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Der lachende Dritte

Wenn sich zwei Größen der Sportwagen-Branche zusammentun, muss einfach ein fantastisches Auto dabei heraus kommen, oder? Hätte man nicht eine dritte Größe um Hilfe gefragt, hätte das beim Jensen Healey vielleicht sogar zugetroffen.

Roland Scharf

Wieder Mal England, wieder Mal die heiße Zeit Ende der 1960er-Jahre, wo viele kleine Betriebe anfingen, in Schwierigkeiten zu kommen. Jensen ist aber ein ganz spezieller Fall. Der Betrieb aus West Bromwich fertigte nämlich nicht nur den mächtigen CV8 mit GFK-Karosserie und amerikanischem V8 unter der Haube. Man verdiente auch gut daran, für den Healey 3000, auch bekannt als „das Schwein“, die Karossen zu fertigen. 1967 lief dieser Vertrag aber aus, und man hatte auf einmal viel Kapazitäten frei.

Zum einen glich man diesen Leerlauf mit dem Interceptor aus, einem Luxuscoupé mit Chrysler-Achtzylindern, der zwar auch seine kleinen Probleme hatte, aber durchaus erfolgreich war. Aber die drohende Krise der Sportwagen-Branche verlangte nach leistbaren Zweisitzern, zumal der damalige Importeur für die USA nicht nur danach verlangte. Er stieg sogar bei Jensen ein, um dieses Projekt weiter zu forcieren.

Bei Austin Healey wollte man es natürlich auch nicht mit der Beendigung des 3000 belassen, also machte man das Logischste überhaupt: Man entwickelte einfach gemeinsam ein Modell, das nur einen Namen tragen konnte: Jensen Healey. Die Eckdaten des US-Importeurs waren klar definiert: Am Besten so etwas wie den MGB, nur in modern. Ein Vierzylinder reicht, Heckantrieb ist natürlich Pflicht. Ach ja, und kosten darf er nicht zu viel und bitte die Entwicklung sollte nicht zu lange dauern – optimale Voraussetzungen also für eine Katastrophe.

Beim Fahrwerk vertraute man auf nicht ganz so moderne Sachen und verwendete die Achsen vom Vauxhall Firenza und die Bremsen aus dem Triumph-Regal. Beim Motor war man sich lange nicht einig, welcher denn nun der richtige ist. BMW, Ford, Saab, Porsche sogar, diverse englische Firmen – man testete sich so durch, konnte aber keine richtige Lösung finden, was Preis und Leistung angeht. Aber dann meldete sich Lotus zu Wort. Man habe da rein zufällig einen neuen Vierzylinder gerade in der Entwicklung. Und den könnte man ja ganz easy und mit nur minimalen Adaptionen im Jensen Healey verwenden!

Nachdem alles ja schnell gehen musste, diskutierte man nicht lange herum und nahm das Angebot von Colin Chapman an. Mit dem Zweiliter war man 1972 also endlich fertig für den Start auf den Weltmärkten. Die Geschäftsführung freute sich, der US-Importeur freute sich – ja aber die Kunden, die freuten sich nicht lange. Es wären die üblichen Sperenzchen, die man von englischen Autos kennt, ja noch vertretbar gewesen. Rost, schlechte Verarbeitung – hm, ja gut. Aber der Motor, der sorgte für endlose Kopfschmerzen.

Um jetzt nicht ewig herumzulabern: Colin Chapman hatte nicht Unrecht, als er sagte, es sei ein Motor bei ihm in Entwicklung. Man könnte sogar das Gefühl bekommen, er nahm den Einsatz im kleinen Jensen als eine Art bezahlten Feldversuch, um das Triebwerk zur Serienreife zu bringen. Ölverluste ohne Ende waren da noch das geringste Übel, und die Techniker hatten vor lauter Modellpflegemaßnahmen kaum mehr freie Wochenenden. Um die Geschichte abzukürzen: Der Jensen Healey war finanziell mehr als nur eine Katastrophe. 1976 – nach nur vier Jahren – endete nicht nur dessen Produktion. Auch Jensen ging den Bach hinunter, musste also nicht nur den Interceptor einstellen, sondern auch die Coupé-Version des Healey. Und Lotus? Die gingen just 1976 mit dem Esprit in Serie – nun mit einem durch und durch ausgereiften Motor.

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