punkte-Koeffizienten ebenfalls zu den Titelkandidaten gehört, weist nur noch drei Punkte Vorsprung auf Ford-Pilot Ott Tänak auf, der zuletzt immer besser in Fahrt kam.

Zwar hat auch der Tscheche Martin Prokop mit einem Rückstand von 17 Punkten noch Außenseiterchancen – doch Hänninen weiß: „Es kommt hier in Spanien vor allem zum harten und auch entscheidenden Duell mit Tänak, aber wir sind bereit und auch gut vorbereitet. Ich will mich auch nicht mit Rechnereiern und Taktiken abgeben – ich will einfach vor ihm ins Ziel kommen! Das ist die beste Rechnung.“

Teamchef Raimund Baumschlager erklärt: „Für Juho steht in Katalonien natürlich viel auf dem Spiel. Er kann sich nicht wirklich auf den Vorsprung verlassen und wird wohl alles versuchen, die Rallye und auch die WM aus eigener Kraft zu gewinnen."

Ebenfalls am Start wird Hermann Gassner junior sein – allerdings muss er nach dem schweren Unfall in Frankreich auf seine Co-Pilotin Kathi Wüstenhagen verzichten, die sich aber glücklicherweise bereits auf dem Weg der Genesung befindet. Am Sozius des jungen Bayers wird daher Routinier Timo Gottschalk Platz nehmen.

Baumschlager sagt: "Bei Hermann muss man abwarten, inwieweit der Unfall von Frankreich noch in seinem Kopf ist. Keine leichte Aufgabe für Gassner junior, aber ich bin überzeugt, dass er dieser Prüfung auch meistern wird.“

Gestartet wird die Spanien-Rallye am Freitagmorgen um 8.43 Uhr Ortszeit mit der 25,74 Kilometer langen SP „Pesells“.

Ähnliche Themen:

News aus anderen Motorline-Channels:

Rallye-WM: Spanien

- special features -

Weitere Artikel:

Lavanttal-Rallye: Nach SP5

Ein Revival der letzten Jahre

Bei der 46. LASERHERO Lavanttal-Rallye powered by Dohr-Wolfsberg liefern sich der Führende Simon Wagner und Hermann Neubauer ein altbekanntes Sekundenduell / Eine Kärntner Führung gibt es durch Patrik Hochegger bei den Historischen

Osterrallye: Bericht ZM Racing

Dominik Dinkel bei Osterrallye auf Platz Zwei

Raffael Sulzinger fällt als 3.ter auf letzter SP aus, Markus Wurz wird 19.ter - Gesamtsieger im bayrischen Tiefenbach wird der Tscheche Jan Cerny

Auf den knüppelharten Schotter-Stages der Ungarn-Rallye schaffen Wagner/Winter das angepeilte Top 10-Ergebnis. Kramer/Kvick nach Überschlag out.