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ARC 2013: Thayaland-Rallye

Das große Comeback der Historischen

Noch im Krisenjahr 2012 setzten sich Sepp Pointinger und OSK an einen Tisch – jetzt dürfen sich die Historischen und ihre Fans auf ein blühendes 2013 freuen. .

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Daniel Fessl/www.motorline.cc, Weitsicht.cc/Walter Vogler, Pointinger privat, Fojtik Motors

Ob Fans der ersten Stunde oder Frischbegeisterte – wirklich kalt lassen sie keinen, die historischen Boliden stehen bei den Rallyefreunden hoch im Kurs. Kein Wunder: Ganz gleich, aus welcher Epoche sie stammen, sie alle haben eine Geschichte zu erzählen, rein optisch beeindrucken sie mit ihren oftmals einzigartigen, manchmal auch gewagten, mitunter auch weltberühmten Silhouetten – und auch akustisch können so manche der „Oldies“ mit einem ganz eigenen „Spruch“ aufwarten. Werden sie von Meistern ihres Fachs über die Sonderprüfungen getrieben, hat das eine Dramatik, als würde man Geschichte live miterleben, eine willkommene Zeitreise, ein Blick zurück auf jene Zeiten, die den Rallyesport geprägt haben…

Die schwierigen Jahre

Vor drei Jahren herrschte Aufbruchsstimmung in der Szene der Historischen – geschlossen durften sie in der Rallye-Staatsmeisterschaft 2010 vor dem Hauptfeld losfahren. Das „Edelvorprogramm“ kam bei den Fans bestens an – doch schon nach wenigen Rallyes wurde das Konzept wieder verworfen, weil die Spitzenfahrer der ÖM über die „verdreckten“ Prüfungen klagten. Dieser Rückschlag sollte nicht der einzige bleiben…

Im Juli 2011 sorgte der große „Zampagno“ der Historischen, Sepp Pointinger für Aufsehen, als er als Fahrervertreter der Historischen mit sofortiger Wirkung zurücktrat. Einige Regeländerungen der Obersten Sportbehörde FIA brachten den Historischen erhebliche Mehrkosten ein, Pointinger fühlte sich von der Nationalen Sportbehörde OSK in Stich gelassen, diese würde sich zu sehr an der FIA orientieren, ähnlich wie die EU würde die FIA Wege vorgeben, welche nicht auf die spezifischen Voraussetzungen der einzelnen Länder Rücksicht nehmen würden, klagte der Niederösterreicher.

Ein Interview mit motorline.cc, welches Pointinger gemeinsam mit seinem Freund Kurt Göttlicher, einem weiteren Big Player der Historischen gab, trug wenig zur Verbesserung der Stimmung bei – die heftig OSK-kritischen Aussagen des früheren Vize-Europameisters führten dazu, dass dieser trotz Gewinn des Historischen Rallyepokals der OSK nicht zur Jahrespreisverleihung eingeladen wurde. Es herrschte Verärgerung auf allen Fronten. Unterdessen sorgten die erwähnten Regelerschwernisse und die Missstimmung im Lande dafür, dass 2012 die Historische Rallye-ÖM und auch der Historische Rallye-Pokal an einem massiven Teilnehmerschwund litten – so sehr, dass man hinter den Kulissen bereits ernsthaft zu hinterfragen begann, ob eine Historische Staatsmeisterschaft für 2013 noch Sinn machen würde…

Das „Gipfelgespräch“

Doch wie so oft sorgte gerade diese Krisenstimmung dafür, dass man wieder aufeinander zuging. Dietmar Hinteregger, der Vorsitzende des OSK Rallye-Kollegiums, erklärte bereits im Frühjahr 2012 gegenüber motorline.cc: „Mir persönlich liegt sehr viel an den historischen Rallyefahrzeugen – wir müssen einen Weg finden, wie wir diese Schmuckstücke wieder auf die Rallyepisten bekommen.“ So kam es im August 2012 zu einem „Round Table“-Gespräch mit Vertretern der historischen Rallyeszene, darunter auch Sepp Pointinger und Kurt Göttlicher. Im Vorfeld wurden zudem per Email mit den Besitzern von historischen Fahrzeugen diverse Verbesserungsmöglichkeiten diskutiert.

Die OSK zeigte nicht nur theoretischen guten Willen, sondern lockerte auch in der Praxis das Reglement auf. Hinteregger erklärte im September in einem Gespräch mit motorline.cc: „Als eine wesentliche Hürde wurde bislang oft der Wagenpass genannt. Wir haben darauf reagiert, ab 2013 braucht man weder einen FIA- noch einen OSK-Wagenpass – ein Homologationsblatt mit Anhang J reicht künftig aus.“

In der von Hinteregger angesprochenen Klasse „Historic Rallye National“ ist man in den neuen Historic Rallye Pokalen der OSK startberechtigt – in der Division I mit Fahrzeugen der Baujahre 1962 bis 1981 sowie in der Division II mit Fahrzeugen der Baujahre 1961 bis 1981 der Wertungsklasse 4 (mehr als zwei Liter Hubraum, Perioden F bis I, Klassen B5, C4, C5 und D4) und den Baujahren 1982 bis 1990.

Die Historic Rallye Pokale werden nicht nur im Rahmen der ORM (bis auf die Jännerrallye) abgehalten, auch die Läufe zur Austrian Rallye Challenge (ARC) zählen dazu, bei ORM-Läufen werden die Punkte mit einem Koeffizient von 1,5 vergeben. So zählen zwölf Rallyes zu den Pokalen, es werden die besten sechs Ergebnisse gezählt.

Im Rahmen des sommerlichen „Gipfelgesprächs“ kam es auch zu einer Aussprache zwischen OSK respektive Dietmar Hinteregger und Kurt Göttlicher – die Fronten wurden geglättet, mehr noch: Kurt Göttlicher ist der neue Fahrervertreter der Historischen.

Pointinger & die Klubmeisterschaft

Sepp Pointinger gibt zudem ein grandioses Comeback als Mastermind der Historischen – der mit allen Rallyewassern gewaschene Haudegen legte sich kräftig ins Zeug: Der Historic Rallye Sport Klub Austria (HRSCA) unter der Führung von Sepp Pointinger gründete eine Klubmeisterschaft und konnte bei fünf heimischen Rallye-Veranstaltern eine ermäßigte Nenngebühr heraus verhandeln.

Der HRSCA bietet fünf Rallyes zu einem Gesamtnenngeld von 2.100 Euro an, gefahren werden die Thayaland-Rallye (ARC), die Wechselland-Rallye (ORM), die Jacques Lemans Kärnten Rallye (ARC), die Rallye Weiz (ORM) und die Herbst Rallye leiben (ARC).

Bei den Rallyes sollen die Historischen künftig eine separierte gemeinsame Servicezone erhalten, die Klubmeisterschaft garantiert zudem permanente Startnummern, Pressebetreuung, eine Homepage, administrative und technische Betreuung sowie Preise für alle Klassen. Außerdem möchte Pointinger eine Art Klubabend oder Rallyestammtisch ins Leben rufen – dort sollen aber nicht nur die Historischen der Kommunikation frönen, wie Pointinger betont: „Wir würden uns freuen, wenn auch aktuelle Fahrer, Vertreter der OSK, der Sponsoren, der Veranstalter und so weiter zu diesen Abenden kommen würden.“

Gerade in schwierigen Zeiten sei es nötig, miteinander zu sprechen, betont Pointinger. Dass es heuer keinen Suzuki Cup geben würde, sei ebenso ein Alarmsignal wie jene Anzeichen, wonach die ORM heuer mit einem schwindenden Teilnehmerfeld zu rechnen habe. Dass die Historischen florieren, während die Modernen mageren Zeiten ins Auge blicken, ist für Pointinger kein Wunder: „Es kommen keine aktuellen Autos nach, die wirklich leistbar sind. Ein R3 kostet ein Vermögen und dann muss ich damit erst recht hinter einem Mitsubishi herfahren. Einen R1 oder R2 um ein Schweinegeld kauft niemand. Und ein Mitsubishi verliert heute binnen kurzer Zeit seinen Wert.“ Über kurz oder lang glaubt Pointinger, dass man in der ORM wie in England auf 2WD-Autos setzen werde beziehungsweise müsse…

Bei den Historischen jedenfalls mussten die vorhandenen Teilnehmer lediglich wieder aktiviert werden, die Autos standen in den Garagen, sie mussten nicht allzu lange auf bessere Zeiten warten…

So konnte Sepp Pointinger noch ein weiteres „Zuckerl“ für die Historischen heraus verhandeln. In der ARC wird 2013 dort weitergemacht, wo in der ORM 2010 aufgehört wurde: Alle Historischen (nicht nur die Teilnehmer der Klubmeisterschaft) werden bei den ARC-Rallyes geschlossen vor dem Hauptfeld die Bühne sprich die Sonderprüfungen erklimmen. Wobei Pointinger lachend hinzufügt: „Das zu erreichen war nicht wirklich schwierig – denn der Folki (ARC-Boss Folkrad Payrich, d. Red.) hatte schon immer ein offenes Ohr für die Historischen.“ Bei den ORM-Läufen werden die Historischen im Pulk antreten, Pointinger rechnet damit, dass man „etwa ab Startnummer 40 losstarten wird – wir müssen das aber noch mit den Veranstaltern Willi Stengg und Mario Klammer im Detail ausmachen“.

Attraktives Starterfeld 2013

Dass sich all die Bemühungen bezahlt gemacht haben, beweisen die Zahlen: In der Klubmeisterschaft haben sich mittlerweile 15 Teilnehmer eingetragen. Beim Saisonauftakt, der Thayaland-Rallye, werden zehn Historische die Rallye eröffnen. Worauf Sepp Pointinger besonders stolz ist: „Wir haben in der Klubmeisterschaft neun verschiedene Marken. Darunter auch echte Schmuckstücke wie ein Saab 96 V4 (siehe Foto links unten), den Andreas Fojtik bewegen wird.“

Das Foto links oben zeigt Sepp Pointinger auf einem Saab 96, den er 1976 bei der Jännerrallye bewegt hat („Ich hatte kein Auto, wollte aber unbedingt die Jänner fahren – da habe ich mir beim Gebrauchtwagenhändler schnell einen 96er um 11.000 Schilling gekauft. Überrollbügel, Sitze und H-Gurte waren damals noch nicht vorgeschrieben.“)

Bei der Thayaland-Rallye wird ein buntes Historik-Starterfeld zu bewundern sein. Neben dem erwähnten Andreas Fojtik im wunderschönen Saab 96 V4 sind auch zwei Ford Sierra Cosworth (pilotiert von Kurt Göttlicher und Alfons Nothdurfter), zwei VW Golf GTI 16V (mit Christian Maier und Peter Matasovic), zwei Ford Escort RS 2000 (mit Stefan Skrabal und Thomas Nemeth), ein Volvo 740 (mit Georg Gschwandner, dessen Volvo Rallye Team Triestingtal anlässlich des Historischen-Aufschwungs zwei weitere Volvo zum Sellbstkostenmietpreis anbietet), Herbert Winkler im Porsche 944 und Gottfried Traintinger im Opel Manta 400 am Start.

Nach der Thayaland-Rallye werden noch mehr Historische erwartet, einige Teams sind noch mit dem Aufbau beschäftigt.

Dietmar Hinteregger beobachtet die Entwicklung mit Zufriedenheit: „Wir gehen ganz sicher in die richtige Richtung. Im Frühling werden noch weitere Autos hinzukommen.“

Mit viel Engagement und Hausverstand konnten Sepp Pointinger, Kurt Göttlicher sowie die OSK und ihr Rallye-Kollegiumsvorsitzender Dietmar Hinteregger eigentlich binnen kurzer Zeit eine am Boden liegende Szene wieder zu einem blühenden Leben erwecken. Die Rallyefans können sich auf ein attraktives, buntes und spannendes Historic-Feld freuen.

Zur Website des Historic Rallye Sport Klub Austria

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