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Ennstal Classic 2010

„Schumacher sollte zurücktreten!“

Sir Stirling Moss spricht im Interview über das schwierige Comeback des Michael Schumacher, das Red Bull Racing-Team und das Überholen damals und heute.

von Michael Noir Trawniczek
Fotos: Sepp Fuchs & Peter Meierhofer/Ennstal Clasic

Die beleibte Oldtimer-Rallye Ennstal Classic war für Sir Stirling Moss der erste Wettbewerb seit seinem Sturz in einen Aufzugschacht – im Rahmen der Kultveranstaltung gab der 80-jährige ein kurzes Interview.

Sir Stirling Moss, überall, wo Sie hinkommen, bildet sich eine Menschentraube…

Ja, das ist schon unglaublich – mein Name ist auch vielen Kindern ein Begriff, das ist schon erstaunlich, denn ich habe aktiv den Rennsport vor 50 Jahren aufgegeben. Das freut mich natürlich sehr, dass es immer noch so viele Menschen gibt, die wissen wer ich bin.

Wie ist das mit einem Michael Schumacher? Man hat nicht den Eindruck, dass er in diesem Maße beliebt ist. Trotz seiner sportlichen Erfolge scheinen die Menschen von seiner Beliebtheit her geteilter Meinung zu sein?

Der Punkt ist, dass ich, so hoffe ich, den Menschen sympathischer bin als er. Ich mag die Menschen, ich erfreue mich meines Lebens, das ich mit den Menschen gerne teile.

Sie haben unlängst erklärt, Michael Schumacher würde sich mit seinem Comeback sein Image ruinieren.

Ich denke, dass Michael eine fantastische Karriere im Rennsport hatte – ich meine: sieben Weltmeistertitel! Was für mich aber noch mehr ausgemacht: Er hat Ferrari wieder zu einem Siegerteam gemacht, indem er ein paar Designer von England nach Italien geholt hat. Und jetzt gehört Ferrari zu den besten Teams und ein Ferrari gehört zu den besten Autos – und davon profitieren wir alle. Michael Schumacher war auch bekannt dafür, dass er alle Mechanismen rund um den Rennsport verstanden hat. Nachdem er zurückgetreten ist, war es meiner Meinung nach ein großer Fehler, zurückzukehren. Aber das ist meine persönliche Meinung.

Warum tut sich der siebenfache Weltmeister so schwer, auch im Vergleich zu Nico Rosberg? Vielleicht auch deshalb, weil wir heute ein anderes Zeitalter haben? Weil Michael damals wie ein Politiker die richtigen Leute um sich geschart hat, um dann eben sehr viel zu testen, tagelang – was er heute nicht mehr kann? Weil man heute einfach flexibel sein muss?

Ich denke, das Problem, das Michael hat, besteht darin, dass er bereits mit der FRormel 1 aufgehört hat und er aber wieder zurückgekehrt ist. Ich glaube, er hat nicht realisiert, wie schnell sich die Dinge in der Formel 1 verändern. Die jungen Leute wie Vettel oder Alonso sind heute einfach schneller. Und ich denke, es ist wirklich ein schwerer Fehler, wenn du an der Spitze aufgehört hast und dann zurückkehrst. Jetzt wird es harte Arbeit, sein Image wieder dorthin zu bringen, wo es einmal war.

Glauben Sie nicht, dass er wieder auf die Siegerstraße zurückkehren kann?

Nein, das glaube ich nicht. Ich habe sogar eine Wette mit meiner Frau laufen, denn ich glaube, dass er es nicht einmal auf das Podest schaffen wird. Sie denkt, er schafft es auf das Podium – aber wir werden ja sehen.

Sie meinen in diesem Jahr?

Ja, in diesem Jahr.

Glauben Sie, Schumacher wird am Ende des Jahres zurücktreten?

Ich denke, er wäre gut beraten, wenn er zurücktreten würde. Er war schlecht beraten darin, zurückzukehren. Er hatte eine so gute Reputation. Vielleicht hält er sich ja ein eigenes Team oder übernimmt eine Funktion im Brawn-Team – aber ein Rücktritt wäre sehr ratsam.

Er sagte aber, er sei deshalb zurückgekehrt, weil er einfach das Fahren mit diesen Autos liebt – das ist doch eine legitime Begründung, oder?

Ich kann das verstehen. Es ist richtig, ich kann das verstehen – mir ging es genauso, als ich zurückgetreten bin. Ich wollte auch zurückkehren, weil ich einfach verliebt war in diesen Sport. Doch dann habe ich erkannt, dass es falsch ist. Es funktioniert einfach nicht. Und ich denke, dass die Kehrseite der Medaille, der Schaden an seinem Image, viel größer ist als die Freude, die er beim Fahren erleben kann.

Was denken Sie über die aktuelle Lage im Red Bull Racing-Team?

Red Bull ist fantastisch – sie haben sehr gute Fahrer, aber vor allem ist da Adrian Newey. Und Adrian Newey hat bereits extrem gute Autos gebaut, die allesamt den Weltmeistertitel erlangen konnten, bei Williams, bei McLaren. Newey hat bei Red Bull eine enorme Wichtigkeit erlangt – und wenn man sich seine Fähigkeiten ansieht und jene der restlichen Teammitglieder, dann ist es für mich keine Überraschung, dass sie heute an der Spitze fahren. Und für den Sport ist das auch sehr gut.

Die beiden Piloten Sebastian Vettel und Mark Webber gerieten sich nun aber ein wenig in die Haare – ist es Ihrer Meinung nach gut, dass die Teamführung die beiden weiterhin gegeneinander fahren lässt?

Ja, ich denke schon. Als ich gefahren bin – mit der Ausnahme jener Zeit, als ich mit Juan Manuel Fangio fuhr, denn da war ich bereits froh, wenn ich hinter ihm Zweiter wurde, weil er einfach der beste Fahrer der Welt war – wollte ich niemals Zweiter werden, auch nicht hinter meinem Teamkollegen. Und ich denke, dass es gut ist, wenn zwischen den beiden Red Bull-Piloten weiterhin dieser Wettkampf besteht. Sie haben zwar den Fehler gemacht, indem sie miteinander kollidiert sind – ich hoffe aber, dass sie von nun an solche Fehler unterlassen und wir gute Rennen sehen werden.

Die Rennen sind in diesem Jahr eigentlich sehr spannend – man möchte aber im nächsten Jahr mit dem verstellbaren Heckflügel das Überholen erleichtern – was sagen Sie dazu?

Wenn es so funktioniert, wie man es erklärt hat, dann denke ich, dass es eine gute Lösung ist. Je mehr Überholmanöver wir haben, umso besser ist es. In meiner Ära gab es viele, viele Überholmanöver – daher begrüße ich diese Maßnahme. Ich denke, dass alles, was den Wettkampf erleichtert, was den Slipstream im Heck des Vordermanns anbelangt, eine gute Lösung ist.

Wie viele Autos haben Sie bei Íhren Rennen im Schnitt überholt?

Sie müssen bedenken, damals waren die Rennen drei Stunden lang – aber ich denke, man hat 20 oder 30 Autos überholt. Und dann hast du manchmal noch das gesamte Feld überrundet. Aber, Überholen ist kein Problem! Kein Problem!

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