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Kompaktes Endspiel

Wenn einmal der Wurm drin ist, dann wird das auch nichts mehr. So mit dem Montego. So mit Austin. Und im Endeffekt so auch mit der britischen Autoindustrie. Ein Wirtschaftsdrama in mehreren Akten.

Roland Scharf

Was eine Komödie ist? Ein Drama plus Zeit. Irgendwann wird alles zur Lachnummer oder ist zumindest unterhaltsam, wobei das vor allem auf das Konglomerat zutrifft, das einst einmal British Leyland hieß. Oftmals probierte man es mit bahnbrechenden neuen Modellen, und immer scheiterte man an schlechter Fertigung, brutalen Zeitplänen, optimistischen Kalkulationen, Schlampereien in der Konstruktion oder Monteuren, die lieber streiken gingen. Auch, als British Leyland schon lange in staatlicher Hand war, man die ewigen Streiks endlich und einigermaßen im Griff hatte und nun aber endlich und wirklich zum Gegenschlag der immer stärker werdenden Konkurrenz vom Festland ausholen konnte.

Das Problem dabei war aber: Ist man einmal im Autobusiness im Rückstand, muss man nicht nur verlorenen Grund wieder aufholen. Während man nämlich hinter dem Markt hinterherentwickelt, tüfteln die Mitbewerber ja schon an der nächsten Generation. Die Ausgangssituation für den Montego und dessen Schrägheckableger Maestro war also wenig erbauend. Grundsätzlich ging es Anfang der 1980er darum, gleich mehrere Autos abzulösen. Morris Ital, Austin Maxi und Austin Allegro waren allesamt maßlos überaltet und wirklich nicht mehr beliebt. Es galt also, möglichst viel in die neue Modellreihe hineinzupacken, weswegen man sich auf drei Eckpunkte konzentrierte: Zum einen ein moderner Kompakter mit – endlich – großer Heckklappe (tatsächlich verschliefen die Briten diesen Trend konsequent), dann ein solider Kombi und zum anderen eine brave Limousine, die möglichst exakt die Eckdaten erfüllte, die die großen Firmen für ihre Fuhrparks vorgaben – alle mit der gleichen Technik.

Aber um wirklich ein solides Auto zu bauen, hätte man sich mehr auf die Arbeit konzentrieren sollen. Viel lieber bekämpften sich die Abteilungen gegenseitig, kritisierten das Design innen wie außen, kippten immer wieder beschlossene Sachen, was alles nur noch weiter hinaus zögerte und die gesamte Entwicklung nur noch weiter verteuerte. Auch die verwendete Technik war von Anfang an ein heftiger Kritikpunkt: Basismotor war nämlich der klassischer 1,3-Liter-Motor, der in seinen Grundzügen bereits im Mini von 1959 verwendet wurde. Wirklich fortschrittlich war das also nicht, wobei auch die restliche Technik eher vom Sparstift des Buchhalters denn vom Bleistift des Ingenieurs diktiert wurde. Unterm Blech gab es eigentlich nichts erwähnenswertes – und vielleicht war auch das der Grund, warum sich auch die Mitarbeiter am Band nicht sonderlich bemühten und die Autos irgendwie zusammenschusterten.

Diese brutale Vorgabe, genau einen exakten Teilbereich des großen Automarkts zu treffen, hatte aber noch ganz andere Nachteile: Viele fanden den Wagen, als er endlich auf den Markt kam, schlicht stinkfad. Mit so etwas möchte man sich ja nicht bei einem Kunden blicken lassen, dazu noch der Name Austin, der die Jahrzehnte zuvor auch nicht wirklich für Innovation und Haltbarkeit stand, taten dem Image der neuen Baureihe nicht wirklich gut, sodass der Erfolg sich einfach nicht einstellen wollte. Und hier wurde es dann wirklich brutal.

Hätte das Projekt nämlich funktionieren sollen, wäre ein Marktanteil von 25 Prozent in Britannien notwendig gewesen, was – so realistisch muss man sein – einfach nur illusorisch war. Die Rechnung kam prompt nach der Markteinführung: Es gab viel Kritik an der schlechten Verarbeitung, den zahlreichen Mängeln, die sogar so zahlreich waren, dass die Pannenbuchten in England bald den Spitznamen „Montego Bay“ bekamen. Natürlich versuchte man da noch gegenzusteuern, mit völlig logischen Dingen: Zum Beispiel stärkeren Motoren, sogar mit Turbo und mit MG-Schriftzug. Und sogar das Logo tauschte man gegen eines aus, das irgendwie dem von Rover sehr ähnlich sah – beließ es aber nach wie vor beim Markennamen Austin. Die fehlende Konsequenz war zu dem Zeitpunkt aber schon egal.

Wie die Geschichte ausging: Der Maestro und der Montego liefen tatsächlich noch bis 1994, gegen jede Wette, wobei sich 1989 schon die Lösung abzeichnen sollte. Da kam nämlich die zweite Serie des Rover 200 auf den Markt, nach wie vor mit Honda-Technik, also haltbar und solide und entsprechend beliebt. Womit noch mehr die Frage auftaucht, warum es den letzten Austin aller Zeiten überhaupt noch gegeben hat. Aber da tauchen wir zu tief in die britische Politik ein, was wir uns jetzt lieber ersparen möchten.

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