CLASSIC

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter

"Die Mille Miglia war Weltklasse"

Paul Ernst Strähle erzählte im Rahmen seines Besuchs bei der Ennstal Classic von der legendären Mille Miglia, die vor genau 50 Jahren zum letzten Mal in ihrer ursprünglichen Form abgehalten wurde.

Michael Noir Trawniczek, Foto: Ennstal Classic

Vor 50 Jahren fand die letzte Ausgabe der originalen Mille Miglia (auf Deutsch: 1000 Meilen) statt. Ein klassisches Straßenrennen über eine Distanz von 1.600 Kilometer, auf einem Dreieckskurs im Norden Italiens. Paul Ernst Strähle nahm fünf Mal an der Mille Miglia teil - gemeinsam mit Herbert Linge, der in Gröbming den legendären Porsche 356 Carrera GT pilotiert, gelang Strähle bei der letzten Ausgabe des Kultrennens 1957 der Klassensieg, in der Gesamtwertung wurden die beiden Deutschen 14.

Bei seinem Besuch bei der Oldtimer-Rallye Ennstal Classic erzählt Paul Ernst Strähle mit leuchtenden Augen: "Seit ihrer Entstehung Ende der Zwanzigerjahre war die Mille Miglia eine Veranstaltung erster Klasse, weltweit!" Ob damals tatsächlich alle 1.600 Kilometer voll gefahren wurden? Strähle lacht und sagt: "Klar. Wer zuerst da ist, hat gewonnen." Er habe sich natürlich mit seinem Kopiloten hinter dem Steuer abgewechselt - doch es gab auch Hartgesottene, die ganz allein diese Distanz bewältigen wollten. Was sie mitunter mit dem Leben bezahlt haben.

Das Gefühl von einer heute unvorstellbaren und damals unbarmherzigen Härte strömt durch den Raum, wenn Paul Strähle sagt: "Man fürchtete die Gefahr. Da standen Bäume, Steine, Leute oder sonst was am Rand. Die Autos waren ja so zerbrechlich - entweder bist du gleich verbrannt oder es kam die Lenksäule heraus. Man musste sich bis ans Limit heranwagen, durfte aber nicht darüber hinaus gehen. Wer die Grenze nicht eingehalten hat, der hat eben mit dem Leben bezahlt." Trotzdem sei die Mille Miglia jenes Rennen gewesen, das "alle fahren und gewinnen" wollten.

1954 gab der Schorndorfer VW-Händler gemeinsam mit seinem 1955 verstorbenen Kopiloten Viktor Spingler seine Premiere bei der Mille Miglia - mit einem VW Käfer! "In den Magazinen stand zu lesen, dass man dort keine Chance haben würde, aber wir haben es einfach mit dem Käfer probiert - und es ging." Das deutsche Duo Strähle/Spingler feierte den Sieg in der 1300 ccm-Klasse sowie Platz drei bei den Sportwagen bis 1500 ccm. "Allerdings war da schon ein Porsche-Motor im Heck des Käfers, auch die Bremsen kamen von Porsche", klärt Strähle auf.

1955 musste Paul Strähle die Mille Miglia wegen eines Defekts schon vor dem eigentlichen Start abschreiben, im Jahr darauf hatte der Porsche keine Chance gegen die rivalisierenden Alfas. Dann kam der eingangs erwähnte Klassensieg im Jahr 1957.

Doch dieses Rennen wurde von einem schweren Unfall überschattet, bei dem laut verschiedenen Berichten an die 20 Zuschauer gestorben sind. Strähle sagt: "Es waren 15 oder 14 Tote. Genau weiß man es nicht. Tote hat es dort jedes Jahr gegeben. Wenn Sie ein Rennen über 1.600 Kilometer veranstalten, noch dazu auf öffentlichen Straßen, müssen Sie damit einfach rechnen. Sie können keine 1.600 Kilometer absichern. Weitgehend ist das durchaus gelungen, aber es gab dennoch immer wieder komplett unvernünftige Zuschauer, die sich mitten in die Gefahrenzone gestellt haben."

"Schon vor dem Unfall im Jahr 1957 schwappte eine riesige Anti-Motorsportwelle durch die Gazetten", erinnert sich Paul Ernst Strähle. Der Unfall wurde zum Todesstoß der ursprünglichen Mille Miglia - seit 1977 wird sie als Gleichmäßigkeitswettbewerb abgehalten. "In Wahrheit wussten wir längst, dass die Mille Miglia eigentlich verboten gehört", sagt Strähle. Aber: "Der Reiz war einfach zu groß."

Zur Ennstal-Classic Website

News aus anderen Motorline-Channels:

Ebbstal Classic 2007

Weitere Artikel:

Gleich, aber nicht

Helden auf Rädern: VW Mitra

Dieser VW Transporter ist kein VW Transporter. Oder zumindest nur teilweise. Jedenfalls nicht so, wie man es anhand der Optik vermuten würde. Eine wirre Geschichte, die nicht lange gutgehen konnte.

Wenn Genossen den Eid genossen

Helden auf Rädern: Shanghai SH760

Automobilbau in China? Vor 70 Jahren nahezu unvorstellbar. Dafür zeigte der SH760, wie schnell sich in diesem Land das Blatt wenden und man in diesem Spiel dazulernen kann. Ein Auto wie ein Spiegelbild der Lernkurve eines Landes.

Wenig Auto, viel Design für viel Geld – eine Idee, die hätte funktionieren können. Die Optik eines Bonsai-Mercedes war für den Gurgel XEF dann aber doch zu wenig.

Wenn man ein simples Arbeitstier schon überzeichnet, dann bitte ordentlich. Dass dem Mazda Rotary Pick-up dennoch keine große Karriere zuteil wurde, lag vor allem am schlechten Timing. Aber auch am Charakterdarsteller Wankelmotor.

Selten lag die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn so nahe beinander wie beim Fiat Multipla. Da passt es nur gut, dass ihm sogar ein Leben nach dem Tod vergönnt war. In China. Als Elektroauto.

Kooperationen und Übernahmen unter Konzernen sind wahrlich keine Erscheinung der Neuzeit. Und dennoch hat der Zusammenschluss, der zum Ford Corcel führte, eine ganz sonderbare Wendung, die zeigt, wie wirr und verworren ehemals die Verbandelungen unter den Autoherstellern waren.