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Rallye Dakar 2010

Endlich daheim

Die Rallye Dakar 2010 ist Geschichte - nach 14 Tagen heißen die Sieger Carlos Sainz, Wladimir Tschagin, Cyril Despres und Marcos Patronelli.

Johannes Gauglica & marathonrally.com; Foto: VW

Einmal geht’s noch: 707 Kilometer von Santa Rosa nach Buenos Aires, davon 206 km gegen die Uhr mit dem letzten SP-Ziel in San Carlos de Bolivar. Nach dem letzten Triumphzug über 335 km zum großen Finish in der argentinischen Hauptstadt war die Dakar 2010 dann Geschichte.

Die Aufmerksamkeit lag auf den Autos und dort natürlich auf den beiden VW-Rivalen Sainz und Al-Attiyah. Vor der SP14 wurde der Umgangston rauer. Der Spanier nannte seinen Teamgegner, pardon, -kollegen aus Qatar unsportlich – Al-Attiyah habe ihn am Ende der SP am Überholen gehindert und ihn sogar gerammt.

Al-Attiyah sah die Sache überraschenderweise anders: Sainz habe blockiert, er habe ihn dann auf einer Geraden kurzerhand überholt. Und auf einmal geht es im Dakar-Team von VW zu wie im Polo-Cup.

Autos: Endlich Karlosch!

Auf der letzten, über weite Strecken schnürlgeraden Etappe konnte Al-Attiyah noch einmal einen SP-sieg einfahren. Allerdings holte er dabei nur mehr 36 Sekunden auf Sainz auf. Für den Matador wurde diese Schlussetappe damit nicht zum Triumphzug, aber ihm hätte schon größere technische Unbill zustoßen müssen, um sich diesen Sieg noch nehmen zu lassen.

Somit genügen dem unter heimischen Rallye-TV-Kunden immer noch als "Karlosch" bekannten Exweltmeister und seinem Beifahrer Lucas Cruz 2 Minuten und 12 Sekunden Vorsprung für den knappsten Dakar-Sieg der Geschichte. Für Sainz war es "ein ganz besonders wichtiger Tag. Ich habe in Europa in Spanien gewonnen und jetzt gewinne ich die Rallye Dakar. Ich bin wirklich zufrieden und erleichtert. "

Al-Attiyahs erste Reaktion hingegen war ein knappes "it's ok". Später fand er dann die geeigneten Worte: "Ich bin eher zufrieden. Der zweite Platz ist ein gutes Ergebnis für mich. Solch ein Kunststück ist mir noch nie gelungen. Heute Morgen habe ich attackiert, aber uns war klar, dass diese Etappe eine einzige Gerade sein würde. Ich freue mich sehr über den Etappensieg. Ich habe nichts unversucht gelassen, aber was soll’s… es überwiegt ein Glücksgefühl." - Nächstes Jahr will der Quatari übrigens dann endgültig gewinnen. Ob als Teamkollege von Sainz, bleibt abzuwarten.

Hinter Nasser Al-Attiyah/Timo Gottschalk komplettieren Mark Miller und Ralph Pitchford einen Dreifach-Erfolg für Volkswagen. Die BMW von Peterhansel/Cottret und Chicherit/Thörner laufen auf den Rängen 4 und 5 ein, nsch all den Schwierigkeiten dieses Teams dann letztlich doch ein Resultat gemäß Papierform...

Carlos Sousa im schnellsten Mitsubishi liefert mit Rang 6 einen Achtungserfolg für das kurzfristig zustandegekommene Team JMB Stradale ab. Robby Gordon gewinnt als Gesamt-Achter die Zweiradklasse, wird damit aber - wie wir ihn kennen - nicht happy sein.

Jun Mitsuhashi im Toyota Landcruiser holt sich den Sieg bei den seriennahen T2-Autos auf Gesamtrang 17.

Trucks: Kamaz Unlimited

Die letzte SP der Schwergewichte entschied Kamaz-Domestik lgizar Mardejev vor Wuf van Ginkel im Ginaf und dem alles in allem heuer starken Liaz-Piloten Martin Macik für sich. Das war völlig unerheblich für das Gesamtresultat - der neue "Monsieur Dakar" heißt Wladimir Tschagin.

Mahr als die Dominanz in der heurigen Ausgabe des Marathons beeindruckt ein Blick in die Statistik: Mit 56 SP-Siegen hat Tschagin den Rekord für die meisten Etappenerfolge von Stephane Peterhansel übernommen; für die Marke Kamaz bedeutet der neunte Gesamtsieg den Truck-Rekord. Die Heavy-Duty-Rennfahrer aus Tatarstan kehren mit weißer Weste heim, sie konnten heuer jede einzelne SP gewinnen...

Ein einziger Rekord fehlt noch: Mit sechs Dakar-Siegen liegt Tschagin jetzt gleichauf mit dem Tschechen Karel Loprais. Der ist aber bereits zurückgetreten. Freuen wir uns also auf 2011!

Bikes: Wir haben gewonnen!

Ruben Faria auf seiner KTM ist der letzte Sieger der Dakar 2010 bei dne Bikes, und im Ziel gratulierte ihm einer, der damit gleich doppelt Grund zur Freude hatte: Denn Faria ist der "Wasserträger von Cyril Despres. Und der hat seinen Vorsprung von 1:02:52 easy nachhause bracht.

"Ein Arbeitssieg, ein Sieg der Erfahrung, der Sieg eines unglaublichen Teams." - Despres hat lange Zeit gehabt, sich die richtigen Worte fürs Siegferinterview zu überlegen, er ist dennoch zu Tränen gerührt nach zwei Wochen Anspannung. Damit zieht KTM übrigens an der Spitze der der ewigen Siegerliste mit neun Erfolgen mit Yamaha gleich.

Pal Anders Ullevalseter aus Norwegen wird wieder einmal "glorreicher Zweiter", für den Privatier ein prima Resultat. Er schreibt es primär siener Routine zu: "Das ist meine achte Teilnahme. Ich kann gut navigieren, kenne mich in technischen Fragen aus und bin viel lockerer, darauf kommt es an." - Wie gehts jetzt weiter? "IIch werde mehrere Wochen lang feiern! Seit 25 Jahren arbeite ich auf diesen Moment hin."

KTM verbucht somit auch nach den Rückschlägen rund um Marc Coma einen Doppelsieg. Die "großen" Mattighofener Maschinen setzen sich damit noch einmal durch - vielleicht zum letzten Mal. Die beste 450er beendet den Bewerb auf Platz 3, und gleich auf Anhieb kann Aprilia die Klassen-Pioniere von Yamaha überflogeln.

Francisco "Chaleco" Lopez landet quasi einen Heimerfolg - bei der teilweise durch Chile gehenden Rallye ist er am Stockerl. Für ihn ist es "ein Sieg für meine ganze Familie, meine Freunde und alle Chilenen, die mich immer unterstützt haben" - und bei allem Überschwang auch eine tolle Leistung der Techniker in Italien.

"Ich habe eine fantastische Entscheidung getroffen durch den Einstieg bei Aprilia. Alle sagten mir, ich würde es niemals bis ins Ziel schaffen mit einem neuen Motorrad. Mit einer kurzen Vorbereitungszeit von nur drei Monaten werde ich Dritter!" - Für 2011 lässt das einiges erwarten. Baut auch KTM eine 450er? Warten wir's ab.

Übrigens: Martin Freinademetz - Platz 39. Gratulation!

Quads: Patronellissimo

Zwei Brüder, acht Räder, fünf Stunden: Soviel brummen Marcos und Alejandro
Patronelli ihren Konkurrenten in der Quad-Kategorie an Rückstand auf. Der Jubel in Argentinien über diesen Doppelsieg ist immens.

"Ich freue mich auch für meinen Bruder: Es ist seine erste Dakar-Teilnahem, und er wird auf Anhieb Zweiter! Er hat allen Grund, stolz zu sein. Ich bin überglücklich und halte es für einen historischen Moment, dass zwei Brüder am Ende die Spitzenplätze belegen. Wir werden es gebührend feiern!" - Und das völlig verdient.

Mitfeiern wird vielleicht auch der Drittplatzierte Jorge Gonzalez, und Yamaha spendiert den Sekt - die Japaner haben das Podium ganz für sich.

Und das wars für heuer!

Damit sind zwei Wochen Rallyeabenteuer in Südamerika zu Ende – die Dakar 2010 hat uns die schönsten, aber auch einige negative Seiten des Sportes gezeigt. Der tragische Todesfall auf der zweiten Sonderprüfung hätte mit mehr Einsatz der argentinischen Ordnungskräfte vermieden werden können.

Der italienische Biker Luca Manca ist offenbar am Weg der Besserung, wir wünschen ihm restlose Genesung von seinen schweren Verletzungen. Etliche andere Verletzte werden ihre Blessuren noch eine Zeit lang spüren, als Erinnerung an eine harte, abwechslungsreiche und spektakuläre Dakar zwischen Kommerz und Kompromisslosigkeit.

Vom sportlichen Anspruch her war es eine Mischung zwischen hartem Terrain, schwieriger Navigation und einigen nicht unkritisch aufgenommenen reinen Speed-Etappen. Dazu kam ein merklicher Teilnehmerschwund nicht nur in absoluten Zahlen, sondern auch am schnellen Ende des Feldes.

Denn langfristig waren VW und Kamaz ohne wirkliche Konkurrenz; bei X-Raid kam das Pech ebenso dazu wie bei den holländischen Truckern von Ginaf. Die Dominanz der Patronelli-Brüder bei den Quads war nicht ganz so vorhersehbar, aber sie sorgte für schöne Bilder bei der Zielankunft in Buenos Aires: Argentinien ist Quad-Nation!

Und KTM hat mit Despres einen klaren Sieger, Aprilia und Sherco lassen für die Zukunft jedoch größere Ausgewogenheit erwarten. Warten wir ab, wie Mattighofen darauf reagiert, und ob die nächste Rallye vielleicht auch 450 ccm hat…

Gejubelt wird auch in Fuschl, denn drei von vier Siegern haben „Flügel“.

Von der Publikumskulisse her war es wieder eine beeindruckende Veranstaltung; die einsamen Nomaden der Rallye-Raids bekommen solche Herzenswärme sonst nirgendwo zu spüren. Die Fans in Argentinien und Chile waren wieder mit Begeisterung dabei, ihnen wird der Abschied wohl sehr schwer fallen, wenn die Dakar wieder nach Afrika zurückkehrt.

Denn das ist wohl für 2011 zu erwarten – wenn nicht noch ein besonders lukratives Angebot die Kassen der ASO zum klingeln bringt.

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