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WRC: Deutschland-Rallye

„Ich brauche ein gutes Auto!“

Evgeny Novikov im Gespräch mit motorline.cc. Über seine Co-Pilotin Ilka Minor, seine Ausfälle, sein Auto, seine Zukunft und über den Rallyesport in Russland.

Michael Noir Trawniczek

Evgeny Novikov in der Hospitality von M-Sport, an einem Tisch gibt er einem Kollegen ein Interview. Ein paar Tische weiter wird Thierry Neuville umzingelt von zahlreichen Journalisten – man spürt sofort: Der Belgier ist der Star der Stunde.

Umso besser, so hat Evgeny ausreichend Zeit für ein Gespräch mit motorline.cc.

Du fährst mit Ilka Minor, einer Österreicherin – warst du schon einmal dort? Wie ist dein Eindruck von Österreich?

Um ehrlich zu sein, ich war schon lange nicht mehr in Österreich – aber ich war einmal skifahren dort, das ist wahrscheinlich schon sieben Jahre her. Das Land ist sehr nett, ein gutes Land, sehr ruhig, sehr sauber.

‘Sehr ruhig‘ sagst du. Ilka ist im Auto auch eher ruhig – ist das für dich wichtig, dass Ruhe im Auto herrscht?

Ja, ganz genau. Für mich ist das sehr gut. Ilka ist sehr ruhig und sehr konzentriert und es läuft sehr gut mit ihr. Ich fühle mich einfach wohl mit ihr.

Würde es dich nervös machen, wenn der Beifahrer auf der Verbindungsstrecke andauernd sprechen würde?

Nein, das wäre schon okay, so lange er die Pacenotes richtig liest, denn das ist das Wichtigste. Es wäre okay… - aber das ist von der Person abhängig. Es gibt Menschen, die einfach glauben, dass sie immer etwas sagen müssen. Die dann lieber, neben vernünftigen Dingen, auch über Bulls**t sprechen als einmal ruhig zu sein – da finde ich es cooler, wenn jemand manchmal einfach nur schweigt.

Du hast vor einem Jahr gesagt, dass Ilka der erste Co-Pilot sei, von dem keine Angst zu dir herüberströmen würde…

Ja, das stimmt. Das ist wirklich gut. Es hilft mir ungemein, dass Ilka mir vertraut. Das hilft mir dabei, mich auf das Fahren zu konzentrieren und mich darin zu verbessern. Da muss ich mir keine Sorgen machen über die Pacenotes und den Beifahrer – das ist sehr wichtig in einem Team, dass man einander vertrauen kann.

Wie hast du die Angst der Vorgänger wahrgenommen?

Ich kann es im Augenwinkel an seinem Verhalten sehen – an gewissen Plätzen, in potentiell gefährlichen Passagen. Und da schaue ich, wie sie sich verhalten. Ich habe einen guten Blick dafür, ob ein Beifahrer Angst hat oder nicht.

Du beziehst sich auf Body Language,, die Sprache des Körpers, oder?

Ganz genau. Es sind oft nur Kleinigkeiten, Anspannungen, die es deutlich machen.

Früher haben die österreichischen Rallyefans Manfred Stohl die Daumen gedrückt, jetzt hoffen sie auf Ilka und auf dich. Du bist sehr schnell, aber manchmal offenbar auch zu schnell unterwegs?

Ja, unsere Leistungen sind nicht wirklich konstant, unglücklicherweise. Aber manchmal passiert es eben. Es gibt einige gute Momente in einer Karriere, wie unser Podium im Vorjahr, und manchmal hat man weniger gute Phasen. Wie heuer, die erste Saisonhälfte. Wir haben immer wieder kleinere Zwischenfälle und oft haben wir auch einfach kein Glück. Aber: Es ist so. Wir müssen einfach weiterkämpfen, dann werden wir ja sehen, was passiert.

Aber du bleibst bei deiner Linie, dass du vom ersten Meter an voll attackierst?

Natürlich. Denn du musst sehr schnell sein – das Level ist so hoch, alle fahren immens schnell. Das ist es wichtig, gleich auf der ersten Prüfung schnell zu sein. Bei manchen Rallyes, wenn ich mich nicht so wohl fühle oder zu wenig Vertrauen habe, dann fahre ich nicht so gut auf der ersten Prüfung.

Aber im Prinzip bleibe ich auf meiner Linie, dass man immer attackieren muss – denn nur dann bist du schnell und nur dann kannst du ein gutes Resultat erringen. Und wenn dir ein Fehler unterläuft, dann ist dir ein Fehler unterlaufen, aber dafür wirst du im darauf folgenden Jahr aus diesem Fehler gelernt haben und viel schneller sein.

Sebastien Ogier und Volkswagen sind eine sehr starke Kombination. Ist es möglich, dass du deshalb schneller fahren musst weil der VW ein dermaßen gutes Auto ist?

Ich versuche natürlich, optimistisch zu sein – aber es ist beinahe unmöglich, gegen Ogier zu gewinnen. Denn sein Auto ist ein Wahnsinn – Sebastien ist natürlich ein sehr guter Pilot, aber sein Auto ist sehr, sehr schnell, ein toller Wagen. Unser Auto… - ist nicht wie der VW.

Ist es dennoch möglich, mit dem Ford eine Rallye zu gewinnen?

Es ist immer alles möglich. Aber es ist sehr schwierig. Du musst andauernd 150 Prozent geben und du musst eine Menge an Risiken auf dich nehmen. Dann vielleicht ist ein Sieg möglich, aber es ist sehr, sehr schwierig. Es ist eigentlich so gut wie unmöglich, denke ich.

Auch die anderen M-Sport-Piloten müssen Risiken auf sich nehmen, um den Speed von Ogier/VW mitgehen zu können?

Ja, Thierry Neuville zum Beispiel war am Saisonbeginn noch langsamer, doch dann glaube ich, dass er das Vertrauen bekommen hat und er dann auch begonnen hat, Risiken auf sich zu nehmen. Das hat sich bezahlt gemacht – und jetzt hat er das absolute Vertrauen. Jetzt ist er auch in einer Position, in der er mehr riskieren kann. Aber um ehrlich zu sein: Das ist dermaßen schwierig – und es ist dann so leicht, dass dir ein Fehler unterläuft.

Weißt du schon, was du 2014 machen wirst?

Nein, bislang wissen wir nichts.

Kannst du der erste russische Rallye-Weltmeister werden?

Ja. Sicher – das ist möglich, keine Frage. Ich werde das tun. Das ist mein Ziel. Ich bin hier, um das umzusetzen – ich brauche nur noch etwas mehr Erfahrung. Und ein gutes, konkurrenzfähiges Auto. Das ist alles, mehr brauche ich nicht. Aber derzeit geht es eher um ein konkurrenzfähiges Auto und Team.

Mit mehr Erfahrung werde ich natürlich mehr Vertrauen aufbauen und konstantere Leistungen erbringen – aber manche Rallyes kenne ich bereits recht gut und ich glaube, dass ich dort um einen guten Platz kämpfen kann. Aber ich brauche einfach ein konkurrenzfähiges und gutes Auto. Ein Auto, in dem ich mich wohl fühle und ich dem ich auch Beständigkeit zeigen kann.

Die Deutschland-Rallye kennst du aber nicht so gut

Ich war erst im Vorjahr zum ersten Mal hier, ich kenne die Rallye also nicht so gut. Ich bin hier am Lernen – natürlich wollen wir auch einige gute Zeiten fahren, aber es geht nicht um das Maximum, dafür besteht hier kein Grund.

Kommen viele russische Fans zu den Rallyes?

Ja, das ist erstaunlich. Hier in Deutschland sind es aber nicht so viele wie in Finnland, dort kamen sehr viele.

Triffst du diese Fans auch, sprichst mit ihnen?

Natürlich, wenn wir uns draußen oder im Servicepark begegnen – klar plaudere ich auch mit ihnen.

Der Motorsport nimmt in Russland eine immer bedeutendere Rolle ein – Formel 1 und Rallye…

Ja, es wird besser und besser. Ich bin sicher, dass es nur eine Frage der Zeit ist, dass der Rallyesport in Russland sehr populär sein wird.

Bist du in Russland bereits ein Superstar?

Nein, überhaupt nicht.

Du kannst einkaufen gehen, ohne von einer Horde Autogrammjägern umzingelt zu werden?

Ja, natürlich. Ich bin auch eine ganze normale Person. Aber in Russland interessieren sich immer mehr Leute für den Rallyesport. Manchmal ist es wirklich erstaunlich, wie viele Leute den Rallyesport bereits verfolgen. Und es gibt Leute, die meinen Namen kennen. Es gibt Leute, die wissen, wer ich bin – das ist schon erstaunlich, denn Russland ist bekanntlich sehr groß.

Geht man in Russland weniger hysterisch mit bekannten Personen um? Sind die Russen cooler?

Ja, vielleicht sind sie ein bisschen ruhiger, das kann schon sein.

Bist du ein typischer Russe? Trinkst du gerne Wodka?

Während einer Rallye trinke ich gar nichts. Wenn, dann eher zuhause. Und da bevorzuge ich eher Wein als Wodka.

Lebst du in Russland?

Klar, ich lebe in Moskau.

Wirst du dort auch bleiben, als erfolgreicher Rallyepilot?

Ich weiß es nicht – das hängt davon ab, wie sich das Leben entwickeln wird. Was passieren wird und was nicht passieren – ich bin mir da nicht sicher.

Kein Appartement in Monaco?

Dazu bräuchte ein bisschen Geld. Aber vielleicht, ja. Das ist sicher eine gute Option. Das wäre sicher ein guter Platz zu leben.

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