RALLYE

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Fast ein Grande Finale

Loeb (Vorteil 6 Punkte) und Grönholm liefern das Salz in der WM-Suppe - beim Finale in Wales kämpfen sie ein letztes Mal. Stohl & Aigner wollen aufzeigen.

Michael Noir Trawniczek

Very british, und zugleich total verrückt - wer die Stadt Cardiff in Wales einmal am Abend genossen hat, weiß wovon die Rede ist. Es ist der Alkohol, der die leicht bekleideten Mädchen wärmt, wenn sie auf den Straßen umhertorkeln. Und bitte nicht erschrecken, wenn auf einmal 20 Mädchen im Playboyhasenkostüm um die Ecke wanken - nein, das ist wohl keine Schulklasse auf Exkursion. Und harmlos ist das alles auch nicht wirklich - an jeder zweiten Ecke Blaulicht, Schlägereien, Messereinsatz durchaus möglich.

Was macht der Rallyefan? Er freut sich, wenn er im Hotel von einigen zirka 50-jährigen Damen mit spiralartigen Außerirdischenhörnern begrüßt wird und er sogar einen solch außergewöhnlichen Kopfschmuck als Geschenk erhält - tagsüber sucht er, der Rallyefan. Was sucht er? Die Sonderprüfungen, die Zuschauerpunkte - was sonst?

In diesem leicht schrägen Umfeld wird am kommenden Wochenende die Rallye-Weltmeisterschaft zu einem Ende gebracht. Es wird auf Schotter, bei Regen auf Schlamm gefahren. Die Gesamtlänge der Rallye beträgt 1271,94 Kilometer, davon 17 Wertungsprüfungen zu insgesamt 359,54 Kilometer. Der Servicepark bleibt zwar in Swansea, wurde jedoch verlegt auf den Marinestützpunkt SA1. Der zeremonielle Start und der Zieleinlauf wurden ebenfalls verlegt, nahe City Hall.

Wie schon bei der ersten WM-Rallye in diesem Jahr, in Monte Carlo, sucht die WRC wieder die Dunkelheit - am Freitag und am Samstag wird die jeweils letzte Prüfung mit den großen Scheinwerferbatterien absolviert, jeweils um zirka 16.30 Uhr Ortszeit (17.30 Uhr MEZ). Am Samstagabend ab 19 Uhr Ortszeit (20 Uhr MEZ) gibt es wieder die Specialstage im Cardiffer Millenium Stadion - im Vorjahr zeichnete sich die Streckenführung nicht unbedingt mit großer Kreativität aus, die Fans waren trotzdem glücklich.

Grande Finale?

Es hätte ein wirklich faszinierendes Grande Finale werden können - quasi der krönende Abschluss des famosen Gigantenduells zwischen Sébastien Loeb und dem am Saisonende zurücktretenden Marcus Grönholm, dessen Höhepunkt der Zehntelsekundenkrimi von Neuseeland war.

Doch ganz so grande wird das Finale nicht sein - die Schuld daran trägt Marcus Grönholm, denn der Finne warf in Japan und in Irland sein Auto weg. Dank seiner beiden Nullrunden verfügt Loeb nun über einen Vorsprung von satten sechs Punkten. Im Grunde muss Loeb nur auf der Strecke bleiben - es genügt ein fünfter Platz, um Weltmeister zu werden. Es müsste schon "mit dem Teufel zugehen", sollte Loeb sich ins Out werfen. Andererseits: Es kann immer viel passieren, das hat uns die Geschichte gelehrt - und schließlich warf in Japan auch Loeb sein Auto in die Botanik. Und: Loeb konnte im Vorjahr bekanntlich nicht an der Wales-Rallye teilnehmen, stand längst als Weltmeister fest, nahm aber in Hinblick auf 2007 an der Besichtigung teil. Nicht zu vergessen: auch der viel zitierte "Defektteufel" schläft niemals wirklich tief...

Marcus Grönholm macht es nun wie Kimi Räikkönen beim WM-Finale der Formel 1: "Ich möchte in Wales den Sieg holen, meine Karriere mit einem Sieg beenden. Alles andere steht nicht in meiner Macht. Natürlich würde ich gerne als Weltmeister abtreten..." Sein Rücktritt könnte die Rallye-WM in Sachen Spannung völlig entwässern - es stellt sich nämlich die ernsthafte Frage, wer im kommenden Jahr dem "Super-Séb" etwas entgegenzusetzen hat? Man sollte jedenfalls, vorsichtshalber, das letzte "Gigantenduell" in vollen Zügen genießen...

Zweiter Testeinsatz für Suzuki

Während Ford längst als Herstellerweltmeister feststeht, kämpft der dritte dauerhaft in der WM vertretene Automobilkonzern um den dritten Platz in der Weltmeisterschaft. Peinlich: In Irland zog das, jedoch sehr gut betreute, Ford-Kundenteam Stobart um einen Punkt vor. Petter Solberg, Chris Atkinson und Xavier Pons sollen verhindern, dass der japanische Konzern beim halben Heimspiel des in England stationierten Rennteams blamiert wird. Dafür müssten die drei vor allem auf der Strecke bleiben, was zuletzt nicht immer einfach war...

Nicht einfach gestaltete sich auch das Debüt des neuen Suzuki SX4 WRC, auf der Insel Korsika. Nach diesem Testeinsatz auf Asphalt erfolgt nun einer auf Schotter, bevor man 2008 den endgültigen Einstand wagt. Diesmal wird der Schotterspezialist Sebastian Lindholm am Steuer des Boliden mit der Startnummer 19 sitzen, der auch die meisten Schottertests mit dem SX4 unternommen hat. Lindholm ist der Cousin von Marcus Grönholm, ein siebenfacher finnischer Champion, dessen letzte Teilnahme an der GB-Rallye jedoch bereits neun Jahre zurückliegt. Seine letzte WM-Teilnahme fand 2005 statt, als er die Finnland-Rallye auf einem Peugeot 307 WRC bestritten, jedoch nicht beendet hat.

Stohl hat nichts mehr zu verlieren

Manfred Stohl und Ilka Minor kehren an jenen Ort zurück, an dem die beiden wohl den Höhepunkt ihrer bisherigen Karriere erleben durften - damals, an diesem Sonntagvormittag im Dezember 2006, lag ein seltenes Knistern in der Luft, denn der führende Marcus Grönholm hatte tatsächlich Konzentrationsschwierigkeiten - so nahe waren Stohl/Minor noch nie an einem Sieg, wie vor einem Jahr in Wales. Doch auch der zweite Platz war einfach sensationell - der krönende Abschluss einer berauschenden Saison, welche "Stohlito" als Nummer vier der Welt abschließen konnte.

Heute, ein Jahr später, ist alles anders. Und wer glaubt, dass Manfred Stohl seither das Rallyefahren verlernt hat, soll weiterträumen. Der "Weltmeisterbolide" Xsara hat sich als etwas völlig anderes entpuppt - von der Qualität, die Weltmeister Loeb bei Kronos 2006 vorfand, ist 2007 wenig bis gar nichts übrig geblieben. Zudem musste Stohl die bittere Erkenntnis ziehen: "Der Xsara gehört einfach nicht zu meinen Freunden."

Dennoch möchten Stohl und Minor bei ihrer vorerst letzten WM-Rallye noch einmal alles geben. "Ich habe nichts mehr zu verlieren", sagt Stohl, dessen Zukunft leider immer noch ungewiss ist. WM-Rang neun ist bereits fixiert - zurzeit muss er sich diese Platzierung mit Francois Duval teilen - ein Punkt mehr, und sie gehört ihm allein, denn der smarte Belgier verfolgt die Rallye als Zuschauer. Doch darum geht es eigentlich nicht - Stohl möchte die letzte Rallye für seinen Langzeitsponsor OMV mit einem möglichst guten Resultat beenden.

Aigner will einfach nur fahren - und schnell sein

Auch bei Andi Aigner lief es zumindest in der ersten Saisonhälfte nicht wunschgemäß. Vom PWRC-Titel konnte keine Rede sein - ein PWRC-Sieg ist bislang ebenfalls noch ausständig, auch wenn Aigner in der Gruppe N erfolgreich war. In Irland zeigte sich Aigner auf der Hochblüte seines Könnens, lag im Kampf gegen den anerkannten Mark Higgins in Führung, warf jedoch sein Auto weg. RBRT-Teamchef Raimund Baumschlager war von der Irland-Vorstellung seines Schützlings angetan - er sagt: "Andreas hat mich in Irland wirklich sehr positiv überrascht. Diese Leistung hätte ich ihm im Vorfeld nicht zugetraut. Aber er hat sich ab Mitte der Saison total gut entwickelt. Da wir auf keine Meisterschaft mehr schauen müssen, bekommt er in Wales freie Fahrt."

Aigner hat kein spezielles Ergebnis im Visier - quasi nach dem Motto: Fahre schnell, der Rest ergibt sich von selbst. Den Irland-Ausfall habe er "aus dem Gedächtnis gestrichen", sagt Aigner - die Prüfungen in Wales kennt er. Es wäre ihm vergönnt, wenn er bei der letzten Rallye dieser Saison noch einmal aufzeigen könnte.

Doch es sind fast alle Größen der PWRC auf der Nennliste zu finden, darunter auch Mark Higgins, Juho Hänninen, Niall Mcshea, Gabriel Pozzo (hat noch theoretische Titelchancen, PWRC-Leader Toshihiro Arai hat offenbar nicht für Wales genannt) - der Lauf zählt auch als Finale der Britischen Rallyemeisterschaft - leicht wird das also sicher nicht für Aigner, man kann durchaus von einem äußerst selektiven Starterfeld sprechen...

Am Donnerstagabend um 19.30 Uhr Ortszeit (20.30 Uhr MEZ) wird der zeremonielle Start der Wales-Rallye absolviert - am Freitagvormittag um 9.53 Uhr Ortszeit (10.53 Uhr MEZ) wird die erste Wertungsprüfung "Port Talbot 1" gestartet.



WM-Stand Fahrer

 1. LOEb Sébastien            110 Punkte
 2. GRÖNHOLM Marcus           104 Punkte
 3. HIRVONEN Mikko             89 Punkte
 4. SORDO Daniel               61 Punkte
 5. SOLBERG Petter             42 Punkte
 6. SOLBERG Henning            34 Punkte
 7. LATVALA Jari Matti         30 Punkte
 8. ATKINSON Chris             29 Punkte
 9. DUVAL Francois             12 Punkte
 =. STOHL Manfred              12 Punkte           


WM-Stand Marken

1. Ford                       194 Punkte
2. Citroen                    173 Punkte
3. Stobart Ford                80 Punkte
4. Subaru                      79 Punkte
5. Kronos Citroen              42 Punkte
6. Munchi's Ford               14 Punkte

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