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Helden auf Rädern: Autech Zagato Stelvio AZ1

Brillenpflicht für Leoparden

Marken im Aufwind gelangen oft in den Strom der Selbstverwirklichung, ohne sich zu überlegen, ob es überhaupt noch Kunden gibt, die mitschwimmen wollen. Das musste Nissan schmerzvoll feststellen, was die Geschichte des Stelvio AZ1 nur noch kurioser macht.

Roland Scharf

Für alle, die die Zeit nicht miterlebt haben: In den 1980ern hatte man in Europa ziemlichen Bammel vor allem, was aus Japan kam. Deren Autohersteller waren in einer absoluten Hochphase, und es gab eigentlich keine Marke, die nicht überaus gut performte. Das schmeckte den Konzernen im Abendland natürlich überhaupt nicht, doch der Trend schien einfach nicht enden zu wollen. Und zu den großen Gewinnern zählte neben Toyota, Mitsubishi und Mazda natürlich auch Honda und – Nissan.

Natürlich ist Nissan viel größer als Honda zum Beispiel, oder auch Mazda. Aber wer ein echter Komplettanbieter sein möchte, der muss natürlich vom Kleinwagen bis zum Supersportler einfach alles im Programm haben. Mitsubishi hatte den 3000 GT, Honda den NS-X, Toyota die Supra, Mazda den RX-7 – und obwohl Nissan seinerzeit schon eifrig am Skyline GT-R bastelte, so war der dann doch ja nur ein Ableger einer eigentlich sehr braven Limousine. Nichts eigenständiges also, es musste also ein Plan her, und das ziemlich schnell.

Natürlich gab man den Auftrag an den werkseigenen Tuner Autech (Nismo war eigentlich nur für echten Motorsport zuständig), der sollte schließlich am besten wissen, was die Kundschaft denn gerne hätte. Vielleicht war das der Generalfehler, eine Submarke zu beauftragen, die vor allem mit Anbauteilen bestehender Modellreihen ihr Geld verdient, denn alles in allem plante man genau so ein Projekt – nur eine Nummer größer und so avantgardistisch wie möglich.

Um sich vom Mitbewerb, der vor allem dem Manga-Raumschiff-Stil treu blieb, etwas völlig anderes entgegensetzen zu können, verbündete man sich mit Zagato, deren Zeichenbüros damals vor allem gerne mit Geo-Dreiecken arbeiteten. Jedenfalls wurde man sich handelseins, ging aber nicht die damals übliche Supersportler-Route. Man wollte eher etwas extra Luxuriöses schaffen. Jedenfalls etwas exzentrisches. Daher war es auch OK, dass man sich als Basis den Nissan Leopard aussuchte, ein großes Coupé ausschließlich für den japanischen Markt, das mehr in Richtung Grand Tourer ging und mit einem V6-Turbo auch standesgemäß, aber weniger übermotorisiert war.

Fakt ist, dass sich Zagato wirklich alle Mühe gab, optisch mit dem recht bieder wirkenden Leopard nichts gemein zu haben. Natürlich finden sich zahlreiche Anleihen ähnlicher Projekte der italienischen Design-Schmiede im Stelvio, wobei man fairerweise dazu sagen muss, dass Nissan diesen Wagen auch nur für Japan erdachte. Und dort konnte ein Auto ruhig übertrieben daher kommen: Wenn schon europäisches Designerstück, dann aber richtig, man ließ Zagato also ziemlich freie Hand. Das führte natürlich zu ungewöhnlichen Lösungen, die sich stellvertretend am Besten an den Außenspiegeln erkennen lassen. Damals waren in Japan noch auf den Kotflügeln montierte Spiegel vorgeschrieben, die für einen italienischen Feinschmecker natürlich eine einzige optische Katastrophe sind. Also umhüllte man diese schwungvoll, um sie so wenn schon nicht in die Karosserie, dann zumindest doch irgendwie ins Designkonzept zu integrieren.

Wie begeistert Nissan vom fertigen Entwurf war, lässt sich heute nicht mehr ganz nachvollziehen. Fest steht jedenfalls, dass der Verkaufspreis sogar technische Kleinode wie den Honda NS-X locker überflügelte und man somit auch bei der betuchten Kundschaft eher auf taube Ohren stieß. Um es kurz zu fassen: Man hatte eh nur damit gerechnet, nur gut 200 Stück an den Mann (Japan war seinerseits noch sehr konservativ) bringen zu können. Im Endeffekt wurden es dann aber nur knapp die Hälfte, womit sich auch Pläne, weitere Modelle gemeinsam mit Zagato auf den Weg zu bringen, recht schnell in Luft auflösten.

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