
Dakar-Rallye 2006 | 11.01.2006
Luc Alphand ist der König der Wüste!
Luc Alphand hat für Mitsubishi den 6. Dakar-Sieg in Folge errungen. 17 Minuten fehlten VW-Pilot Giniel de Villiers. Raphael Sperrer beeindruckte.
Michael Noir Trawniczek
Luc Alphand ist der neue "König der Wüste" - der frühere Ski-Weltcupsieger, der im letzten Jahr noch als Nr.2 hinter seinem Mitsubishi-Stallkollegen Stephane Peterhansel die Dakar beendete, feiert seinen ersten Sieg bei der legendären Wüsten-Rallye. Der Franzose musste heute nur noch die Schleife von Dakar City, rund um den Lac Rose, drehen. Er sicherte Mitsubishi den sechsten Dakar-Sieg in Folge, was einen Rekord darstellt, insgesamt hat Mitsubishi die Marathon-Rallye bereits 11mal gewonnen.
Neben Alphand und seinem Navigator Gilles Picard standen der südafrikanische Volkswagen-Pilot Giniel de Villiers und seine Kopilotin Tina Thörner als Zweite sowie das Mitsubishi-Duo Nani Roma und Henri Magne als Dritte auf dem Siegerpodest. De Villiers fehlten am Ende nur 17 Minuten auf Alphand. Topfavorit Stephane Peterhansel, der die Dakar bereits acht Mal gewinnen und die beiden letzten Ausgaben für sich entscheiden konnte, musste sich diesmal mit Rang 4 zufrieden geben, nachdem er am Donnerstag als Gesamtführender während der 12. Etappe drei Stunden eingebüßt hatte.
Tragik
Die Veranstalter haben entschieden, die heute Sonntag abgehaltene letzte Etappe ohne Zeitnahme abzuhalten. Diese Vorgehensweise war eine Reaktion auf die tragischen Ereignisse während der 13. und der 14. Etappe - am Freitag wurde der 12-jährige Boubacar Diallo von einem Wettbewerbsfahrzeug erfasst und getötet, am Samstag kam der 10-jährige Mohamed N'Daw nach einem Unfall mit einem Begleitfahrzeug zu Tode. Die 28. Rallye Dakar beklagt somit drei Todesopfer - während der 9. Etappe verstarb der KTM-Pilot Andy Caldecott nach einem schweren Sturz. Insgesamt kamen in der Geschichte der Marathon-Rallye 48 Menschen zu Tode - darunter acht Kinder, 23 Teilnehmer und der Erfinder des Events, Thierry Sabine.
Elfter Sieg für Mitsubishi
67 Autos, 93 Motorräder und 33 LKWs haben es bis ins Ziel nach Dakar geschafft. 174 Autos, 232 Motorräder und 69 Trucks machten sich am 30. Dezember des Vorjahres auf die Reise.
"Bei meiner ersten Teilnahme an der Rallye Dakar saß ich am Ende in einem Hubschrauber - und das wollte ich nie mehr wieder erleben. Ich wusste, dass ich eine große Chance auf den Sieg hatte. Das Team hat die 15 Tage wirklich hart an der Betreuung unseres Autos gearbeitet, ich denke, wir waren das beste All-Round-Team. Ich habe in meiner Ski-Karriere viele Höhen und Tiefen erlebt, aber das hier ist wieder etwas völlig anderes", erklärte Sieger Luc Alphand.
Lange Zeit jedoch kündigte sich eine Wiederholungstat von Wüstenkönig Stephane Peterhansel an - bis es passierte, der Franzose rammte einen Baum, die rechte Hinterradaufhängung war schwer beschädigt: "Mir ist vor ein paar Tagen ein Fehler unterlaufen und bei dem hohen Wettbewerbs-Level, den wir in diesem Jahr bei der Dakar sehen konnten, gab es keine Möglichkeit mehr, Zeit aufzuholen", erklärte Peterhansel. Und so landete der Vorjahrssieger nur auf Rang 4: "Ich bin enttäuscht, dass ich den Hattrick nicht geschafft habe, aber Mitsubishi hat das Rennen gewonnen und das ist die Hauptsache. Und es ist grandios für Luc und Gilles, dass sie hier ihren ersten Sieg gemeinsam holen konnten."
Joan-Nani Roma stand zum ersten Mal auf dem Siegerpodest der Rallye Dakar: "Für mich ist es großartig, auf dem Podium zu stehen. Es war die ganze Zeit über knapp und aufregend und insgesamt sehr schwierig für die Fahrer und ihre Kopiloten."
Das sieht auch Mitsubishi-Teamchef Dominque Serieys nicht anders: "Das war kein leichtes Rennen, aber unser gesamtes Team brachte die volle Motivation auf, um unseren sechsten Sieg in Folge zu erreichen. Wir sind ein kleineres Team und haben weniger Budget als unsere Rivalen, aber wir haben eine superbe Performance geliefert." Augenzwinkernd fügte Serieys hinzu: "Letztes Jahr konnte ich unsere Siege noch an zwei Händen abzählen, aber jetzt sind es 11 und mir fehlt ein Finger!"
VW: Die Chance war da
17 Minuten fehlten Volkswagen am Ende - Teamchef Kris Nissen weiß: "Die Chance zum Sieg war da, aber wir konnten sie nicht nutzen, auch wenn wir den Seriensieger Mitsubishi über weite Strecken spürbar unter Druck gesetzt haben."
Volkswagen-Pilot Giniel de Villiers freute sich dennoch über den zweiten Platz: " Es war eine tolle Rallye, und mit dem zweiten Rang bin ich natürlich zufrieden. Es ist für uns und für das Team ein schöner Erfolg. Jeder im Volkswagen Team hat einen tollen Job erledigt. Es war bis zuletzt spannend, und es hätte auch anders ausgehen können. Der Sieg war grundsätzlich möglich – viel hat nicht gefehlt."
Pech hatten Carlos Sainz, dem ein Kupplungsdefekt ("an dem ich selbst schuld war") seinen starken Auftritt verdorben hat oder Dakar-Altmeisterin Jutta Kleinschmidt, die erklärte: "Unser Ausfall war unglücklich, doch wir hatten das Rennen schon vorher beim Festfahren verloren."
Sperrer auch 2007 dabei
Das Abenteuer Dakar wurde für Raphael Sperrer und seinem norwegischen Navigator Ola Floene zu einer Hochschaubahn der Gefühle. Die Defekthexe war von Beginn an mit an Bord, schon in Europa schlug sie das erste Mal zu. Doch Sperrer und Floene ließen sich nicht beirren und beeindruckten immer wieder mit hervorragenden Platzierungen, mischten sich unter die Werksboliden, am Tage ihres Ausfalls - ausgerechnet in der 13. Etappe trat am Renault-Buggy ein irreparabler Motorschaden auf - lagen sie auf Platz 11 der Tageswertung. Die beiden rückten im Gesamtklassement bis auf Rang 34 vor.
"Die Enttäuschung ist jetzt gar nicht mehr so groß", erklärte Sperrer gegenüber der Kronen-Zeitung. "Es war das größte Abenteuer meines Lebens", schwärmte der Kirchdorfer und versprach eine Wiederholung: "Ich bin bei der Rallye Dakar auch 2007 am Start!"
Sechster KTM-Sieg
Bei den Motorrädern konnte der österreichische Zweiradhersteller KTM den sechsten Dakar-Sieg erringen. Vorjahrssieger Cyril Despres konnte heuer nur hinter Marc Coma Platz 2 belegen, für Coma war es wie für Alphand der erste Sieg. Der Italiener Sala wurde Dritter. Acht KTM-Piloten auf den Rängen 1 bis 8.
Wiederholungstäter Vladimir Chagin
Bei den Trucks konnte der russische Kamaz-Pilot Vladimir Chagin seinen Vorjahrssieg wiederholen. Der nunmehr fünffache Dakar-Sieger distanzierte den Holländer Hans Stacey (MAN) um mehr als zwei Stunden. Kamaz-Markenkollege und Landsmann Firdaus Kabirov, der Chagin zweimal aus dem Sand befreite, wurde Dritter. Kamaz errang den siebenten Dakar-Sieg.
Gesamtwertung