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Dakar-Rallye 2016

Rookie Mikko Hirvonen im Interview

Von der Rallye-WM zur Dakar-Rallye: Im Gespräch fiebert der Finne Mikko Hirvonen dem ersten Start beim Marathonklassiker entgegen.

Fotos: Mini/X-raid

Mikko Hirvonen steht im Jänner bei der Dakar-Rallye vor einem großen Abenteuer. Zwischen 2003 und 2014 war der Finne in der Rallye-WM aktiv und zählte zu den besten Fahrern der vergangenen zehn Jahre. Viermal wurde Hirvonen Vizeweltmeister, zweimal WM-Dritter. Hätte es einen Sébastien Loeb nicht gegeben, wäre Hirvonen vielleicht mehrfacher Champion und würde als einer der größten Rallyefahrer aller Zeiten gelten. Bei der Dakar-Rallye treffen die beiden wieder aufeinander.

Ohne WM-Titel verabschiedete sich Hirvonen Ende 2014 nach 15 WRC-Laufsiegen in den Ruhestand. Lange blieb es um ihn aber nicht ruhig, denn im Sommer wurde bestätigt, dass der 35jährige mit X-raid das Abenteuer Dakar in Angriff nehmen wird. Zur Vorbereitung trat er neben Tests auch bei der Baja Aragón (Platz drei) und der Marokko-Rallye (Rang fünf) an. Vor seinem ersten Start bei der Dakar-Rallye in Südamerika schildert der Finne seine Beweggründe und seine entfachte Begeisterung für den Cross-Country-Sport. Außerdem zeigt Hirvonen die Unterschiede zwischen der Rallye-WM und der Dakar auf.

Mikko, das vielleicht größte Abenteuer Deiner Karriere liegt vor Dir. Was fasziniert Dich am Offroadsport, und warum hast Du Dich für einen Start bei der Dakar-Rallye entschieden?

Mikko Hirvonen: "In meinen letzten zwei, drei Jahren im Rallyesport hat sich diese Idee entwickelt. Als ich aufgehört habe, wollte ich etwas Ruhe haben, aber auch neue Erfahrungen machen. Ich wollte auch eine Art Abenteuer erleben und verschiedene Dinge machen. Dakar ist für einen Fahrer sicherlich das größte Abenteuer. X-raid Mini hat mir einen Test ermöglicht. Dann führte das eine zum anderen, und ich kann einige Rallyes bestreiten. Ich freue mich sehr, dass ich bei diesem Team bin und mich dieser Herausforderung stelle. Ich stehe vor einem neuen Abenteuer und bin sehr glücklich, dass ich dieses Rennen erleben darf."

Hast Du in der Vergangenheit die Dakar-Rallye schon einmal als Fan besucht?

Hirvonen: "Nein, ich war noch nie dort. In diesem Jahr bin ich die kleineren Rallyes Baja Aragón und dann Marokko gefahren. Vorher war ich noch nie bei der Dakar und habe sie nur im Fernsehen verfolgt. Vor zehn Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, dass ich einmal so großes Interesse dafür habe. Je mehr ich jetzt darüber weiß, umso begeisterter bin ich."

Du hast nun schon einige Tests und diese beiden Rallyes bestritten. Kannst Du uns das Fahrgefühl mit dem Mini im Vergleich zu einem WRC beschreiben?

Hirvonen: "Es ist eigentlich sinnlos, diese Autos zu vergleichen, denn sie sind für komplett unterschiedliche Anforderungen gebaut. Bei der Dakar sind die Prüfungen viel länger, die Temperaturen sind höher, und auch die Straßen sind in der Regel in einem viel schlechteren Zustand als in der Rallye-WM. Die Autos sind komplett anders. Ein WRC ist schneller und reagiert auch deutlich schneller. Auf der anderen Seite ist beeindruckend, wie stark der Mini gebaut ist. Es ist unglaublich, wo man mit diesem Auto überall fahren kann. Das macht es interessant. Aus Fahrersicht ist es schwierig, den richtigen Speed zu finden. Man darf nicht zu langsam fahren, muss aber darauf aufpassen, was nach der nächsten Kurve oder Kuppe kommt. Wir haben keinen Aufschrieb. Deshalb ist es schwierig, den richtigen Speed abzuschätzen. Manchmal ist es frustrierend, weil ich vor einer Kuppe abbremse, aber dahinter gibt es keine Gefahrenstelle. Es ist deshalb schwierig zu verstehen, dass man nicht ständig attackieren darf, aber gleichzeitig genug attackieren muss. Man muss den richtigen Speed finden. Das ist für mich die größte Herausforderung."

Das heißt, Du hast oft das Gefühl, dass Du viel zu langsam bist, aber eigentlich mit dem richtigen Speed fährst?

Hirvonen: "Ja, es ist recht knifflig. Oft ist nach einer Kuppe nichts, aber manchmal schon. Man muss also immer etwas Spielraum lassen, damit man nicht zu schnell fahrt, denn es kann schnell etwas passieren. Man kann nicht wie bei Rallyes mit 110 Prozent attackieren. Gleichzeitig darf man nicht zu langsam fahren, weil die Jungs schon ziemlich pushen. Es ist ein langes Rennen. Man muss akzeptieren, dass man manchmal langsam fährt und mit seinem eigenen Speed unterwegs ist."

Man hört auch manchmal von Fahrern, dass es spezielle Techniken für die Sanddünen in der Wüste gibt. Hast Du diese Erfahrung in Marokko gemacht?

Hirvonen: "Mir macht es sehr viel Spaß, wenn es in die Dünen geht, und wir richtig 'off-road' fahren. Nasser Al-Attiyah, Nani Roma und Guerlain Chicherit haben mir Tipps für die Dünen gegeben. In Marokko hat es gut funktioniert, wir sind nie steckengeblieben. Das ist ein Schlüssel, aber es wird uns bestimmt auch passieren. Die Dünen machen richtig Spaß. Es gibt auch so viele unterschiedliche Arten davon. Für mich ist das eine komplett neue Welt."

Die Etappen bei der Dakar-Rallye sind sehr lang und anstrengend. Wie bereitest Du Dich darauf vor?

Hirvonen: "Es ist körperlich viel anstrengender als der Rallyesport. In den vergangenen Wochen bin ich viel in der Sonne radgefahren und habe bei Hitze trainiert. In Finnland ist die Sauna die einzige Möglichkeit dafür. Hoffentlich hilft mir das bei den hohen Temperaturen und für die langen Etappen."

Hast Du auch spezielles Höhentraining gemacht?

Hirvonen: "Dafür habe ich nichts gemacht. Ich habe versucht, mir in Finnland ein spezielles Zelt zu mieten, aber ich habe leider keines gefunden. Deshalb bin ich etwas nervös, ob ich Schwierigkeiten bekommen werde. Bisher hatte ich nie Probleme in einer Höhe von 3.000 Metern, aber man weiß es nie."

X-raid verfügt über extrem viel Dakar-Erfahrung und setzt viele Autos ein. Tauscht Du Dich mit anderen Crews aus? Sprecht Ihr über technische Details oder Fahrstile?

Hirvonen: "Ja, ich habe viel mit Nani Roma und Nasser gesprochen. Wir arbeiten als Team, auch die Co-Piloten arbeiten eng zusammen. Wenn es im Rennen notwendig wird, werden wir uns sicherlich gegenseitig helfen. Wir sind ein Team. Natürlich haben sie mir auch geholfen. Wir müssen als Team gemeinsam weiterkommen."

Ein Schlüssel bei der Dakar-Rallye ist die Navigation. Mit Michel Périn hast Du einen erfahrenen Co-Piloten. Er kann Dir sicherlich viele Tipps geben.

Hirvonen: "Natürlich! Seit wir uns getroffen haben, hilft er mir in jedem Aspekt. Ich habe Glück, dass ich mit ihm fahren kann, denn er kann mir sehr helfen. Das ist bei meiner ersten Dakar gewiss ein Vorteil."

Auf der anderen Seite arbeitet Sébastien Loeb bei seinem ersten Antreten mit Daniel Elena zusammen; beide sind Dakar-Neulinge. Kannst Du diese Entscheidung nachvollziehen?

Hirvonen: "Ich kann diesen Punkt verstehen. Genau kenne ich die Geschichte nicht, denn vielleicht hat er keinen erfahrenen Co-Piloten gefunden. Ich habe gehört, dass Daniel Elena einen erfahrenen Lehrer hat. Natürlich ist es für ihn eine große Herausforderung und ein großer Druck. Man weiß natürlich nie, vielleicht läuft es für ihn gut."

Du hattest in der Rallye-WM viele Duelle mit Sébastien Loeb. Nun startest Du bei der Dakar – und auch er hat sich dafür entschieden. Freust Du Dich darauf, wieder gegen ihn anzutreten?

Hirvonen: "Ganz sicher. Es ist schön, dass auch er dabei ist und wir wieder gegeneinander fahren, aber jetzt sind wir die Anfänger. Wir müssen gegen erfahrene Piloten kämpfen. Sébastien und ich müssen lernen und die Rallye durchstehen. Ich denke, wir richten unsere Blicke jetzt eher auf andere Leute als auf einander."

Dein Mini ist ein bewiesener Siegerwagen und auch sehr zuverlässig. Hast Du Schwächen erkannt, oder ist es ein perfektes Auto?

Hirvonen: "Das Team hat fantastisch gearbeitet. Da sie so oft in Serie gewonnen haben, kann man sagen, dass es ein perfektes Auto ist, aber wenn man ein neues Rennen startet, weiß man nie, was passieren wird. Die Erfahrung des Teams ist sicherlich eine Hilfe. Man muss diese langen zwei Wochen erst durchstehen. Ich bin überzeugt, dass das Auto gut genug für den Sieg ist. Als Fahrer und Navigator muss man aber auch alles richtig machen."

Die Zielankunft wird wahrscheinlich Dein vorrangiges Ziel bei Deinem ersten Dakar-Start sein.

Hirvonen: "Ja, das ist sie. Wenn ich ohne große Fehler durchkomme, wäre das mein Ziel. Wenn ich nicht steckenbleibe oder mich extrem verfahre, kann auch ein recht gutes Ergebnis herausschauen. Ansonsten habe ich keine bestimmten Ziele. Ich hoffe, dass ich eines Tages um ein Topergebnis kämpfen kann, aber jetzt geht es darum zu lernen und Erfahrung zu sammeln."

Planst Du langfristig mit der Dakar?

Hirvonen: "Ja, das ist momentan mein Plan. Man weiß natürlich nie, was passieren wird. Jetzt möchte ich die Erfahrung sammeln und später einmal um den Sieg kämpfen. Je mehr ich von der Dakar verstehe, umso begeisterter bin ich. Ich hoffe, dass ich die Rallye mehr als einmal fahren kann."

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