CLASSIC

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Der Letzte und der Erste

Mit dem Mercedes W154 ist ein Grand-Prix-Wagen der Vorkriegszeit bei der Ennstal Classic zu sehen, der auch in Österreich gewonnen hat.

Eine besondere Rarität geht bei der diesjährigen Ennstal Classic, die vom 25. bis 28. Juli stattfindet, an den Start: Der Mercedes-Benz W154 aus dem Jahr 1939. Der W154 mit Chassis-Nummer 11 ist jenes Auto, mit dem Rudolf Caracciola 1939 Rekorde fuhr, Hermann Lang auf der Wiener Höhenstraße siegte und Juan Manuel Fangio 1951 in Buenos Aires Dritter wurde - es war sein erstes Rennen für Mercedes. Jochen Mass wird das Auto im Ennstal steuern.

V12-Motor, 480 PS, 320 km/h Spitze

Als 1938 der Hubraum für Kompressor-Grand-Prix-Autos auf 3 Liter beschränkt wurde, hatte Mercedes-Benz mit dem Typ W154 einen überaus potenten Silberpfeil im Köcher: Mit je einem Roots-Kompressor pro Zylinderbank leistete der 3-Liter V12-Motor rund 430 PS. 1939 erhielt der W154 einen modifizierten Motor mit rund 480 PS. Optisch unterscheidet sich der W154, Jahrgang 1939, durch die kleineren, ovalen Kühleröffnungen und die aerodynamischere Form vom Vorgänger. Das Trockengewicht sank von 975 auf 898 Kilo. Der Spritverbrauch lag im Rennen zwischen 120 bis 140 Liter pro 100 Kilometer, das benötigte Tankvolumen von 400 Litern wurde in einem Satteltank vor dem Cockpit und einem Hecktank aufgeteilt. Detail am Rande: Um einen niedrigeren Schwerpunkt zu erhalten, wurde die Kardanwelle neben dem Fahrer durch das Cockpit geführt.

In der Rennsaison 1939 gewann der Typ W154 mit einer Spitze von bis zu 320 km/h fünf der acht großen internationalen Rennen und bescherten Werksfahrer Hermann Lang den Europameistertitel (vergleichbar mit der modernen Formel-1-Weltmeisterschaft) sowie die Europa-Bergmeisterschaft.

Wien 1939: Lang siegt auf der Höhenstraße

Der Star des Mercedes-Teams im Jahr 1939, quasi der Lewis Hamilton seiner Zeit, war Hermann Lang. Nach seinem erstaunlichen Aufstieg „vom Rennmonteur zum Meisterfahrer“ - so auch der Titel seiner Erinnerungen in Buchform, aus denen wir einige Zitate entnehmen – legte er sich mit den arrivierten Mercedes-Assen Rudolf Caracciola und Manfred von Brauchitsch an. Es herrschte mitunter dicke Luft im Mercedes-Team, bis dann ab September von eine ungleich dickere Luft über die Welt hereinbrechen sollte. Dann hatten die genannten Herren - und nicht nur sie - ganz andere Sorgen.

Aber in der Saison 1939 war Lang der stärkste Fahrer. Über das Rennen am Kahlenberg schreibt er in seinem Buch: "Die Strecke auf den Kahlenberg war glatt, und wir wechselten unsere Hinterräder zur größeren Bodenhaftung gegen solche mit Doppelbereifung aus. Wie Gummi-Straßenwalzen wirkten dann unsere zierlichen Wagen, aber es war besser so. Wir hatten unseren 6-Liter/600 PS früheren Formelrennwagen und den jetzigen 3-Liter/ca. 450 PS-Rennwagen speziell für Bergrennen hergerichtet und mitgebracht."

"Nach einigen Vergleichsfahrten entschloss ich mich, den 3-Liter-Wagen zu fahren. Meine Konkurrenten, es waren dies: Brauchitsch von unserer Mannschaft, und Stuck und Müller von der Auto-Union, fuhren 6-Liter-Wagen, welche sie den 3-Liter-Wagen vorgezogen hatten." - Das bei Grands Prix nicht mehr zulässige Material der alten 750kg-Formel wurde bei nationalen Rennen und eben auch bei Bergrennen noch eingesetzt.

"Gemma schaun!"

Beste Stimmung im seit etwas mehr als einem Jahr "eingedeutschten" Wien am 11. Juni 1939, nach Berichten der damaligen Zeit drängten sich 120.000 Zuschauer entlang der über 4 km langen Strecke mit Start in Grinzing. Sie sahen eine Unzahl Startern auf zwei, drei und vier Rädern: „Fast eine Stunde dauerte es, bevor alle 150 Teilnehmer abgelassen waren. Unsere Gruppe kam zuletzt. Fehlerfrei fuhr ich hinauf! Und das Resultat? Neunzehntel Sekunden langsamer als Müller war ich gewesen!“ – H.P. Müller war der stärkste Konkurrent bei der Auto Union, der dort die von Bernd Rosemeyer hinterlassene Lücke füllen sollte.

Nach solchem Frust baute Lang sich mental und körperlich (mit Würfelzucker) wieder auf und steigerte sich nochmals; Müller dagegen vergeigte seinen zweiten Lauf, und Lang "wurde aus dem Durchschnitt des Resultates beider Läufe der Sieger des Rennens und damit Erster in der Wertung der Großdeutschen Bergmeisterschaft."

1951: Comeback in Argentinien

Am 3.9.1939 brach dann der 2. Weltkrieg aus, und es dauerte etliche Jahre, bevor Alfred Neubauer die Reste seiner Rennabteilung wieder zusammensuchen konnte. Das rollende Material war quer über die Gebiete des ehemaligen Deutschen Reiches verstreut; anders als die in Ostdeutschland beheimatete Auto-Union konnte Mercedes-Benz aber noch auf einige Autos zurückgreifen, als Anfang 1951 die Marke mit dem Stern wieder einen vorsichtigen Versuch auf den internationalen Rennstrecken unternahm.

Der Ort des Geschehens: Nicht zufällig Argentinien. Die Daimler-Benz AG hatte ein gutes Verhältnis zu Staatschef Perón und machte in Südamerika bereits wieder gute Geschäfte. Aus den verschiedensten Gründen hatte sich auch eine recht große deutschsprachige Gemeinde in Argentinien gebildet.

Man staubte in Untertürkheim also die W154 der Vorkriegszeit wieder ab und dampfte unter Neubauers bewährter Leitung nach Argentinien. Als Fahrer mit dabei: Hermann Lang und Karl Kling, ergänzt durch ein einheimisches Talent namens Juan Manuel Fangio.

"Premio Presidente de la Nacion"

O-Ton Hermann Lang: „Als das Startzeichen kam, setzte ich mich mit einem Start, von dem Neubauer und Fangio noch lange sprachen, an die Spitze des Feldes, vergrößerte von Runde zu Runde meinen Vorsprung, hatte nach acht Runden einen Zeitvorsprung von 30 Sekunden, und dann ... machten sich Störungen in der Benzinzufuhr bemerkbar.“ – Fangio hatte indessen, nicht als Einziger, einen Reifenschaden zu verzeichnen.

Lang kam durch Boxenstops wieder an die Spitze: „Als Gonzales zum Reifenwechsel an die Boxen ging, kam ich wieder in Führung, allerdings dauerte die Freude nicht lange, mein Motor war so verschnupft, dass ich dem von neuem heranschießenden Argentinier keinen ernsthaften Widerstand mehr bieten konnte. Ich musste schließlich froh sein, dass ich hinter dem stämmigen Argentinier als Zweiter über den Zielstreifen fahren konnte.“ – Dahinter wurde Fangio Dritter.

Beim zweiten Rennen, dem "Premio Eva Perón", hatte Fangio dann von Beginn an Motoren-Ärger und musste aufgeben, Lang wurde wieder Dritter, Karl Kling war der erfolgreichste Mercedes-Fahrer. Der Doppelsieger in Argentinien war José Froilan González mit einem Ferrari. Er war dann einige Monate später der erste Grand-Prix-Sieger für Ferrari. Juan Manuel Fangio gewann im selben Jahr ebenfalls seinen ersten Grand Prix, mit einem Alfa Romeo.

Und die Mercedes-Benz W154 gingen nach diesem letzten Rennauftritt in Pension. Mercedes konzentrierte sich 1952 auf Sportwagenrennen mit dem 300 SL, 1954 wurde dann der neue Formel-1-Wagen W196 vorgestellt.

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Mercedes-Benz W154, Chassisnr. 11

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