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WEC: 24 Stunden von Le Mans

Dominiks Tagebuch: Einblicke in die 24h

Lotus-Pilot Dominik Kraihamer gibt Einblicke in den Mittwoch - wie sich die Beschlagnahmung aufs Team auswirkte und was er spät abends auf dem Teller hatte.

Liebe Le-Mans-Fans,

ich hatte es irgendwie im Gefühl: Alles wird gut! Die Aufregung um die zwischenzeitliche Beschlagnahmung unserer Autoteile hat mich aber auch am Mittwoch noch einige Zeit stark beschäftigt. Direkt nach dem Aufwachen am Morgen war das Thema wieder präsent. Aber irgendwie war das Vertrauen in das Team und in Colin Kolles größer als die Sorge, dass die Le-Mans-Woche vielleicht beendet sein könnte, bevor sie so richtig begonnen hat. Urplötzlich konnte ich das alles entspannt sehen. Der Appetit beim Frühstück war riesig, ich habe richtig rein gehauen. Frühstück ist nicht gerade meine Paradedisziplin, aber am Mittwoch ging es.

Nach der Ankunft an der Strecke gab es erst einmal weitere Informationen zu den Vorgängen. Es war klar, dass es erst am Nachmittag einen Termin bei Gericht geben würde - bis dorthin konnten wir nichts weiter tun. Es war interessant zu beobachten, wie unterschiedlich Menschen mit solchen Dingen umgehen. Phasenweise war die Stimmung auf dem Tiefpunkt, aber das hat sich geändert. Einer meiner Lotus-Kollegen hat sich quasi eingeigelt und fast nichts mehr gesagt, andere haben versucht, sich mit ein paar lustigen Scherzen bei Laune zu halten. Ich lag so dazwischen irgendwo - vielleicht sogar eher auf der spaßigen Seite.

Ich bin abhängig vom Team, habe aber auch entsprechendes Vertrauen. Mir tat in diesen Momenten vor allem das Technikerteam unendlich leid. Die haben nach meinem Crash beim Vortest mit riesigem Aufwand das Auto neu aufgebaut. Die Jungs haben Nachtschichten eingelegt, sich völlig aufgeopfert. Und jetzt soll so schnell alles vorbei sein? Nein, das darf nicht sein. Und so kam es letztlich auch nicht. Bis dorthin musste ich aber über Mittag und am Nachmittag viele Telefonate beantworten. So ist es leider: Passiert etwas Unschönes, melden sich alle - läuft alles normal oder sogar gut, dann wird es eher stillschweigend hingenommen.

Am Nachmittag hatte ich nette Gäste an der Strecke, denen ich zuerst einmal einiges im Fahrerlager gezeigt habe. Das war eine schöne und angenehme Art, die unangenehme Wartezeit zu vertreiben. Ab 15:00 Uhr war Colin Kolles bei Gericht. Es gab immer mal wieder kurze SMS ans Team. Immer wieder hieß es, dass es noch etwas dauert. Unterdessen hatte das Freie Training angefangen. Ganz seltsam: Ich stand dort in Shorts, T-Shirt und Sneakers in der Box. Das fühlte sich grundsätzlich falsch an. Die Session war abgehakt, gleichzeitig gab es aber immer die Hoffnung, dass wir später fahren können.

Urplötzlich hellten sich die Gesichter gegen 18:00 Uhr auf. Meldung aus dem Gericht: Alles gut, ihr könnt loslegen. Die Crew am Schwesterauto hat sofort den Motor angeworfen, Christophe Bouchut ist rausgefahren. Eine unbeschreibliche Erleichterung bei allen - und so eine Art "Jetzt-Erst-Recht-Stimmung". Einige Mechaniker haben sich sofort einen Lieferwagen geschnappt, um die Teile abzuholen. Keiner wollte darauf warten, bis die Behörden die Sachen bei uns abliefern. An unserem Auto musste noch viel gebaut werden. Wir konnten im ersten Training nicht fahren, aber trotzdem war die Stimmung klasse.

Damit unsere Jungs in Ruhe arbeiten können, habe ich mich aus der Box zurückgezogen. Das Training habe ich in unserem Teambus zu Ende geschaut, mich dann schon mal für das erste Qualifying vorbereitet. Raus aus den Shorts, rein in den Overall - herrlich! Kurz nach dem Start der zweiten Session war unser Auto dann bereit. Thomas Holzer ist eine Installationsrunde gefahren, es lief perfekt. Vorsichtshalber hat das Team schnell unter die Haube geschaut, um sicherzustellen, dass auch im Motorumfeld alles passt. Wir wollten gerade wieder loslegen, ausgerechnet dann legt ein LMP2-Kollege sein Auto in die Leitplanken und sorgt für ein vorzeitiges Ende des Qualifyings. Pech.

Auch wenn wir am Donnerstag nur diese wenigen Meter gefahren waren, wurde es im technischen De-Briefing am Abend interessant. Wir konnten kaum über präzise Eindrücke aus dem Training berichten, aber dafür wurde das Gespräch umso intensiver über grundsätzliche Dinge, die im Rennen wichtig sind. Wir haben beispielsweise umfassend über die Einstellungen unseres Lichts gesprochen. Das waren tolle, produktive Diskussionen, die bis fast zwei Uhr in der Nacht gedauert haben. War der Tag damit zu Ende? Nein, ohne einen Schmaus von Eat-the-Ball-Koch Harry Albel geht der Dodo nie ins Bett.

Zur Feier des Tages hat mir der Harry so tief in der Nacht auf meinen Wunsch hin ein geniales Essen gezaubert: Nudeln mit Rucola, Reblochon und Tomatensauce. Das klingt vielleicht im ersten Moment nicht so nach Gourmet, aber das ist der Hammer. Nach dem feinen Essen bin ich zusammen mit meinen Kollegen Thomas, Jan, James und Kevin zu den Wohnmobilen gegangen. Wir haben uns noch kurz unterhalten, den verrückten Tag nochmal Revue passieren lassen. Nach all der wilden Action habe ich dann extrem schnell schlafen können. Hoffentlich gibt es ab jetzt nur noch "normale" Tage. Aber: Was ist in Le Mans schon normal?

Bis morgen,
Euer Dodo

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