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Der Serenissima F1 in Gröbming

Zum Demo-Grand Prix der Ennstal-Classic hat sich ein kurioser Rennwagen angemeldet - der Serenissima Formel 1 aus den späten Sechzigerjahren.

Foto: ennstal-classic.at

Die Entstehungsgeschichte dieses Autos spielt Mitte der Sechzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts in Modena. Eine turbulente Geschichte, wie sie nur im Pulverdampf der italienischen Rennszene passieren konnte, wo die Leidenschaft für den Rennsport im Blut liegt und Industrie-Magnaten von genialen Bastlern auf das Glatteis des Rennsports verführt wurden.

Die Kurzversion: Im Jahre 1948 gründete Graf Volpi di Misurata die Scuderia Serenissima. Eingesetzt wurden Porsche, Lotus-Cooper, Maserati, Ferrari, und Fahrer wie Nino Vaccarella, Graham Hill, Umberto Maglioli, Joakim Bonnier, Jo Siffert, Ludovico Scarfiotti und Giancarlo Baghetti fuhren für den Rennstall aus Modena.

Der Venetianer Graf Volpi beteiligte sich später an der Firma ATS, in der die Ex-Ferrari Techniker Chiti und Bizzarini einen Grand Prix-Wagen bauten, der 1963 ein einziges Desaster war. Nicht einmal Alf Francis, der legendäre Mechaniker von Stirling Moss, konnte aus der ATS-Hinterlassenschaft danach was machen. Immerhin gelang es Alf Francis den vermögenden Graf Volpi für ein neues Rennsport-Projekt zu gewinnen, in dem auch ein Formel 1 angedacht war.

Was konnte schon schief gehen, wenn ein so renommierter Konstrukteur wie Alberto Massimino für Motor, Chassis und Getriebe verantwortlich war? Von einem weißen Blatt Papier weg entwarf er einen 3-Liter V-90 Grad Achtzylinder (Bohrung/Hub 85 x 66 mm) mit vier obenliegenden Nockenwellen und Trockensumpfschmierung. Am Prüfstand soll der Motor 307 PS bei 8000 U/min. geleistet haben. Um das bildschöne Triebwerk herum baute man zunächst einen zweisitzigen GT- Prototyp, der im Dezember 1964 im Aerodrome von Modena seine ersten Gehversuche machte und bereits im April 1965 stark verbessert wurde und die Typenbezeichnung «Jet» bekam, von dem es eine «Stradale» und Competizione» - Version geben sollte.

Das Projekt begann langsam die Resourcen des Grafen Volpi zu überfordern.

1966 plötzlich ein Lichtblick: Bruce McLaren sah sich in einer Notlage, er suchte für seinen ersten Eigenbau-Formel 1 einen Motor, denn sein für die neue 3-Liter Formel adaptierter Indianapolis-Ford-Motor war nicht standfest. Er bekam den V8 Serenissima-Motor, den er in seinen McLaren M2B-2 einbaute. Die Motorleistung war bescheiden: 280 PS mit vier Weber-Doppelvergaser.

Im Belgien-Grand Prix ging der Motor hoch, doch im Grand Prix von England wurde Bruce McLaren mit dem Serenissima-Motor im Heck Sechster hinter Brabham-Hulme-Graham Hill-Clark und Rindt.

Serenissima ging mit diesem einen WM-Punkt in die Annalen der Formel 1-Motorenbauer ein.

Alf Francis, der zwischen 1966 und 1970 in Formigine Cheftechniker bei Serenissima Automobile S.r.l. war, baute im Frühjahr 1968 den Achtzylinder samt Getriebe aus dem GT-Prototyp aus und stellte den lang projektierten Serenissima Formel 1 auf Räder, für den er allerdings das Chassis eines McLaren M1C nach Italien holte und entsprechend modifizierte. Im August 1968 wurde Jonathan Williams beim Grand Prix von Enna-Pergusa mit dem Serenissima Zweiter hinter Jo Siffert.

Heute existieren noch zwei Serenissima Formel 1, einen bringt Nicolas Schönleber in die Gröbminger Rennwagen-Show. Und beim Nostalgie-Grand Prix von Gröbming wird er sich in das Starterfeld einreihen, das heuer von dem Motto «Die Rückkehr der Saurier » geprägt ist.

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