
Ennstal Classic 2011 | 15.07.2011
Wenn das Rennfahrerherz ausbricht
Bei Classic-Rallyes ist ein Schnitt einzuhalten. Auf abgesperrten Prüfungen jedoch wird manchmal „angegast“. Rudi Stohl, heuer mit Rolf Schmidt am Start, erinnert sich an die Planai-Bergprüfung im Jahr 2000…
Michael Noir Trawniczek
Fotos: Dr. Peter Meierhofer & Sepp Fuchs
Rennfahrer geben stets Vollgas – obschon ein Klischee, ist es doch insofern richtig, als dass es auf der Rundstrecke oder bei den Rallyes darauf ankommt, die Strecke am schnellsten zu meistern.
Bei den Classic-Rallyes jedoch geht es darum, einen vorgegebenen Schnitt zu erreichen. Rudi Stohl, der heuer gemeinsam mit Navigator Rolf Schmidt einen Austin Healey 3000 Mk III aus dem Jahr 1965 pilotiert, kennt beide Arten des Wettbewerbs und sagt: „Es sind zwei verschiedene Welten – bei einer Gleichmäßigkeitsrallye hast du eine ganz andere Herangehensweise.“
Jenes „wilde Tier“ also, welches in den Piloten dafür sorgt, Vollgas zu geben, bleibt bei den Classic—Events meist in seinem „Käfig“. Manchmal jedoch bricht es aus – und davor sind selbst Profis wie ein Walter Röhrl nicht gefeit…
Rudi Stohl erinnert sich an die Planai Classic im Jahr 2000, der großen Jubiläumsveranstaltung ins neue Jahrtausend, als die Planai-Bergprüfung auf dem Programm stand, die für den Bewerb abgesperrt wurde: „Ich sehe den Walter Röhrl an einem Sonderprüfungs-Schrieb arbeiten und frage ihn, was er macht. Er sagt: ‚Die Prüfung ist abgesperrt und da muss man angasen! Der Wittmann (Franz senior, Anm. d. Red.) hat einen Schrieb und den muss ich auch abschreiben, weil da blasen wir hinauf. Wir müssen ja zweimal die gleiche Zeit fahren also fahren wir zweimal mit Vollgas!‘ Da habe ich gesagt: ‚Gib her den Schrieb, da mache ich auch mit!‘“
Lachend fügt Stohl hinzu: „Mein Beifahrer war ein guter Classic-Navigator, hat aber noch nie einen Rallye-Schrieb gesehen - und seinen Gesten nach ist er auch noch nie bei einer Rallye als Co-Pilot mitgefahren. Der Walter Röhrl hatte das Pech, dass es bei der zweiten Fahrt viel glatter war als zuvor, da musste er mächtig kämpfen. Und ich habe damals die Bestzeit geholt.“
Auch bei der Ennstal Classic 2011 wird eine Prüfung nicht auf öffentlichen Straßen abgehalten – stattdessen gilt es am Donnerstagnachmittag auf dem wiedereröffneten Red Bull Ring zwei möglichst identische Rundenzeiten zu markieren. Rein theoretisch zumindest würde sich hier die Gelegenheit bieten, dem Oldtimer die Sporen zu geben…
Rudi Stohl sagt: „Das ist schon richtig – aber wir wollen in die Top 100 und wenn du zweimal Vollgas gibst, kann immer etwas dazwischenkommen und die Gefahr einer größeren Zeitabweichung ist viel zu groß.“
Fahrzeugbesitzer Rolf Schmidt, der mit seinem Rennstall am letzten Wochenende bei der Veszprem-Rallye erfolgreich einen Peugeot 207 S2000 zum Einsatz brachte, erklärt dazu: „Dieses Auto ist 42 Jahre alt und es ist ein großer Unterschied, ob jemand Vollgas gibt, der glaubt, Vollgas zu geben und in Wirklichkeit aber vom Gas geht wenn ein Kurverl kommt oder ob jemand wie ein Rudi Stohl Vollgas gibt – denn dann bremst er viel später, dann wird das Auto viel härter belastet. Ich befürchte, dass unser Auto nach zwei Runden mit Vollgas irgendwo zu rauchen beginnen würde.“
Enrico Falchetto, Chefredakteur der Zeitschrift „Alles Auto“ ist davon überzeugt, dass „wahrscheinlich rund 80 Prozent der hier startenden Autos einer solchen Belastung nicht gewachsen wären. Aber darum geht es auch nicht bei einer solchen Veranstaltung. Hier geht es zum einen um den Schnitt und zum anderen vor allem darum, die wunderschöne Landschaft und die fahrenden Schmuckstücke zu genießen“.
Rudi Stohl sprang heuer als Edel-Ersatzpilot für Rob Oudshoorn ein, den Vorstandsvorsitzenden von Vredestein, der seinen Einsatz absagen musste.
Rolf Schmidt hat mit Oudshoorn bereits die Ennstal Classic absolviert: „Er war damals so begeistert, dass er gesagt hat: ‚Das machen wir weiter!‘ Er hat seinerseits dann auch den alten und den neuen Generaldirektor von Vredestein begeistern können. Aber ich bin auch schon einmal mit dem Rudi gefahren und wir fahren immer nur um die Top 100 – denn hier ist der Navigator ausschlaggebend, also ich.“
Lachend fügt Rolf Schmidt hinzu: „Und jetzt weißt du, welch hervorragender Navigator ich bin…“
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