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"Von Rallye zu Rallye besser werden..."

Andreas Aigner spricht im motorline.cc-Talk über den Lernprozess im WRC, den Tausch des Co-Piloten und das Verhältnis zu seinem Teamkollegen Harri Rovanperä.

Michael Noir Trawniczek

Freitagnachmittag im Athener Olympiastadion. Draußen hat es 38 Grad Lufttemperatur - Andreas Aigner hat sich kurz ins klimatisierte Motorhome des Red Bull Skoda-Teams zurückgezogen, wartet dort auf jene Antibiotika, die ihm der FIA-Arzt verschrieben hat. 37,8 Grad Fieber wurden festgestellt - doch der sympathische Steirer hat uns dennoch gerne zu einem kurzen Gespräch eingeladen - schließlich ist auf seinem Laptop motorline.cc als Startseite eingerichtet.

Im Anschluss an das Gespräch kamen bald schon die gewünschten Medikamente - die dann auch Wirkung gezeigt haben. Andi Aigner war am Samstagmorgen wieder topfit und gerüstet für seine erste Akropolis-Rallye im Fabia WRC.

Andi, du hast ja vor noch nicht allzu langer Zeit die Ausscheidung bei der Talentsuche von Red Bull gewonnen - und du hast davor überhaupt keinen Motorsport betrieben?

Nein, überhaupt nichts. Ich habe weder Kartsport betrieben, noch Rundstreckenrennen. Und ich habe damals auch noch nie eine Rallye live gesehen. Ich bin halt einfach nur gerne Auto gefahren - ich war fahrgeil, wie das halt bei einem jungen Burschen so ist. Zu meinem Glück ist bei der Ausschreibung dabei gestanden, dass das auf dem A1-Ring stattfindet, dass es also nicht allzu weit weg von mir zuhause war. Und zudem stand da auch, dass man keine Vorkenntnisse im Motorsport benötigt. Sonst wäre das für mich gar nicht in Frage gekommen. Die Sichtung selbst ist dann eigentlich recht schnell über die Bühne gegangen. Ich habe danach fast acht Monate auf eine Antwort gewartet. Also auf den Bescheid, dass sie mich nehmen.

Wie viele Teilnehmer gab es da? Und wie hat sich diese Sichtung abgespielt?

Das waren bei der ersten Sichtung 400 Teilnehmer. Beim ersten Mal sind alle 400 zum A1-Ring gekommen - da hat man so einen Kurs ausgesteckt, einen Slalom, mit Ballonen und so weiter. Da sind wir mit einem Lupo GTI gefahren. Dann sind 300 Teilnehmer ausgeschieden, in der zweiten Runde waren nur noch die letzten 100 dabei - auch die zweite Sichtung hat wieder auf dem A1-Ring stattgefunden, im Fahrsicherheitszentrum des ÖAMTC. Die haben da so einen Kurs ausgelegt und das war eigentlich ganz interessant. Danach gab es für die letzten 20 noch eine dritte Sichtung. Das war ein psychologischer Test und auch ein Fitnesstest bei Red Bull. Und dann drei Tage am Erzberg unten - im Oktavia WRC, was natürlich ein Wahnsinn war.

Und du bist davor auch nicht auf irgendwelchen Schotterplätzen herum gegast oder ähnliches?

Nein, aber ich bin schon immer gern mit dem Auto gefahren, habe wirklich jede Gelegenheit genützt, auch in der Nacht. Aber ohne jeden Hintergedanken - nur just for fun. Ich tue mir auch schwer damit, zu erklären, wo ich das Gefühl fürs Autofahren her habe.

Und um wie viel größer war da der Unterschied zu den anderen Teilnehmern?

Ich habe keine Ahnung.

Es ist ja oft so, beispielsweise im Kartsport, dass man sich relativ schnell und leicht um Sekunden verbessert - aber wenn es dann um die letzten Zehntel geht, dann...

Ja, das ist glaube ich in jeder Motorsportklasse so. Dass man zunächst einmal halbwegs dabei ist, das geht relativ schnell - die letzten Feinheiten sind dann aber umso schwieriger. Ich studiere ja die Datenblätter sehr genau, vergleiche sie mit jenen meines Teamkollegen - da kann man heute ja einiges feststellen.

Hattest du anfangs das Problem, zu viel zu wollen, das Auto zu überfahren? Oder hattest du von Anfang an den runden Fahrstil, den man heute braucht?

Dieses Problem hatte ich eher nicht - aber was den runden Stil betrifft, bin ich immer noch auf der Suche danach. Am Anfang hat man im Grunde gar keinen Plan, worum es eigentlich geht - das muss man einfach erfahren und lernen. Das musste ich mit dem Fabia WRC, der ja eine gewaltige Bombe ist, wieder neu lernen. Wo man sich davor schon auf das Gruppe N-Auto eingeschossen hat, mit dem Speed halbwegs zurecht gekommen ist und man bereits so weit war, dass man an den letzten Zehntelsekunden geknabbert hat. Mit dem WRC ist man jetzt eben wieder weiter davon entfernt und man muss sich abermals wieder dorthin vorarbeiten.

Gibt es da gewisse Bereiche, in denen du dich deiner Meinung nach noch konkret verbessern musst?

Ich habe bemerkt, dass ich eigentlich mit den schnellen Passagen weniger Probleme habe als mit den eher engeren, technischen Streckenteilen, was schon erstaunlich ist. In Spanien hat mir in den schnellen Abschnitten überhaupt nichts oder nur sehr wenig gefehlt. Da muss man sich darauf einstellen und der Frage nachgehen.

Holst du dir Tipps von deinem Stallkollegen Harri Rovanperä, der ja ein routinierter WRC-Pilot ist?

Ja, wenn ich zum Harri gehe, dann hat er immer ein offenes Ohr für mich. Wir haben uns auch von Beginn an richtig gut verstanden, da rennt der Schmäh. Ich kann immer zu ihm gehen - und er kommt auch zu mir.

Fragt er dich auch etwas?

Schon, zum Beispiel: Wie war's? Wie bist gefahren? Und über die Probleme spricht man natürlich auch. Und was mir eben ganz besonders taugt ist, dass er auch nachher zu mir kommt und sagt: 'Hast du den Stein dort eh gesehen? Dort darfst du ja nicht reincutten'.

Gibt es auch Passagen, wo du schneller als er gefahren bist und er dich fragt: Wie bist du dort gefahren?

Bis jetzt ist das eigentlich nicht vorgekommen, weil er noch auf der Suche nach einem optimalen Setup für das für ihn neue Auto ist. Und weil das ja auch auf den Typ ankommt - es hat jeder andere Stärken und Schwächen. Aber ich sage jetzt einmal, dass derweilen vom Auto her noch Potential vorhanden ist.

Du fährst hier bei der Akropolis-Rallye wieder mit Klaus Wicha als Co-Pilot - mit Timo Gottschalk hat es Unstimmigkeiten gegeben. Wie kann man sich diese Unstimmigkeiten vorstellen?

Das ist eine sehr schwierige Angelegenheit. Es besteht eben doch ein Unterschied zu einem Gruppe N-Auto - im WRC sind die Geschwindigkeiten ja auch um einiges höher. Und wenn zwei Piloten in einem Auto sitzen, die wenig Erfahrung mit einem WRC haben, dann ist das halt sehr schwierig, das kann mitunter auch gefährlich werden. Der Timo ist sicher ein Top-Copilot, aber es fehlt ihm halt die Erfahrung im WRC. Da ist es gescheiter, wenn man einen erfahrenen Beifahrer hat. Und es gab mit Timo ja auch keine wirklichen Schwierigkeiten, da ging es ja letztlich nur um Kleinigkeiten. Es hat halt einfach nicht gepasst.

Du bist ja in deinem Lehrjahr in der WRC - und du siehst doch recht oft die Zielflagge, was für einen Rookie eine beachtliche Leistung darstellt. Sagt man dir im Team ganz konkret, du sollst auf Ankommen fahren, möglichst nicht ans Limit gehen?

Nein, das hätte auch keinen Sinn. Man schaut immer, dass man so nahe wie möglich an sein persönliches Limit rangeht. Das liegt halt derzeit noch eher unten - aber man merkt, dass es mit jedem Kilometer, den man zurücklegt steigt. Und wenn man eine Rallye zum ersten Mal fährt und man einen neuen Schrieb hat - so wie es hier bei der Akropolis-Rallye ja alle haben - muss man eventuell noch Kleinigkeiten im Schrieb korrigieren und da muss man sich einen gewissen Spielraum lassen, sonst funktioniert es nicht, sonst fällt man sehr schnell auf die Schnauze.

Hat dir das Team irgendwelche Platzierungen als Ziel gesteckt oder geht es nur ums Lernen und Ankommen? Hast du dir persönlich irgendwelche Ziele gesteckt?

Es gibt überhaupt keinen Druck vom Team, außer dass ich eben ins Ziel kommen und das Beste daraus machen soll. Aber natürlich legt man sich selber einen gewissen Druck auf. Das ist ganz klar - und man will von Rallye zu Rallye einfach besser werden.

Geht es dir da eher um Ergebnisse oder um Zeitrückstände?

Da geht es mir schon um die Zeitrückstände.

Hast du diesbezüglich ein konkretes Ziel für dieses Jahr?

Ja. Dass man am Ende konstant auf einem Rückstand von einer Sekunde pro Kilometer ist - natürlich auf die Bestzeit hin gerechnet. Damit wäre ich eigentlich ziemlich happy.

Gibt es schon Pläne für 2007?

Es sind in Hinblick auf 2007 noch überhaupt keine Entscheidungen gefällt worden - weder was die Fahrer- noch die Team-Seite betrifft.

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